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Mund-, Nasen- und Umweltschutz: Baumwollmasken haben bessere Ökobilanz, aber Einwegmasken können punkten

Auf den Gebrauch kommt es an: Wie medizinische Einwegmasken und waschbare Mundnasenbedeckungen aus Baumwolle in puncto Nachhaltigkeit abschneiden.

Im öffentlichen Raum müssen die Menschen in vielen Regionen Europas inzwischen Mund und Nase bedecken, um zusammen mit andern Maßnahmen wie Abstandhalten und Hygieneregeln die Covid-19-Pandemie einzudämmen. Ob das mit einer Alltagsmaske aus Baumwolle oder einer sogenannten Chirurgenmaske aus dem Kunststoff Polypropylen geschieht, ist den Gesetzgebern meist egal. Wie aber sieht es mit der Nachhaltigkeit der Masken aus?

Sind die häufig aus zwei Lagen Baumwolle hergestellten Alltagsmasken, die gewaschen und mehrfach verwendet werden können, hinsichtlich ihrer Umweltbilanz besser als die deutlich billigeren medizinischen Masken, die nach einmaligem Gebrauch entsorgt werden sollten?

Dieser Frage ist ein Forschungsteam um Claudia Som von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) im schweizerischen St. Gallen nachgegangen. In der Zeitschrift „Sustainability“ präsentiert es Überraschende Ergebnisse.

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Material und Treibhausgase

Ausgegangen ist das Empa-Team von einem Menschen, der unter der Woche jeden Tag mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit und wieder nach Hause fährt und der dreimal in der Woche einkauft. Trägt diese Person dabei eine Chirurgenmaske, entsorgt sie dieses Utensil nach jedem Tragen und benötigt daher jede Woche 13 solcher Masken. Pro Stück kosten diese in Deutschland etwa 30 Cent und wiegt nach Empa-Messungen 2,88 Gramm. Bevorzugen Menschen medizinische Masken, verbrauchen sie also gut 37 Gramm Material in der Woche.

Von den Alltagsmasken aus Baumwolle braucht die Versuchsperson dagegen nur zwei Stück. „Eine davon wird auf dem Arbeitsweg und beim Einkaufen getragen, am Abend gewaschen und am nächsten Tag wird die andere Maske getragen“, erklärt die beteiligte Empa-Forscherin Melanie Schmutz. Geht das Team von fünf Waschgängen aus, kann jede dieser knapp 12 Gramm schweren Masken sechs Tage lang getragen werden. Nach zwei Wochen sollten dann neue Baumwollmasken gekauft werden.

Waschen oder Wegschmeißen. Einweg- und wiederverwendbare Masken verhindern Übertragungen des neuen Coronavirus Sars-CoV-2.
Waschen oder Wegschmeißen. Einweg- und wiederverwendbare Masken verhindern Übertragungen des neuen Coronavirus Sars-CoV-2.

© Martin Schutt/dpa

Damit liegt der Materialverbrauch der medizinischen Einweg-Alltagsmasken rund dreimal höher als bei ihrer Naturfaserkonkurrenz. Ob dies aber auch einen geringeren Einfluss auf die Umwelt bedeutet, zeigt erst eine detaillierte Analyse einzelner Aspekte, die sich unterschiedlich auswirken.

Beim Energieverbrauch und bei der Treibhausgasbilanz liegt die Baumwollmaske vor der Einwegmaske. Beim Verbrennen der Baumwolle nach dem letzten Gebrauch gelangt nur die gleiche Menge Kohlendioxid in die Luft, die vorher von den Pflanzen beim Wachsen aufgenommen wurde. Die Chirurgenmasken werden dagegen aus Erdöl-Produkten hergestellt, die beim Verbrennen das Klima mit dem Kohlendioxid anheizen, das zuvor unterirdisch gespeichert war. Dieser Vorteil der Baumwollmasken ist aber nur ein Aspekt der Ökobilanz.

Biobaumwolle in der Waschmaschine

Baumwolle wird zum Beispiel in Regionen wie in der Küstenwüste von Peru angebaut. Um hohe Erträge zu sichern, wird künstlich bewässert und es werden große Mengen Kunstdünger und Pestizide eingesetzt. Die Einwegmasken schneiden in der Umweltbilanz hier besser ab. Vor allem der Wasserverbrauch für die Herstellung von Baumwollmasken ist weit höher.

Wertet das EMPA-Team die vier Eigenschaften Treibhausgase, Wasserbedarf, Dünger und Pflanzenschutzmittel zusammen, liegt die Chirurgenmaske vorn. Allerdings sind die Forscher davon ausgegangen, dass die Baumwollmasken nach fünfmaligem Waschen entsorgt werden. Da ein Senken der Waschtemperaturen von 60 auf 40 Grad die Ökobilanz nur sehr wenig verbessert und die Hauptbelastung in der Produktion liegt, müssten die Masken also länger genutzt werden, um die Bilanz zu verbessern. Die Analyse stützt sich auf eine Empfehlung aus dem Frühjahr, nach der eine Baumwollmaske nur fünfmal in die Waschmaschine soll. „Inzwischen sind Alltagsmasken auf dem Markt, die zwanzigmal gewaschen werden können“, erklärt Schmutz. So kann die Testperson ihre beiden waschbaren Masken statt zwei Wochen zwei Monate nutzen und die Baumwolle liegt in der Gesamtbilanz vorne.

Zudem lässt sich die Bilanz der Alltagsmaske weiter verbessern: Wird die Baumwolle recycelt, fällt der hohe Verbrauch von Wasser, Dünger und Pestiziden weniger ins Gewicht. Einen deutlichen Vorteil hat wohl auch Bio-Baumwolle, die ohne Pestizide und Kunstdünger auskommt, sowie Plantagen, die ihren Wasserbedarf aus Niederschlägen decken und nicht künstlich bewässert werden.

„Diese Bio-Baumwolle und auch andere Möglichkeiten wie das Recycling von Baumwolle möchten wir bald genauer analysieren“, sagt Schmutz. Schließlich dürften uns Mund-Nasen-Bedeckungen noch einige Zeit begleiten, in der das Thema Nachhaltigkeit neben der Pandemie-Bekämpfung vielleicht auch wieder stärker wahrgenommen wird.

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