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Der Rückgang des arktischen Meereises hat Folgen für das Klima in vielen Teilen der Welt.

© Lars Grübner/Nina Machner/Alfred-Wegener-Institut (AWI)

Überraschende Folgen der Arktis-Eisschmelze: Meereisrückgang verändert globales Wetter

Der Verlust des arktischen Meereises hat globale Auswirkungen auf die Niederschläge weltweit – mit mehr Regen in einigen Regionen und Trockenheit in anderen.

Stand:

Im Februar hat die globale Meereisbedeckung einen historischen Tiefstand erreicht. In der Arktis lag sie acht Prozent unter dem langjährigen Mittel – ein neuer Negativrekord. In der Antarktis schrumpfte das Meereis sogar um 26 Prozent unter den Durchschnitt und verzeichnete damit den viertniedrigsten Februarwert. Forschende machen die globale Erwärmung für diesen alarmierenden Rückgang verantwortlich.

Doch der Verlust des Meereises hat nicht nur Auswirkungen auf die betroffenen Regionen. Eine neue Studie, die in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht wurde, zeigt, dass dieser Rückgang auch das Wetter in weit entfernten Regionen beeinflussen kann. Insbesondere die Niederschlagsmuster erfahren Veränderungen – mit teils überraschenden Auswirkungen.

Mehr Regen hier, weniger dort

Die Forschenden fanden heraus, dass der Verlust des arktischen Meereises zu einer Zunahme der Niederschläge in Spanien und Portugal und im westlichen Mittelmeerraum im Winter führen kann. In Kalifornien und im Südwesten der USA hingegen wird demnach gleichzeitig mit einer Abnahme der Niederschläge in den Wintermonaten gerechnet, was auf eine Zunahme der Trockenheit hindeuten könnte.

Der Südwesten Europas wird immer wieder von schweren Dürreperioden heimgesucht, hier bei Almeria in Spanien.

© Imago/Alice Dias Didszoleit

Die Ergebnisse deuten für die Forschenden darauf hin, dass der Rückgang des arktischen Meereises signifikante Auswirkungen auf das Klima in verschiedenen Teilen der Welt hat, insbesondere auf die Verteilung der Niederschläge, so das Fazit der Autor:innen.

Bei Extremwetterereignissen überfluten Wassermassen punktuell ganze Landstriche, wie hier im Oktober 2024 im spanischen Valencia.

© dpa/Alberto Saiz

Die Studie unter der Leitung von Forschenden des Barcelona Institute for Global Health (ISGlobal) hat einen neuartigen Ansatz verwendet, um die Auswirkungen des Verlusts des arktischen Meereises auf das globale Klima zu entschlüsseln und von anderen Faktoren im Zusammenhang mit dem Klimawandel zu isolieren.

Neue Erkenntnisse durch komplexe Modelle

Das Team entwickelte drei unterschiedlich komplexe Modelle. In jedem Modell wurden zwei Simulationen durchgeführt, eine mit der historischen Menge an Meereis in der Arktis und eine mit einer deutlich reduzierten Meereisbedeckung.

„Wir haben eine Methode entwickelt, um die Auswirkungen des arktischen Eisverlusts ohne zusätzliche Wärmeflüsse abzuschätzen und haben uns dabei auf die Auswirkungen konzentriert, die sich innerhalb weniger Jahrzehnte entwickeln“, erklärt Ivana Cvijanovic, ISGlobal-Wissenschaftlerin und Hauptautorin der Studie.

Der Rückgang des Meereises verändert die Albedo der Wasseroberflächen, also das Rückstrahlvermögen des Arktischen Ozeans. Die bei Eisverlust dunkler werdenden Wasseroberflächen absorbieren mehr Wärme in die Ozeane als zuvor die weißen Eisschichten.

Gleichzeitig hebt der Eisverlust die Isolation zwischen Atmosphäre und Meeresoberfläche auf und beeinflusst den Salzgehalt des Ozeanwassers. „Diese lokalen Veränderungen wiederum treiben eine Vielzahl von atmosphärischen und ozeanischen Telekonnektionen an, also großräumigen Klimamuster, die sich weit von der Arktis ausbreiten können“, erklären die Wissenschaftler:innen.

Keine definitiven Vorhersagen

Trotz der signifikanten Ergebnisse lässt sich nicht pauschal vorhersagen, dass es in Kalifornien dauerhaft trockener oder im Mittelmeerraum regnerischer wird. Denn neben dem Eisverlust in der Arktis gibt es viele weitere Faktoren, die auf Treibhausgasemissionen reagieren und das Klima beeinflussen, so die Forschenden. Dazu gehören atmosphärische und ozeanische Rückkopplungen und Zirkulationsänderungen, der Meereisverlust in der Antarktis oder Rückkopplungen mit der Vegetation.

Am Ende fanden die Forscherinnen und Forscher jedoch verblüffende Ähnlichkeiten zwischen den Anomalien in den atmosphärischen Zirkulationsmustern der vergangenen Jahrzehnte und den in ihrer Studie simulierten Mustern: „Vor allem bei Ereignissen wie der kalifornischen Dürre von 2012 bis 2016“, sagt Ivana Cvijanovic.

Desislava Petrova, Mitautorin der Studie, ist überzeugt, dass die Ergebnisse dazu beitragen werden, den Einfluss des Phänomens zu verstehen und die globalen Vorhersagen zu verfeinern.
  

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