
© G. Chomicki
Konfliktvermeidung unter Ameisen: Tropische Pflanze trennt angriffslustige Tiere
Tödliche Kämpfe oder friedliche Nachbarschaft? Eine Pflanze auf den Fidschi-Inseln hat eine ganz eigene Strategie, um tierische Besucher in Schach zu halten.
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Wer zu viel streitet, muss ab aufs Zimmer: Das gilt nicht nur in mancher Familie, sondern teils auch in Flora und Fauna: Die auf den Fidschi-Inseln auf Ästen und Stämmen von Regenwaldbäumen wachsende Pflanze Squamellaria hält mit einer erstaunlichen Lösung aggressive Ameisen im Zaum.
Die rivalisierenden Ameisenvölker haben in der Pflanze gewissermaßen eigene Wohnungen – können also nebeneinander existieren, ohne sich in die Quere zu kommen. Ganz uneigennützig handelt der Wohnungsgeber aber nicht.

© G. Chomicki
Getrennte Unterkünfte
Squamellaria, die wie Kaffeepflanzen zur Familie der Rötegewächse (Rubiaceae) gehört, zieht aus den Abfällen der Ameisen wichtige Nährstoffe, berichtet ein Forschungsteam um Guillaume Chomicki von der Universität Durham im Fachblatt „Science“.
Es ist unglaublich, wie eine so seltsame Gruppe von Organismen allgemeine Erkenntnisse über die Stabilität der Kooperation zwischen verschiedenen Arten liefern kann.
Guillaume Chomicki, Universität Durham
Das Team analysierte die Innenarchitektur der Pflanze mit hochauflösenden 3D-Scans. In den Pflanzen gibt es verschiedene zwiebelförmige Strukturen, „Domatien“, die zwar Öffnungen nach außen haben, aber keine Verbindung zu Nachbar-Domatien haben.
Das ermöglicht eine konfliktfreie Koexistenz verschiedener Ameisenvölker, die jeweils eine symbiotische Beziehung mit der Pflanze haben, aber sich gegenseitig angreifen würden.
Wie wichtig die räumliche Trennung ist, zeigte ein Experiment: Als die Forschenden die Trennwände zwischen einzelnen Domatien entfernten, gingen die Ameisen aufeinander los. Die Gruppen „brachen in heftige und tödliche Kämpfe aus“, heißt es im Artikel – mit hohen Verlusten auf beiden Seiten. Blieben die Trennwände hingegen intakt, teilten sich die Ameisenvölker sogar friedlich Nahrungsquellen außerhalb ihrer Unterkünfte.
Einträgliche Gastfreundschaft
„Es ist unglaublich, wie eine so seltsame Gruppe von Organismen, die auf ein paar Fidschi-Inseln beschränkt ist, allgemeine Erkenntnisse über die Stabilität der Kooperation zwischen verschiedenen Arten liefern kann“, sagt Erstautor Chomicki.
Beobachtungen auf drei Fidschi-Inseln über einen Zeitraum von zehn Jahren ließen erkennen, dass eine einzelne Squamellaria-Pflanze bis zu fünf verschiedene Ameisen-Arten beherbergen kann. Weitere Experimente mit Stickstoffisotopen wiesen nach, dass all diese Arten der Pflanze wertvollen Dünger zuführten – die Squamellaria also von ihrer Raffinesse als Gastgeberin profitierte.
Die Studienautoren gehen davon aus, dass auch in anderen Ökosystemen ähnliche Muster greifen: Die Ergebnisse deuteten darauf hin, dass physische Trennung ein weit verbreiteter, unterschätzter Mechanismus in der Natur sein könnte, der Kooperation ermögliche und Konflikte in symbiotischen Systemen verringere, heißt es in der Studie. (dpa)
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