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Müll der Pandemie: Infektionsschutz sorgt für mehr Plastikmüll

Die Corona-Pandemie verstärkt den Kunststoffeintrag in die Weltmeere. Ein Forschungsteam macht die Hauptquellen des Plastikmülls aus.

„Kunststoffabfälle im Zusammenhang mit Covid-19 sind nur Teil des größeren Problems Plastikmüll“, sagt Yanxu Zhang von der chinesischen Universität Nanjing. Um es zu lösen, seien technische Erneuerungen, eine Umstellung der Wirtschaft und Änderungen der Lebensstile erforderlich, so der Forscher.

Kurzfristig ist bei Lösungsvorschlägen dieser Tragweite nicht zu erwarten, dass sich die Lage bessert. Wie ein Forscherteam mit Zhang jetzt im Fachmagazin „PNAS“ berichtet, hat die Menschheit die Menge anfallenden Plastikmülls aber in kurzer Zeit noch einmal gesteigert.

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Krankenversorgung, persönlicher Schutz und Online-Shopping

Einwegkunststoffe, aus denen etwa Masken und Handschuhe bestehen, schützen Menschen vor Infektionen mit dem Coronavirus Sars-Cov-2. Danach werden sie weggeworfen, für Wiederverwendung sind sie aus hygienischen Gründen nicht geeignet. Das Forschungsteam hat untersucht, woher das meiste Corona-Plastik kommt und wo es auf Dauer landen dürfte.

Seit Beginn der Pandemie Anfang 2020 sind nach den Berechnungen weltweit zwischen vier und 15 Millionen Tonnen zusätzlichen Plastikmülls angefallen. Zum Vergleich: Nach Angaben des Umweltprogramms der Vereinten Nationen produziert die Menschheit insgesamt rund 300 Millionen Tonnen Plastikmüll im Jahr. Geht man vom mittleren Wert von etwa acht Millionen Tonnen Pandemie-Plastikmüll aus, wurden etwa 26.000 Tonnen davon von Flüssen in die Weltmeere gespült wurden, sagt das Team.

Nicht alle Schutzausrüstung vor Infektionen mit dem Coronavirus wird fachgerecht entsorgt.
Nicht alle Schutzausrüstung vor Infektionen mit dem Coronavirus wird fachgerecht entsorgt.

© Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa

Hauptquelle des Mülls sind nicht Privatpersonen, die Artikel wegwerfen. „Als wir mit den Berechnungen begannen, waren wir überrascht, dass die Menge der Abfälle aus medizinischen Einrichtungen wesentlich größer war als die von Einzelpersonen“, wird die Mitautorin Amina Schartup in einer Mitteilung der Universität von Kalifornien in San Diego zitiert.

Anhand der Zahlen von Covid-19-Krankenhauspatient:innen und der durchschnittlich pro behandelter Person anfallenden Müllmenge bestimmte das Team, dass fast 90 Prozent der Pandemie-Plastikabfälle aus Krankenhäusern stammen. Die größten Quellen lagen in Gebieten, die schon vor der Pandemie mit der Abfallentsorgung zu kämpfen hatten. „Sie waren einfach nicht darauf eingestellt, mit einer Situation umzugehen, in der mehr Abfall anfällt“, sagt Schartup.

Daher ist die Müllmenge auch nicht da am größten, wo die meisten Patienten behandelt wurden, sondern wo es am Abfall-Management fehlt. Fast die Hälfte stammt aus asiatischen Ländern wie Indien und China, jeweils knapp ein Viertel aus Europa und den amerikanischen Kontinenten. Auch der Beitrag von Einzelpersonen ist in Asien vergleichsweise hoch, was das Forschungsteam auf die große Zahl Maskentragender zurückführt. Die Schutzausrüstungen von Privatpersonen machen insgesamt knapp acht Prozent der zusätzlichen Müllmenge aus.

Neben den Infektionsschutzartikeln sind aufgrund des vermehrten Online-Shoppings in der Pandemie mehr Verpackungsmaterialien als Müll angefallen, etwa fünf Prozent der Gesamtmenge zusätzlichen Plastikmülls. Auch davon entfällt ein Großteil auf Asien, berichten die Wissenschaftler.

Ansammlung in der Nordpolarregion

Von den bislang etwa 26.000 Tonnen Plastikmüll, die in die Meere gespült wurden, stammen wahrscheinlich drei Viertel aus asiatischen Flüssen wie dem Schatt al-Arab, dem Indus und dem Jangtse, die in den Persischen Golf, das Arabische Meer und das Ostchinesische Meer münden. Auf europäische Flüsse entfällt gut ein Zehntel der Einleitungen. Der größte Teil des Plastiks wird sich an Stränden und auf dem Meeresboden absetzen, vermuten die Forschenden. Ein kleinerer Teil wird eine andere Route nehmen.

„Wir wissen, dass Abfälle, die aus asiatischen Flüssen in den Nordpazifik gelangen, zum Teil im Arktischen Ozean landen“, sagt Schartup. Er sei aufgrund der Ozeanzirkulationsmuster eine Art Sackgasse für Treibgut. „Dort sammelt sich alles Mögliche an, was von den Kontinenten freigesetzt wird“, sagt Schartup. Die Modellierung zeigt, dass etwa 80 Prozent des Plastikmülls, der dorthin gelangt, schnell absinken.

Das Forschungsteam vermutet, dass sich bis 2025 rund um die Polarregion Plastikmüll ansammeln wird. Die potenziellen ökologischen Auswirkungen der angesammelten Kunststoffe sind Grund zur Sorge, sagen die Forscher:innen. Sie drängen auf eine bessere Entsorgung medizinischer Abfälle, insbesondere in Entwicklungsländern. Außerdem fordern sie ein stärkeres öffentliches Bewusstsein für die Umweltauswirkungen von persönlicher Schutzausrüstung und anderen Kunststoffprodukten. (mit dpa)

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