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Menschen sitzen in einer Bar in Kopenhagen.

© imago images/Dean Pictures

Todeszahlen fast wieder auf Rekordniveau: Der dänische Weg als Warnung für Deutschland

Trotz hoher Infektionszahlen hob Dänemark als erstes EU-Land alle Beschränkungen auf. Für Deutschland mahnen Fachleute moderatere Lockerungen an.

Seit Anfang Februar gehören in Dänemark die meisten Corona-Beschränkungen der Vergangenheit an. Discos und Clubs sind wieder offen und es gibt keine Gesundheitspass-Pflicht und keine zeitliche Beschränkung für den Verkauf von Alkohol mehr. Großveranstaltungen wie Konzerte und Fußballspiele finden ohne Teilnehmerbeschränkung statt und es muss keine FFP2-Maske mehr getragen werden.

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Damit hat Dänemark als erstes EU-Land in der Omikron-Welle fast alle Beschränkungen aufgehoben. Die skandinavischen Nachbarn Schweden und Norwegen haben es nachgemacht. Die finnische Regierung hat Lockerungen vor zwei Wochen angekündigt.

Und auch die Niederlande heben schrittweise die meisten Corona-Maßnahmen auf. Ebenfalls Frankreich: Diskotheken können wieder öffnen, Konzertveranstalter dürfen Stehplätze anbieten, und in Zügen darf wieder gegessen werden. Viele Länder folgen also dem Beispiel Dänemarks.

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Doch die Pandemie ist längst nicht überwunden. Das muss nun auch die dänische Politik feststellen. Die täglichen Neuinfektionen sind in Dänemark bei einer Inzidenz von 5463 (15.2.) weiterhin auf hohem Niveau und auch die Todeszahlen kratzen am Rekordniveau vom Januar 2021.

Auch wenn sich der Anstieg der Todeszahlen nicht unmittelbar in einen zeitlichen Zusammenhang mit der Aufhebung der Beschränkungen setzen lässt, bleibt die Frage: Kam der „Freedom Day“ verfrüht? Der Mathematiker Kristan Schneider, der zur Modellierung epidemiologischer Prozesse forscht, erklärte kürzlich gegenüber dem Nachrichtenportal „T-Online“, Dänemark habe in der Pandemie-Bekämpfung schlichtweg kapituliert.

Dänemark als Vorbild für Deutschland?

Als an diesem Mittwoch die Spitzenrunde aus Bund und Ländern tagte, haben sich die Beteiligten die Zahlen aus Dänemark sicherlich genau ansehen. Denn die Forderungen nach Lockerungen werden auch Hierzulande immer lauter.

Zumindest haben sich Bund und Länder auf einen Dreistufenplan geeinigt. Demnach sollen „in einem dritten und letzten Schritt ab dem 20. März 2022 alle tiefgreifenderen Schutzmaßnahmen entfallen, wenn die Situation in den Krankenhäusern dies zulässt“.

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Zuletzt forderten die Veranstalter von Messen und Konzerten ein schnelles und fast vollständiges Ende der Corona-Beschränkungen. Doch ob Dänemark als Vorbild nützlich ist, bleibt angesichts der steigenden Zahlen fraglich.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte im Vorfeld der Ministerpräsidentenkonferenz zwar erklärt, der Höhepunkt der Omikron-Welle sei überschritten, sich aber gegen ein komplettes Zurückfahren der Corona-Auflagen ausgesprochen. Es sei Zeit für Lockerungen mit Augenmaß, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

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Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (Bremen) mahnte jedoch zur Vorsicht. „Wir brauchen eine Woche, um sicher sagen zu können, ob die Welle zurückgeht“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Dienstag. „Wir haben zum Beispiel in Dänemark gesehen, dass die Zahlen nach kurzer Pause noch einmal deutlich höher gingen.“

Ciesek hält Lockerungen für vertretbar, sieht aber auch Risiken

Auch die Virologin Sandra Ciesek bleibt skeptisch. „Die Daten und Zahlen sehen auf den ersten Blick gar nicht so gut aus“, sagte sie mit Blick auf Dänemark im „Coronavirus-Update“ des NDR.

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Das Beenden der Corona-Regeln sei gerade einmal für zwei, drei Wochen gutgegangen. Allerdings verweist sie auch auf die geringe Zahl der Intensivfälle. Landesweit werden momentan nur 31 Patientinnen und Patienten wegen Corona auf der Intensivstation behandelt.

[Lesen Sie auch: Drei Anträge liegen vor: Kommt die Impfpflicht noch vor der nächsten Welle? (T+)]

Die Zahl der Todesfälle steigt allerdings an. Trotz hoher Impfquote liegt die Zahl der täglichen Todesfälle im Sieben-Tage-Schnitt bei fast fünf Todesfällen pro 1000 Einwohnern und damit fast so hoch wie am Höhepunkt der letzten Welle im Januar 2021.

Doch der aktuelle Anstieg der Todeszahlen lässt sich teilweise durch eine geänderte Zählweise erklären: Bei rund 40 Prozent der Gestorbenen sei Covid-19 als Zweitdiagnose festgestellt, also zufällig nachgewiesen worden.

In Bezug auf Deutschland sagt Ciesek, dass der Rückgang der aktuellen Infektionszahlen in einigen Bundesländern dafür spreche, einige Corona-Regeln zu lockern. Allerdings stellt sie auch klar: „Dänemark ist für mich eine Warnung, dass man weiter vorsichtig und schrittweise öffnen sollte.“ (mit dpa)

Leonard Laurig

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