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Miese Verwaltung, gute Zusammenarbeit: Berliner Universitätsbund steigt in der Gunst der Forschenden
Wie schneidet die Berliner Unilandschaft bei den Forschenden ab? Eine Umfrage zeichnet ein gemischtes Stimmungsbild.
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Berlin als Standort für die Wissenschaft kommt unter Forschenden eigentlich gut weg. Das Umfeld wird als international und innovativ wertgeschätzt sowie als von Kooperation geprägt angesehen, und zwar noch stärker als vor zwei Jahren – so eine neue Trendstudie, die im Auftrag der Berlin University Alliance (BUA) durchgeführt wurde.
Mehr als 2000 Forschende der BUA, also des Verbundes von Freier Universität, der Humboldt-Universität, der Technischen Universität und der Charité, wurden für den „Berlin Science Survey“ befragt. Im Mittelpunkt stand dieses Mal, welche Bedingungen die Forschenden für ihre Arbeit brauchen und vorfinden. Die Ergebnisse zeichnen ein Bild von „hochmotivierte[n] Wissenschaftler:innen, die unter eher mäßigen Rahmenbedingungen bestrebt sind, Wissenschaft auf einem hohen Qualitätsniveau durchzuführen“, heißt es im am Montag erschienenen Bericht.
Es offenbaren sich vor allem die Schwächen des Wissenschaftssystems: So wird das Finanzierungssystem der deutschen Wissenschaft überwiegend negativ bewertet. Auch arbeiteten viele Forschende mitunter bis zur Belastungsgrenze, weshalb ein knappes Drittel der Befragten mindestens „oft“ Qualitätsabstriche bei ihrer Arbeit mache. Etwa die Hälfte der befragten Forschenden gab zudem an, dass sich das eigene Umfeld eher Modethemen widme, anstatt langfristigen Forschungsagenden zu folgen – möglicherweise ein Anzeichen für Wettbewerbsdruck.
Auch der Antrieb leide unter der Belastung, insbesondere beim wissenschaftlichen Nachwuchs (Prädocs und Postdocs). Hier lässt die Unsicherheit der Karrierewege die Motivation stärker schwinden als beim wissenschaftlichen Führungspersonal. Des Weiteren belastet die Bürokratie die Forschenden, die der Verwaltung besonders schlechte Noten ausstellen. 83 Prozent sehen deutlichen Verbesserungsbedarf bei administrativen Prozessen an den Berliner Unis, viele wünschen sich entsprechend mehr Unterstützung. Zum Vergleich: An außeruniversitären Einrichtungen schneidet die Verwaltung nur bei 45 Prozent der Befragten so dürftig ab.
Offenheit und Zusammenarbeit wird wertgeschätzt
Eine Folge könnte sein, dass sich Forschende zurückziehen, schreibt die BUA in einer Mitteilung, und beispielsweise in die Industrie wechseln. Tatsächlich gab eine Mehrheit der Befragten aus den Natur- und Ingenieurwissenschaften an, „eher schlecht“ oder „sehr schlecht“ geeignete Bewerberinnen für Professuren oder Postdoc-Stellen zu finden.
„Die Verbundpartnerinnen nehmen auch die im Berlin Science Survey geäußerten Wünsche nach Verbesserung von Rahmenbedingungen wie der Finanzierung von Forschung sehr ernst und werden weiterhin eng mit dem Land Berlin und untereinander zusammenarbeiten“, wird der BUA-Sprecher Günter M. Ziegler, Präsident der Freien Universität Berlin, in der Mitteilung zitiert.
Einzelne Forschungseinrichtungen könnten begrenzt gegensteuern, sollen es etwa bei Erwartungsdruck nicht übertreiben, heißt es im Bericht unter „Empfehlungen“. Arbeitsüberlastungen sollten früh erkannt und vermieden werden. Viele Forschende mahnen bessere forschungsunterstützende Strukturen an, also zum Beispiel Hilfe bei der Drittmittelakquise.
Kooperative Arbeitsumfelder – also ohne Wettbewerb innerhalb der eigenen Institution – wurden von den Befragten dagegen als entlastend empfunden. Der Bericht empfiehlt daher einen „Fokus auf kooperative und nachhaltige Forschungs- und Arbeitskulturen“: Vertrauen statt Zielvorgaben, Einbeziehung in nötige Veränderungen, weniger Fixierung auf den Output.
Dass Bemühungen um Offenheit wertgeschätzt werden, zeigen auch die Bewertungen der „Open Research“-Praktiken der BUA. Vor zwei Jahren beurteilten rund 59 Prozent der befragten Forschenden solche Aktivitäten im Exzellenzverbund als positiv, nun sind es 67 Prozent.
Ziegler freut sich auch, dass sich mehr Forschende in der BUA engagieren als noch vor zwei Jahren. Die Organisation ist in Fachkreisen der Stadt darüber hinaus bekannter als noch zwei Jahre zuvor. Nur 11 Prozent hätten noch nie von dem Exzellenzverbund gehört, 2022 waren es noch 15 Prozent.
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