
© dpa/AP/Nasa
Suni Williams und Butch Wilmore: Erst beinahe Raumfahrt-Rentner, jetzt die berühmtesten Astronauten der Gegenwart
Es sah fast schon wie „Orbit ohne Rückkehr“ aus. Doch nun sind die „Gestrandeten der ISS“ wieder auf der Erde. Die Raumschiff-Testpiloten sind jetzt Superstars.

Stand:
Sunita Williams und Butch Wilmore sind nun wirklich zurück auf der Erde. Es hat ein wenig länger gedauert als geplant. Empfangen wurden sie nicht nur von einem „Recovery Team“, sondern auch von einem ganzen Schwarm Delfine, die um die Kapsel herumschwammen.
Vielleicht waren es Glücksbringer. Eins ist aber auch so sicher: Die beiden Rückkehrer haben ausgesorgt. Sie werden als gutbezahlte „Speaker“ auf allen möglichen Veranstaltungen von Jahreshauptversammlungen bis hin zu Motivations-Seminaren gefragt sein. Die großen US-Verlage werden ihnen Millionenvorschüsse für Bücher anbieten. Und echte Experten mit ganz besonderer und noch immer seltener Berufserfahrung, die auch als Berater gute Jobaussichten haben dürften, sind sie außerdem.
Suni Williams und Butch Wilmore sind erfahrene Astronauten. Ihre Raumfahrerkarrieren neigten sich dem Ende zu. Sie waren auch schon lange dabei gewesen. Wilmores erster Weltraumaufenthalt ist schon 16 Jahre her, und Williams flog bereits 2006 zur Internationalen Raumstation (ISS) und löste dort den inzwischen längst pensionierten Deutschen Thomas Reiter ab. Die Nasa-Veteranen sicherten sich aber einen weiteren zumindest kleinen Platz in der Raumfahrtgeschichte als die ersten Insassen einer privaten „Starliner“-Kapsel, die im Juni 2024 an der ISS andockte.
Dass die viel später als geplant, vor allem aber ohne jene Insassen, dort wieder abdockte, hat die beiden nun zu den mit Sicherheit derzeit weltweit berühmtesten aktiven Raumfahrern überhaupt gemacht.
Sogar, wenn man rund um den Globus Leute bitten würde, mal Namen noch lebender Astro- und Kosmonauten zu nennen, würden hie und da zwar vielleicht die Local Heros knapp das Rennen machen, in Deutschland etwa Alexander Gerst oder Ulf Merbold.
Doch global könnten die beiden wahrscheinlich mit den ganz Großen konkurrieren. Denn ob etwa Mondfahrer Edwin Aldrin oder die erste Frau im Weltraum, Valentina Tereshkowa, den Massen präsenter sind als Suni und Butch, darf man durchaus bezweifeln.
Vom Kurzzeit-Gast zum Langzeit-Commander
Die „ISS-Gestrandeten“, die dort oben eigentlich nichts weiter zu tun hatten, als einfach nur mit einem bestimmten neuen Raumschiff anzukommen und dann, was ja noch nicht einmal gelang, mit dem auch wieder zur Erde zurückzukehren, sie sind die „Space-Faces“ der Gegenwart.
Viel daran ist, wenn auch zufällig, ganz schön. Etwa, dass es nicht wieder nur Männer, und nicht wieder nur weiße Menschen sind. Auch, dass sie sich als unerwartet etwas länger bleibender Besuch durchaus nützlich zu machen wussten, gehört dazu.
Sie absolvierten sogar gemeinsam einen wichtigen Außenbordeinsatz. Suni Williams, die auch für mehrere Monate das Kommando der ISS übernahm, wurde damit zur weiblichen Rekordhalterin, was die bei solchen „Spacewalks“ absolvierten Stunden angeht. Und Butch Wilmore machte, unter anderem, ein spektakuläres Foto von einem Giga-Blitz.
Aber man kann sich schon auch fragen, was es aussagt, oder was es mit unseren seltsamen Zeiten zu tun haben könnte, wenn die größten Raumfahrt-Celebrities nicht solche sind, die die ganz besonderen Erst-Leistungen oder eben auch die ganz großen Rekorde vorzuweisen haben. Sondern solche, die eigentlich gar nicht dort hätten sein sollen und das auch nicht wollten.
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Ist es eine Absurdität, die besonders gut in unsere absurde Gegenwart passt? Inklusive der Tatsache, dass die Raumkapsel nun in einem Meer gewässert ist, das bei Williams’ und Wilmores Start noch unbestritten „Golf von Mexiko“ hieß, heute aber nicht mehr? Oder ist die Story von Suni und Butch vielleicht einfach nur eine moderne Odyssee-Robinsonade, und damit eben Stoff, der seit antiken Zeiten sehr gut in erfolgreiche Geschichten passt?
Mal sehen, wer von beiden zuerst sein oder ihr Buch herausbringt und wie das, was man heute so gerne „Narrativ“ nennt, dann daherkommt.
Und mal sehen, wie es heißen wird. „ISStranded“ vielleicht. Oder „Neuneinhalb Monate“.
„Die paar Extrarunden“ ginge auch. Oder schlicht „2024/25 – Odyssee im Weltraum“.
Oder, weil ja, als sie starteten, die Welt noch etwas anders aussah: „Landung auf einem seltsamen Planeten“.
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