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Auch eine Frage des Hintergrundes: Gleicher Tag, gleicher Fotograf – am 13. März 2013 stieg erst schwarzer, später dann weißer Rauch aus dem Kamin der Sixtinischen Kapelle auf.

© Montage Tagesspiegel/dpa/Michael Kappeler (2); freepik

Update

Papst-Wahl 2025: So entsteht schwarzer und weißer Rauch – doch ein Mysterium bleibt

Das Ergebnis des Konklaves wird nicht getwittert, sondern gepafft. Das ist Tradition. Damit nichts schiefgeht, greift man aber auf sehr untraditionelle Methoden zurück.

Stand:

Am Mittwoch hat das Konklave zur Wahl eines neuen Papstes begonnen. Und damit das Warten auf den „weißen Rauch“. Der ist längst ein geflügeltes Wort, das für eine getroffene Entscheidung steht, die schwierig war und Kompromisse erforderte. Auch im Zuge der Verhandlungen zwischen Schwarz und Rot in Berlin kam es in der Berichterstattung vor. Selbst zu einem „Habemus Koalitionsvertrag“ ließ sich jemand hinreißen.

Weißer Rauch ist jedenfalls das erste Signal der noch im Sinne des Wortes verschlossenen Kardinäle, dass ein neuer Pontifex gewählt ist. Schwarzer Rauch besagt: Wir haben zwar gewählt, aber die nötige Zweidrittelmehrheit hat keiner der kardinalen Kandidaten bekommen. Unter dem Schlot der Sixtinischen Kapelle werden dafür jeweils Stimmzettel verbrannt.

Wer selbst noch einen Ofen oder Kamin hat, weiß, wie schwierig es allein sein kann, überhaupt ein Feuer zu entfachen. Rauch aufsteigen zu lassen, der bei jedem Wetter verlässlich als weiß oder schwarz zu erkennen ist, ist dann noch einmal eine andere Herausforderung.

Strohfeuer

Früher wurde, soweit bekannt, dafür schlicht entweder gut getrocknetes oder feuchtes Stroh zusammen mit den Stimmzetteln entzündet. Kardinäle sind aber in etwa so geübt im Feuermachen wie moderne Großstädterinnen und Großstädter in ihren Wohnungen mit Zentralheizung.

Und um verlässlich weißen Rauch zu erzeugen, muss eben sichergestellt sein, dass das Stroh mit konstanter, aber auch nicht zu starker Sauerstoffzufuhr gut, aber doch nicht ganz vollständig verbrennt. Unter anderem feine Aschepartikel sorgen dann dafür, dass der Rauch eher hell erscheint.

Übertreibt man es hier, kann es bei vor allem aus Kohlenwasserstoffen bestehenden Materialien wie Papier und Stroh auch passieren, dass fast gar kein Rauch zu sehen ist, „weil dann alles vollständig zu Kohlendioxid und Wasserdampf wird“, sagt der Chemiker Johann Spandl von der FU Berlin.

Denn das Treibhausgas ist unsichtbar. Und Wasserdampf sieht man nur dann, wenn er an kalter Luft kondensiert. Darauf kann man sich an einem Maitag auf dem Petersplatz in Rom aber nicht verlassen.

Für schwarzen Rauch ohne weitere Hilfsmittel ist eine noch deutlich weniger vollständige Verbrennung vonnöten. Gleich wieder ganz ausgehen darf das Feuer aber auch nicht. Wenn es klappt, entstehen feine Rußpartikel – also verlässlich schwarze, kohleähnliche Kohlenwasserstoffe –, die im Luftzug im Schlot dann nach draußen gelangen.

Schwarz/Weiß … und Grau

Aber feuchtes Stroh kann auch, wenn es nicht gleich brennt, sondern in den Papierflammen erst einmal die anhaftende Feuchtigkeit verdampft, gerne mal eher hell erscheinenden Wasserdampf erzeugen. Und auch trockenes Stroh plus Papier können, wenn nicht genug „Zug“ auf dem Ofen ist und sich in den Flammen ein Sauerstoffmangel ergibt, rußend verbrennen.

Nicht selten in der Vergangenheit kamen deshalb uneindeutige Signale aus dem Konklave. 1958 etwa zog am zweiten Tag mehrfach ein als Schwarz gemeintes mickriges Grau-Weiß aus dem Schlot. Die New York Times berichtete damals, aufgrund dieser Probleme seien „Rauchfackeln aus einer Feuerwerksfabrik“ in die Kapelle gebracht worden.

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An Tag drei rauchte es daraufhin viermal eindeutig schwarz. Und erst nach vier Tagen kam nach der Wahl von Angelo Roncalli, der den Namen Johannes XXIII. wählte, ein gut erkennbares Weiß.

