
© Tagesspiegel/Kitty Kleist-Heinrich
„Kulturpflege ist wichtige Aufgabe des Staates“: HTW-Studierende kämpfen um ihren Restauratoren-Studiengang
An der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin könnte wegen der Kürzungen der Grabungs- und Restaurationsstudiengang eingestellt werden. Studierende protestieren: Ihr Fach sei europaweit einzigartig, die Expertise gefragt.
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Es sind bundesweit einzigartige Schwerpunkte, in denen die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Restaurator:innen und Grabungstechniker:innen ausbildet. So schreiben es Studierende in einer öffentlichen Stellungnahme, in der sie gegen Sparvorschläge des Präsidiums der HTW protestieren. Ihr Studiengang soll nämlich gestrichen werden, um die Kürzungen des Senats umzusetzen.
„Die 119 Studierenden sind in heller Aufregung“, sagt Alexandra Jeberien, Professorin für Konservierung und Restaurierung an der HTW Berlin, dem Tagesspiegel am Telefon. „Alle Welt fragt uns, was kostet es, bei Euch zu studieren? Jeden Monat bekomme ich Projektangebote aus dem Ausland, der Studiengang hat eine ungeheure Strahlkraft weit über die Grenzen hinaus“, so Jeberien. Studierende aus dem Ausland kämen zwei Jahre vorher nach Berlin, um hier erst Deutsch zu lernen.
Seit dem Wintersemester 1992/93 können Studierende das Fach belegen, besagte Schwerpunkte sind Archäologisch-Historisches Kulturgut, Moderne Materialien und Technisches Kulturgut, Audiovisuelles und Fotografisches Kulturgut sowie Grabungstechnik — Feldarchäologie.
„Kulturpflege ist kein nice-to-have, sondern eine wichtige Aufgabe des Staates. Die HTW trägt Verantwortung für die zukünftige Funktionsfähigkeit von Museen, Landesdenkmalämtern, Depots und Sammlungen in ganz Deutschland — viele davon in staatlicher Hand“, schreiben die Studierenden.
Nach der Einstellung der Restaurierungsstudiengänge an anderen Standorten kann man das Fach in Deutschland nur noch an der HTW Berlin studieren. „Ich denke sogar, dass wir europaweit das einzige derartige Angebot haben“, ergänzt Alexandra Jeberien. Wenn das Vorhaben des HTW-Präsidiums durchgesetzt werde, „streicht sich Berlin in die Provinzialität zurück“, sagte sie. Der Schutz von Kulturgut gewinne auch international angesichts von Klimawandel und kriegerischen Konflikten mehr an Bedeutung.
Nach Plänen der Hochschulleitung sollen ab dem Wintersemester 2026/27 keine neuen Studierenden mehr aufgenommen werden, 2031 wäre dann endgültig Schluss für die jetzt eingeschriebenen Studierenden.
Die HTW müsse bis 2028 41 Millionen Euro einsparen, würde man alle frei werdenden Stellen nicht besetzen, käme man auf 15 Millionen, teilte eine Sprecherin der Hochschule auf Anfrage mit. Entschieden sei noch nichts. Man konzentriere sich jetzt auf Studiengänge, die nicht voll ausgelastet seien. Zudem erhalte die Hochschule pro Studienplatz in diesem Studiengang nicht mehr Geld, obwohl der Personal- und Flächenbedarf deutlich höher sei.
Nach Angaben der Sprecherin könne man das Fach noch sehr wohl in Potsdam, Dresden, Hildesheim, Stuttgart und Köln studieren. Ein Blick auf deren Studienangebot zeigt jedoch, dass man nur in Berlin die Konservierung aller Materialgruppen studieren kann.
Jeberein verweist auch auf das Denkmalschutzgesetz Berlin von 1995, das dazu verpflichte, Denkmäler zu erforschen und zu bewahren.
Matthias Wemhoff, Berlins Landesarchäologe und Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte und des Petri Berlin, sagt, alle Nachwuchskräfte kämen von der HTW, und sie würden dringend gebraucht. „Wenn der Studiengang wegfiele, fehlt uns der Nachwuchs in allen Restaurierungswerkstätten in Deutschland bei steigendem Bedarf. Vieles, was neu entdeckt wird, fragt nach einer neuen Forschungslösung“. Außerdem stehe bundesweit eine Pensionierungswelle in den Werkstätten der Landesdenkmalämter bevor.
Die HTW denkt daher, außer dem Senat könnten sich auch Museen und Landesdenkmalämter an den Kosten für diese hoch spezialisierte Ausbildung beteiligen, wenn sie „tatsächlich einen dringenden Bedarf an qualifiziertem Nachwuchs sehen“. Die Wissenschaftsverwaltung antwortete auf eine Anfrage, es würden noch keine konkreten Entscheidungen vorliegen. Die Verwaltung würde mit den Hochschulen an einer Weiterentwicklung des Berliner Hochschulsystems arbeiten.
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