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Studentinnen und Studenten sitzen während einer Vorlesung in einem Hörsaal. (Symbolbild)

© dpa/Rolf Vennenbernd

Nach Kritik am Entwurf des Senats: Neues Ordnungsrecht für die Berliner Unis kommt entschärft

Der Berliner Senat führt Exmatrikulationen bei schweren Verstößen wieder ein. Die Koalitionsfraktionen haben den Gesetzentwurf, der formal noch bestätigt werden muss, an entscheidenden Stellen geändert.

Stand:

Am viel diskutierten Entwurf für das Berliner Hochschulgesetz, das den Unis bei schweren Verstößen von Studierenden wieder Exmatrikulationen ermöglichen soll, wurden von den Koalitionsfraktionen von CDU und SPD Änderungen eingebracht. In dieser Form dürfte er vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden.

Die wissenschaftspolitischen Sprecher der Koalitionsfraktionen brachten gemeinsam einen Änderungsantrag ein, der den Text in entscheidenden Punkten präzisiert. So sollen Exmatrikulationen „als Ultima Ratio nur noch bei strafrechtlichen Verurteilungen möglich“ sein, heißt es in der Pressemitteilung der CDU-Fraktion zum Änderungsantrag. Zudem werde darauf verzichtet, eine gesetzliche Vorgabe zur Einsetzung eines Ordnungsausschusses zu machen. Wie die Hochschulen ein Ordnungsverfahren ausgestalten, bleibt ihnen demnach selbst überlassen.

Keine Vorgaben für einen „Ordnungsausschuss“

Die Änderungen greifen Nachbesserungsvorschläge auf, die einige Hochschulvertreter nach dem ersten, im Abgeordnetenhaus und an den Unis intensiv diskutierten Senatsentwurf eingebracht hatten. Dieser sollte Exmatrikulationen nicht nur nach einer rechtskräftig verurteilten Straftat gegen ein anderes Mitglied der Hochschule ermöglichen, sondern auch in Fällen, in denen etwa der Verdacht einer Gewalttat gegen ein Hochschulmitglied vorlag.

Kritiker befürchteten, Studierende könnten so ohne rechtliche Grundlage ausgeschlossen werden. Skeptisch sahen Uni-Leitungen die Vorgabe eines Ordnungsausschusses, da auch hier unklar wäre, was die Kriterien für eine Exmatrikulation wären, wenn keine gesetzlich erwiesene Straftat vorliegt.

Hausrecht bis zu neun Monate

Neu im Änderungsantrag ist auch eine Verschärfung des Hausrechts der Universitäten: Hausverbote sollen „bei extremen Fällen bis zu neun Monate“ verhängt sowie „wiederholt verlängert“ werden können. Bislang sind es drei Monate mit der Möglichkeit zur Verlängerung.

Auch soll, wer wegen einer erwiesenen Straftat gegen ein anderes Hochschulmitglied exmatrikuliert wurde, sich innerhalb einer Frist von zwei Jahren nicht erneut an der Hochschule einschreiben können.

In der Novelle werden Verstöße gegen das Ordnungsrecht wie auch im ersten Entwurf in fünf Punkten definiert. Als Verstoß gelten – immer in Bezug auf andere Hochschulmitglieder – Verletzungen des Antidiskriminierungsgesetzes, sexuelle Belästigung und eine rechtskräftige verurteilte Straftat.

Nachschärfung, um Missbrauch zu vermeiden

Als Ordnungsverstoß wird auch gefasst, wenn jemand unter „Anwendung von körperlicher Gewalt, durch Aufforderung zur körperlichen Gewalt oder durch Bedrohung mit körperlicher Gewalt ein Mitglied der Hochschule in der Ausübung seiner Rechte und Pflichten erheblich beeinträchtigt“. Oder, wenn ein Student oder eine Studentin „Einrichtungen der Hochschule zu vorsätzlichen Straftaten nutzt oder zu nutzen versucht, die der Hochschule erheblichen Schaden zufügt“. Auch der letzte Halbsatz wurde ergänzt, nachdem es Kritik an einer zu vagen Formulierung an der Stelle gegeben hatte.

Adrian Grasse, der wissenschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, bezeichnete die Änderungen in der Mitteilung als „wirksamen Instrumentenkasten, mit dem der unmittelbare Opferschutz gestärkt und die Aufrechterhaltung des geordneten Hochschulbetriebs gewährleistet wird“. Im Sinne der Hochschulautonomie wäre es den Unis auch erlaubt, die Regelungen für das Ordnungsverfahren, in dem über Exmatrikulationen entschieden wird, „eigenständig auszugestalten“.

Der wissenschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Marcel Hopp, hob in seinem Statement als Ziel der Änderungen hervor, gleichzeitig den Opferschutz an den Unis zu erhöhen und dabei zu verhindern, dass Sanktionsmaßnahmen zur „Instrumentalisierung von demokratisch unliebsamen Äußerungen oder Handlungen gegen Studierende“ genutzt werden können.

Neben Nachbesserungsbitten seitens Berliner Universitäten – die TU Berlin hatte die Wiedereinführung des Ordnungsrechts gänzlich abgelehnt – gab es auch starke Kritik von Studierendenvertretern an dem ursprünglichen Gesetzentwurf des Senats.

Damit das Gesetz in Kraft tritt, muss das Abgeordnetenhaus dem neuen Entwurf noch zustimmen. Es war wegen antisemitischen Vorfällen an den Berliner Hochschulen eingebracht worden.

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