Aber auch die Lichtverhältnisse auf dem Petersplatz oder ein böiger Wind, der alles gleich wieder verweht, können die Rauchinterpretation zu einem schwierigen Unterfangen machen.

Habemus vielleicht papam. Unschön. Ein Ritual und seine Einzelheiten sollten schon verlässlich sein.

Raucherzeugung ist ein wenig wie Alchemie und nicht ganz so einfach und wissenschaftlich exakt zu erklären.

Johann Spandl, Chemiker von der FU Berlin

Was macht man da als katholische Kirche? Die Rauchfackeln von 1958 liefern schon die Antwort: Man lässt sich, in guter katholisch-pragmatischer Tradition, auf angewandte Naturwissenschaft und Technologie ein. Konkret nutzt man sowohl die Physik als auch die anorganische Chemie und verbrennt, zusätzlich zu den Stimmzetteln in einem zweiten Ofen, Substanzen, die verlässlich entweder die eine oder die andere Rauchfarbe entstehen lassen.

Die neuen Öfen werden inzwischen elektronisch aktiviert. Und ein Techniker, der im Konklave mit eingeschlossen ist, kann ihn nach Angaben des Vatikans während der Abstimmungen von einem kleinen technischen Raum in der Nähe der Sixtinischen Kapelle aus steuern.

Oxidatio Habemus

Doch selbst der Chemiker Spandl sagt einschränkend, Raucherzeugung sei immer „ein wenig wie Alchemie und nicht ganz so einfach und wissenschaftlich exakt zu erklären.“

Schwarz oder weiß? Gläubige auf dem Petersplatz warten auf den Rauch aus der Sixtinischen Kapelle am 13. März 2013.

© Imago/Anan Sesa

Bei der Bundesanstalt für Materialforschung kennt man sich aber mit dem, was offiziell „Rauchgeneratoren“ heißt, aus. Jörg Dengel vom „Fachbereich Konformitätsbewertung Explosivstoffe/Pyrotechnik“ ist wichtig zu betonen, dass sie nicht zu den Feuerwerkskörpern gehören, sondern als „sonstige pyrotechnische Gegenstände“ bezeichnet werden.

Habemus auch das geklärt.

Die „Rauchsätze“ sind Dengel zufolge jedenfalls so abgemischt, dass sie „langsam, rauchreich und mit möglichst niedrigen Temperaturen, also energiearm“ abbrennen. „Niedrig“ ist hier relativ, im Vergleich etwa zu Leuchtfackeln. Bei denen sind Licht und Lichtfarbe unter extremen Temperaturen jenseits von 1500 Grad Celsius erzeugte Strahlung. Rauch hingegen erhält seine Farbe dadurch, dass er bestimmte Lichtwellenlängen reflektiert oder, im Falle von Schwarz, vor allem absorbiert.

Wenn die Verbrennungstemperatur zu hoch wäre, würde die Gefahr bestehen, dass der Farbstoff einfach verbrannt und nicht verdampft wird.

Jörg Dengel vom „Fachbereich Konformitätsbewertung Explosivstoffe/Pyrotechnik“ beim Bundesamt für Materialforschung

Das Prinzip kommerziell erhältlicher Rauchsätze, sagt Dengel, sei fast immer gleich: Es werde eine färbende Substanz, die meist eine organische Verbindung ist, untergemischt, „mit dem Ziel, den Farbstoff in die Gasphase zu überführen“. Hier liege auch der Grund, warum eine niedrige Temperatur gebraucht wird. Wenn sie zu hoch wäre, „würde die Gefahr bestehen, dass der Farbstoff einfach verbrannt und nicht verdampft wird.“

Oxidationsmittel, Ruß und Phasenübergänge

2013, vor dem bislang letzten Konklave, verriet der Vatikan die Zutaten seiner Signalfeuer: Für Schwarz wurde eine Mischung aus Kaliumperchlorat, Anthracen und Schwefel benutzt.

Weiß kam es letztlich aus dem sixtinischen Rohr, nachdem Kaliumchlorat, Milchzucker (Laktose) und Kolophonium gemeinsam in Flammen aufgegangen waren. Letzteres wird durch Destillation von Harzen aus Nadelholz-Wurzeln erzeugt. Es ist eigentlich dafür bekannt, dass damit Geigenbögen eingerieben werden, was die Reibung erhöht und hilft, die Saiten zum Schwingen zu bringen.

Die Kalium-Chlor-Verbindung ist jeweils nur Oxidationsmittel. Sie sorgt dafür, dass es verlässlich brennt. Kaliumchlorat kommt zu diesem Zwecke zum Beispiel auch in Zündhölzern vor, Kaliumperchlorat auch in Feuerwerkskörpern.

