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Stickstoff lässt Vielfalt schwinden: Überdüngung drängt Pflanzenarten zurück
Stickstoffverbindungen aus Landwirtschaft, Verkehr und Industrie beeinflussen Ökosysteme – wenn auch anders, als Forscher bislang glaubten.
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Diesen Trick beherrschen nur wenige Pflanzen: Den Stickstoff aus der Luft zu holen und ihn in den eigenen Zellen zu verwenden. Im Wettbewerb haben Klee, Erle oder Lupine damit einen Vorteil gegenüber Konkurrenten.
Doch der Stickstoff, den der Mensch in die Umwelt entlässt, macht diesen Pflanzen zu schaffen und verändert die Ökosysteme, zeigen nun zwei Aufsätze in den Fachblättern „Science“ und „Science Advances“. Dazu analysierten Forschungsteams Datensätze zur Waldbodenvegetation in den gemäßigten Wäldern in Europa und den USA, die bis 1933 zurückreichen.
Hier speist auch Thilo Heinken von der Universität Potsdam Daten aus Berlin und Brandenburg ein. Der Botaniker ist an beiden Arbeiten beteiligt. Ziel sei es, „künftige Reaktionen auf menschliche Stickstoffeinträge und Klimaveränderungen besser vorherzusagen“, erklärt er in einer Mitteilung der Uni.
Im Untersuchungszeitraum ging die Vielfalt stickstofffixierender Spezies zurück, und zwar unabhängig von Trockenheit und Hitze. Das führen die Forschenden auf die Überdüngung mit Nitrat und ähnlichen Verbindungen aus Landwirtschaft, Industrie und Verkehr zurück.
Zudem hätten sich die Lebensräume anderer europäischer Waldpflanzen über den Kontinent umverteilt, und zwar nicht in Richtung des Nordpols, wie es aufgrund des erwärmten Klimas zu erwarten wäre. Die Umverteilungsmuster seien komplex, mehrere Umweltveränderungen hätten darauf Einfluss, so Heinken. Auffällig sei jedoch, dass Arten eher westlich „wandern“. Damit folgen sie dem Dünger. „Nicht der Klimawandel, sondern hohe Stickstoffeinträge in den Boden aus der Luftverschmutzung erklären diese Bewegungen nach Westen am besten“.
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