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Mamma Erasmus: Europa verdankt ihr viel
Die unlängst verstorbene Sofia Corradi war die Mutter des Studierendenaustauschs in Europa. Angetrieben wurde sie, weil sie selber nach einem Auslandsjahr gedemütigt wurde. Eine Würdigung.

Stand:
Am 17. Oktober starb Sofia Corradi. Bekannt wurde sie auch für ihr unermüdliches Engagement für einen europaweiten Studierendenaustausch.
Geboren wurde Corradi 1934 in Rom. Obwohl der zweite Weltkrieg eine kontinuierliche Schullaufbahn verhinderte, gelang es ihr später Rechtswissenschaften zu studieren. In den 50er Jahren ging sie mit einem Fulbright-Stipendium an die Columbia University in New York und schloss dort mehrere Prüfungen erfolgreich ab. Nach ihrer Rückkehr nach Rom musste sie jedoch feststellen, dass diese Prüfungen nicht anerkannt wurden und ihr vielmehr vorgeworfen wurde, sie wolle sich für einen reinen Urlaubsaufenthalt einen Teil ihres Abschlusses erschleichen.
Dieser Vorwurf war ein herber Schlag für Corradi, aber – wie sich später herausstellen sollte – ein Segen für Europa. Denn, so berichtet sie es selbst, die damals empfundene Wut und Demütigung, hat ihr die Energie und Ausdauer gegeben, sich über 18 Jahre hinweg für einen Studierendenaustausch zu engagieren. Ihr Ziel war, es Studierenden zu ermöglichen, während ihres Studiums Zeit an einer anderen europäischen Hochschule zu verbringen und sich die dort erbrachten Leistungen anrechnen zu lassen.
Mit dem Erasmus-Programm hat sie dieses Ziel erreicht. Etwa 16 Millionen Menschen haben mittlerweile von diesem Programm profitiert. Sie konnten nicht nur ihre fachlichen Perspektiven erweitern, sondern sich damit auch persönlich weiterentwickeln. Und Europa ist damit sicher noch ein bisschen enger zusammengewachsen.
An Sofia Corradi beeindruckt mich vor allem ihre emotionale Energie: Sie nutzte ihre Wut, um die damaligen universitären Missstände zu verbessern. Und sie strahlte eine Fröhlichkeit aus, nachdem ihr das gelungen war. Sie war nicht nur stolz darauf, dass es nun mehr fachlichen Austausch von Studierenden gab, sondern auch über die vielen Beziehungen und Kinder, die durch das Erasmus-Programm entstanden sind.
Möge die Erde Ihnen leicht sein, Mamma Erasmus.
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