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An diesem Felsüberhang am Berg Jebel Faya in den Vereinigten Arabischen Emiraten lebten Steinzeitjäger auch in trockenen Epochen.

© Knut Bretzke

Leben in der Wüste: Steinzeitjäger trotzten trockenem Klima der Arabischen Wüste

Die Arabische Halbinsel gilt als eine der unwirtlichsten und am dünnsten besiedelten Weltgegenden. Das war aber nicht immer so.

Ein unerwarteter Fund auf der Arabischen Halbinsel zeigt, dass die Region nicht nur in den eher untypischen Zeitabschnitten mit einem feuchteren Klima als heute bewohnt war.

In wärmeren Epochen der Erdgeschichte zwischen den Kaltzeiten des Eiszeitalters fiel dort mehr Regen, und weite Teile der Arabischen Wüste und der in Afrika angrenzenden Sahara verwandelten sich in eine Savannenlandschaft. Neben Antilopen und Elefanten lebten dort sogar Flusspferde. Bald tauchten dort dann auch Jäger:innen und Sammler:innen der Steinzeit auf.

Abgesehen von diesen wenige Tausend Jahre langen feuchten Epochen war die Arabische Halbinsel aber ein weitgehend lebensfeindliches Ödland, in dem nur wenige Tiere und keine Menschen lebten. Zumindest vermuteten Archäolog:innen das bisher.

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Kurze Episoden mit feuchteren Bedingungen

Nun stellte jedoch ein Forschungsteam der Universität Tübingen, der archäologischen Behörde des Emirats Schardscha und weiterer Universitäten unter Leitung von Knut Bretzke von der Universität Jena in der Zeitschrift „Scientific Reports“ eindeutige Spuren von Steinzeitmenschen vor, die in einer besonders trockenen Periode vor rund 170.000 Jahren am Berg Jebel Faya lebten.

„Die Ausgrabungen am Jebel Faya schließen eine große Lücke der Steinzeitbesiedlung Arabiens, aus der wir bisher keine archäologischen Funde kannten“, erklärt Mike Petraglia vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena. „Es ist faszinierend, dass Menschen dort auch in Zeiten waren, in denen es nach bisherigen Überlegungen nicht genug Süßwasser zum Überleben gab“, sagt der Archäologe, der selbst die Steinzeitgeschichte der Arabischen Wüste erforscht, an der Studie von Bretzke und seinem Team aber nicht beteiligt war.

„Offensichtlich gab es auch in diesen langen Trockenperioden kurze Episoden mit feuchteren Bedingungen, die Jäger und Sammler ausnutzten“, vermutet Bretzke. Das gilt zumindest für den Südosten der Arabischen Halbinsel, wo der Berg Jebel Faya im Emirat Schardscha liegt.

Vergangene Savannenlandschaft

Dort hatten Hans-Peter Uerpmann von der Universität Tübingen und Bretzke bereits 2006 Steinwerkzeuge gefunden, die ungefähr125.000 Jahre alt waren. Zu dieser Zeit hatten sich die Gletscher der vorletzten Eiszeit aus Europa und Nordamerika zurückgezogen, das Weltklima war erheblich wärmer. Auf der Arabischen Halbinsel und in weiten Teilen der Sahara wuchs Gras auf weiten Flächen und Baumgruppen hielten sich.

Durch diese Landschaft zogen Elefanten und Antilopen, die in den von schmalen Galeriewäldern gesäumten Flüssen und Seen der heutigen Wüste auch in den trockenen Jahreszeiten Wasser fanden. Diesen Tierherden folgten seit Urzeiten die hochmobilen Jäger und Sammler der Steinzeit, deren Spuren Uerpmann und Bretzke im Südosten Arabiens und Mike Petraglia sogar im Inneren der Arabischen Wüste im Norden Saudi-Arabiens fanden.

Offensichtlich gab es in den feuchten Perioden gute Jagdgründe auf der Arabischen Halbinsel, die mit insgesamt 2,73 Millionen Quadratkilometern eine Fläche umfasst, die fast zwei Dritteln der Europäischen Union entspricht. Im Norden der Arabischen Wüste reicht diese Besiedlungsgeschichte der Menschen sogar 400.000 Jahre zurück, berichtete Mike Petraglia erst im August 2021 in der Zeitschrift „Nature“.

Wintergäste aus dem Gebirge

Alle diese Funde aber stammen aus niederschlagsreicheren Zeiten. Das gilt auch für die Steinzeitwerkzeuge, die Bretzkes Team in jüngerer Zeit am Jebel Faya ausgegraben hat. Doch es gibt einige Ausnahmen: Steinwerkzeuge, die in einer Schicht lagen, die nach Datierungen mit einer „Optisch stimulierte Lumineszenz“ genannten Methode rund 170.000 Jahre alt ist und damit in eine ausgesprochene Trockenperiode fällt. Daraus und aus anderen Untersuchungen schließt das archäologische Team auf kürzere Perioden, in denen der Südosten der Arabischen Halbinsel ein wenig feuchter war.

„Wahrscheinlich lebten die Menschen damals nicht dauernd, sondern nur wenige Wochen am Jebel Faya“, vermutet Knut Bretzke. Das könnte im Winter mit seinen gelegentlichen Niederschlägen gewesen sein, während die Gegend im Sommer austrocknete. Die Steinzeitbewohner fanden am Jebel Faya Feuerstein, aus dem sie ihre Werkzeuge herstellten und im Winter auch genug Trinkwasser und Wild.

Wo aber kamen die Wintergäste her? Bretzke tippt auf das Hadschar-Hochgebirge, das sich nicht weit vom Jebel Faya mit bis zu knapp 3000 Meter hohen Gipfeln 450 Kilometer lang am Golf von Oman entlang zieht. Dort fallen auch heute noch mehr Niederschläge und in manchen auch im Sommer grünen Tälern könnten einige Steinzeitmenschen durchaus gelebt haben.

Gestützt wird diese Überlegung auch von drei Arten von Süßwasserfischen, die noch heute in den Wadis und kleinen Seen des Hadschar-Gebirges vorkommen, außerhalb solcher Gewässer aber kaum überleben können. Wenn solche Gewässer die Zeiten überstanden, dürften auch kleine Gruppen von Jägern und Sammlern dort gute Chancen gehabt haben.

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