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Ein Kind wird gegen Malaria geimpft.

© Amos Gumulira/AFP

Wirkungsvoller Ansatz zur Seuchenbekämpfung: Mit kontrollierter Infektion gegen Malaria

In zwei Schritten gegen die Tropenkrankheit: Eine Impfung nutzt abgeschwächte Erreger, hinzu kommt ein Medikament, das den Ausbruch der Krankheit stoppt.

Mehr als 400.000 Menschen starben im Jahr 2019 an Malaria. Weltweit wurden über 229 Millionen Fälle registriert. Zwar gibt es Medikamente, mit denen sich die Krankheit behandeln lässt und auch eine Impfung – doch diese hat nur eine geringe Schutzwirkung.

Nun präsentiert ein internationales Team von Forschenden um die Medizinerinnen Agnes Mwakingwe-Omari und Sara Healy von den National Institutes of Health im US-Bundesstaat Maryland im Fachblatt „Nature“ einen neuartigen Impfstoff, der eine hohe Schutzwirkung bieten soll: In einer kleinen Studie mit 56 Probanden wurde nach drei Dosen der Impfung eine Schutzwirkung von bis zu 87,5 Prozent erzielt.

Entwicklung der Krankheitserreger verhindert

Das Prinzip der Impfung ist ungewöhnlich: Der Körper wird gezielt mit lebenden, aber geschwächten Malaria-Erregern infiziert. Diese sogenannten Sporozoiten leben bei einer Malaria-Infektion in der Leber der Erkrankten.

Einen Tag später erhielten die Probanden ein Medikament, das die Erreger abtötete, bevor sie sich im Körper weiter entwickeln konnten. Auf diese Weise lässt sich das Immunsystem trainieren und der Ausbruch der Krankheit wird verhindert.

Ende April präsentierten Forschende im Fachblatt „Lancet“ ebenfalls einen erfolgversprechenden Malaria-Impfstoff, der jedoch auf einem anderen Prinzip beruht. Der damals vorgestellte Impfstoff nutzt ein bestimmtes Oberflächenprotein des Malaria-Erregers, um das Immunsystem des Körpers zu trainieren.

Dieses Protein wird auch in den sogenannten RTS,S-Vakzinen verwendet, die bereits in der Anwendung sind. Sie erreichen jedoch nur eine Schutzwirkung von rund 55 Prozent. Der im April vorgestellte Impfstoff erzielte dagegen eine Wirksamkeit von 77 Prozent – immer noch weniger als die knapp 90 Prozent Schutzwirkung, die das nun vorgestellte Vakzin erzeugen soll.

"Sehr gute Ergebnisse"

Peter Kremsner, Direktor des Instituts für Tropenmedizin, Reisemedizin und Humanparasitologie an der Universität Tübingen, äußert sich zuversichtlich. „Das sind sehr gute Ergebnisse“, sagt der Malaria-Forscher. Kremsner ist in mehrere Projekte involviert, die Malaria-Impfstoffe erforschen und verbessern.

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Bereits Anfang Mai veröffentlichte eine Arbeitsgruppe um ihn und die Medizinerin Zita Sulyok eine Studie, in der 13 Probanden mit einem ähnlichen Impfstoff behandelt wurden. Zehn von ihnen zeigten daraufhin Immunität gegen die Parasiten. Im Herbst soll eine weiterführende Studie beginnen, die deutlich mehr Menschen involviert

In einer Großaufnahme sitzt eine Mücke auf einem menschlichen Arm.
Anopheles-Mücken übertragen die Erreger der Malaria.

© Stephen Morrison/dpa

Kremsner zufolge hat eine Impfung mit geschwächten Sporozoiten großes Potenzial. Die nun vorgestellte Studie zeigt, dass derartige Präparate auch gegen Stämme des Erregers wirken, die an völlig unterschiedlichen Regionen der Erde vorkommen.

Zudem scheint ihre Wirksamkeit besser zu sein als die der bereits verfügbaren RTS,S-Vakzine. „Das sind vielversprechende Ergebnisse dafür, dass es demnächst erstmals eine Impfung gegen eine parasitäre Erkrankung bei Menschen geben wird“, sagt Kremsner.

"Weit entfernt von der Anwendung"

Thomas Jacobs, Malaria-Forscher am Bernhard Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg, zweifelt dagegen noch daran. Die Studie beantworte vor allem wissenschaftliche Fragen, sagt Jacobs: „Hier ist man noch weit entfernt von der Anwendung.“

Denn so elegant das Prinzip ist: Die Herstellung der geschwächten Sporozoiten ist enorm aufwendig, ebenso wie das Aufrechterhalten der nötigen Kühlkette, um die Impfdosen in die Regionen zu transportieren, wo sie benötigt werden.

„Das ist ein sehr großer Aufwand, verbunden mit sehr großen Kosten“, sagt Jacobs. Angesichts der relativ wenigen Mittel, die für die Malariabekämpfung zur Verfügung stehen, sei es fraglich, ob die nötige Infrastruktur in den kommenden zehn Jahren etabliert werden könnte.

Eine Impfung, die auf diesem Prinzip basiert, könnte für Reisende eine Option sein, die planen, Malaria-Gebiete zu besuchen, sagt Jacobs. „Aber ich denke, es wird schwierig sein, mit diesem Ansatz Millionen Menschen in Afrika zu impfen.“

Zudem müsste sich auch eine Impfung durch inaktivierte Sporozoiten erst noch in einer normalen Bevölkerung beweisen, außerhalb von kontrollierten Laborbedingungen.

Die bereits vorhandenen RTS,S-Vakzine haben unter diesen Bedingungen einen geringeren Impfschutz gezeigt als in vorangegangenen Studien. Es bleibe daher abzuwarten, wie wirksam eine Sporozoiten-Impfung sein wird. Neue Impulse könnte die Malaria-Impfstoffforschung erhalten, wenn Kapazitäten frei werden, die aktuell noch durch die Corona-Impfstoffforschung belegt sind, so Jacobs.

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