Dass es am 13. März 2013 kurz nach 19 Uhr verlässlich weiß rauchte, dürfte laut Chemiker Spandl auf eine Kombination der Laktoseverbrennung, bei der „immer weißer Rauch“ entstehe, und der Verdampfung von Kolophonium beruhen. Dessen Harzsäuren ähneln Fettsäuren, die ebenfalls weiß verdampfen – wie jeder weiß, der schon einmal eine Pfanne zu heiß hat werden lassen.

Es ist also ein Mix aus den beiden Grundnaturwissenschaften Chemie und Physik: eine chemische Reaktion (Oxidation) und ein physikalischer Phasenübergang (Vaporisation) vom festen in den flüssigen und dann sofort gasförmigen Aggregatzustand.

1006
Tage dauerte von 1268 bis 1271 die längste Papstwahl aller Zeiten. Man einigte sich auf jemanden, der sich Gregor X. nannte, zum Zeitpunkt seiner Wahl noch nicht einmal geweihter Priester war und sich dann das mit dem Konklave ausdachte – in der Hoffnung, das Prozedere etwas zu beschleunigen.

Auch die vorausgehenden vier gar nicht weißen Signale, bevor man sich auf den Argentinier Bergoglio (der sich dann Franziskus nannte) einigte, waren gut zu erkennen gewesen. Und nun hat es auch am Abend des 7. Mai 2025 deutlich schwarz geraucht.

Spandl interpretiert die verlässliche Schwarzfärbung auch hier als eine Kombination der beiden zur Kaliumchlorverbindung hinzugefügten Substanzen. Denn Schwefel verbrennt normalerweise ziemlich schwarz, „und Anthracen als sehr kohlenstoffreiche Verbindung erzeugt feinen Ruß“. Wer sich an die Fernsehbilder erinnert, hat jenen Rauch, der schwärzer kaum sein konnte, noch vor Augen.

Der aromatische Kohlenwasserstoff Anthracen gilt allerdings als krebserregend, Ruß auch. Vielleicht überlegen sich die Vatikan-Chemiker diesmal ja etwas, das menschen- und umweltfreundlicher ist.

Nicht mehr ganz so verschlossen

Auf eine andere gute Idee aus dem Reich der Physik ist man im Vatikan aber bereits gekommen. Irgendjemandem fiel auf, dass der Schornstein trotz aller Abgeschlossenheit ja nicht die einzige Signalverbindung zur Außenwelt ist. Denn eine Kirche hat normalerweise auch Glocken.

Welchen kommunikativen Konnex es zwischen den Zeremoniaren in der Kapelle gibt, die den Rauch entfachen, und dem Glöckner von St. Peter, entzieht sich unserer Kenntnis.

Matthias Kopp, Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz

Dummerweise hat gerade die Sixtinische Kapelle aber keine. Stattdessen läuten die des Petersdoms unmittelbar, nachdem der weiße Rauch sichtbar wird. Dafür muss der Glöckner aber Nachricht aus dem Konklave bekommen, dass der nächste Rauch, egal, wie er auch erscheinen mag, weiß sein wird. So soll den Wartenden ein doppeltes und damit eindeutiges Signal gesendet werden.

Noch ein Mysterium des Konklaves: Wie erfährt der Glöckner von St. Peter, dass er gleich läuten muss? Oder kann Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin die Glocke per App ansteuern?

© Imago stock&people/Fotoarena

Möglich ist das, weil ein Konklave heute eben nicht komplette Abschottung bedeutet. „Das Kommunikationsverbot ist kein allgemeines, sondern ein Verbot, über die im Konklave relevanten Dinge mit Auswärtigen zu sprechen“, sagt Andrea Riedl, Professorin für Mittlere und Neue Kirchengeschichte an der Fakultät für Katholische Theologie der Uni Regensburg. Aus dem Konklave heraus werde „mittels Boten kommuniziert, die wiederum von einer Sonderkommission beaufsichtigt“ würden. So kommt dann wohl auch rechtzeitig vor dem Rauchsignal eine Nachricht beim Glöckner an.

Wie genau das passiert? „Welchen kommunikativen Konnex es zwischen den Zeremoniaren in der Kapelle gibt, die den Rauch entfachen, und dem Glöckner von St. Peter, entzieht sich unserer Kenntnis“, teilt die Deutsche Bischofskonferenz mit. Auf eine Tagesspiegel-Anfrage beim Vatikan selbst kommt keine Antwort. Ein bisschen Mysterium soll ja auch bleiben.

Am Ende stehen jedenfalls Akustik plus Optik, Schall und Rauch: Folgt dem Zeichen aus dem Schlot unmittelbar Glockengeläut, dann haben sie – oder je nachdem, wie man dazu steht: wir – wirklich einen Papst.

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