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Berlins Universitäten wollen Produkte aus der grünen Chemie an den Markt bringen und haben dafür eine GmbH gegründet.

© Getty Images / Guido Mieth

Von der Forschung zum Startup: Berliner Unis gründen Gesellschaft für Chemieprodukte

Eine eigene Gesellschaft der Berliner Universitäten soll Forschenden helfen, etwa neue Materialien an den Markt zu bringen. Sie richtet sich an Chemiker und wird zunächst mit fünf Millionen Euro gefördert.

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Mit der Berlin University Alliance sind die drei großen Unis der Hauptstadt und die Charité zusammengerückt, kooperieren mehr in der Forschung und bewerben sich gemeinsam um Fördergelder. Jetzt haben sie erstmals eine eigene gemeinnützige Gesellschaft gegründet. Sie soll Forschenden im Bereich der Chemie dazu verhelfen, Startups zu gründen und Ideen aus der Forschung an den Markt zu bringen. Die „Innovate Lab“ gGmbH bekommt dafür fünf Millionen Euro von der Joachim-Herz-Stiftung.

Die drei Verbundunis (Humboldt-Universität, die Freie und die Technische Universität Berlin) und die Charité tun bereits einiges, um den Gründergeist ihrer Studierenden und Wissenschaftler:innen zu fördern. Alle Unis haben eigene Startup-Beratungen für die frühe Phase der Ideenentwicklung und einen gemeinsamen Service namens „Science and Startups“. Außerdem sind sie Teil des neu gegründeten Plattform „Unite“, die Kapitalgeber und Wissenschaftler aus Berlin-Brandenburg vernetzen soll.

Die neue Gesellschaft richtet sich konkret an Wissenschaftler:innen aus der Chemie mit Business-Idee. Die Firma finanziere Vorbereitungsphase für die Ausgründung, sagt BUA-Geschäftsführerin Alexandra-Gwyn Paetz. Und sie stelle, überwiegend über die Unis, Infrastrukturen wie Büros und Labore bereit, etwa zur Entwicklung von Prototypen. Eventuell können auch Rechenkapazitäten und Materialien angeschafft werden. Zudem bietet die „Innovate Lab“ Beratung an und hilft dabei, mit potenziellen Kapitalgebern oder auch Forschenden mit ähnlichen Ideen in Kontakt zu kommen.

Allein, eine Hilfskraft einzustellen, dauert an der Uni Monate. Diese Zeit haben Teams mit Produktidee nicht, wenn sie an den Markt wollen.

Alexandra-Gwyn Paetz, Geschäftsführerin der Berlin University Alliance

Bis zu zehn Vorhaben sollen in der ersten Phase finanziert werden. Denkbar seien nachhaltige Materialien oder Technologien zur ressourcenschonenden Wertschöpfung, heißt es in einer Mitteilung. In einer ersten Umfrage, wie groß das Interesse ist, habe es schon 40 Einreichungen gegeben, sagt Paetz. Der Call für die erste Bewerbungsrunde soll im Sommer online gehen. „Der Reifegrad darf unterschiedlich sein“, sagt Paetz. Ein fertiger Businessplan ist also kein Muss. Außerdem würden man nicht nur Ausgründungen fördern, sondern auch Ideen, die in Kooperation mit schon existierenden Unternehmen entwickelt werden.

Gelingt der Berlin University Alliance mehr Transfer – also Erkenntnisse in Anwendungen zu verwandeln – wäre das ein weiteres Markenzeichen, das die gesellschaftliche Bedeutung der Unis untermauern würde. Umso mehr in Zeiten schwächelnder Wirtschaft, in der aus der Politik regelmäßig zu hören ist, Deutschland müsse „innovationsstärker“ werden. Gerade Forschungseinrichtungen und Universitäten sind derzeit gefragt, neue Patente, Produkte und Dienstleistungen an den Markt zu bringen.

Berlin will mehr „Deep Tech“ schaffen

So spricht auch Berlins Wissenschafts-Staatssekretär Henry Marx (SPD) in seinem Statement zu Gründung der BUA-Gesellschaft davon, Berlin könne mit seiner „engen Verbindung zwischen Industrie und Wissenschaft“ eine wichtige Rolle für Deutschland einnehmen. „Gerade im Bereich der chemischen und energieintensiven Produktion liegen hier große Chancen.“

Die Berliner Wissenschaft ist in der Chemie bereits relativ stark: Am Exzellenzcluster „Unisyscat“ wird etwa an Biokatalysatoren geforscht. Im Mai wird bekannt, ob seine öffentliche Millionenförderung für weitere sieben Jahre bekommt. Und im Projekt „GreenChem“ wird, dank einer Bundesförderung von 10 Millionen, in Berlin und Umland an bahnbrechenden Erfindungen („Deep Tech“) getüftelt.

Warum braucht es da noch eine eigene Chemiegesellschaft der BUA? Um Gründungen aus dem Uni-Umfeld zu beschleunigen, erklärt Paetz. Öffentliche Einrichtungen wie Unis unterlägen einer Reihe an Regularien, was Prozesse erschwere. „Allein der Einstellungsvorgang für zum Beispiel eine Hilfskraft dauert Monate. Diese Zeit haben Teams mit Produktidee nicht, wenn sie an den Markt wollen.“ Gleiches gelte für den Einkauf von Dienstleistungen oder Materialien bestellen möchte.

Schneller und leichter soll dank der eigenen Firma also alles werden. Sollte das Interesse aus der Forschung groß sein, braucht es wohl weiteres Kapital: Die fünf Millionen von der Herz-Stiftung dürften dann schnell aufgebraucht sein.

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