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Die Charité.

© picture alliance/dpa / Bernd von Jutrczenka

Update

Vorstoß von Jürgen Zöllner: Ex-Senator schlägt Beteiligung des Bundes an gesamter Charité vor

Berlins ehemaliger Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner denkt groß: Der Bund solle insgesamt bei der Charité einsteigen. Das BMBF reagiert ablehnend.

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Berlins ehemaliger Wissenschafts- und Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) ist in seiner langen Karriere immer für große politische Würfe gut gewesen. Jetzt hat er noch einmal weit ausgeholt: Zöllner schlägt vor, dass der Bund finanziell umfassend in die gesamte Charité einsteigt. Diese solle dann von Bund und Land Berlin gemeinsam getragen werden.

Die Charité sei weltweit führend, sagte Zöllner am Dienstag in Berlin. Diese Position sei aber kein Selbstläufer: „Sie wird nur gehalten, geschweige denn ausgebaut werden können, wenn die Charité insgesamt, also einschließlich Krankenversorgung, von Land und Bund gemeinsam getragen und verantwortet wird.“

Zöllner sprach auf der Feier zu zehn Jahren „Private Exzellenzinitiative Johanna Quandt“. Dahinter steckt viel Geld – 40 Millionen Euro in besagten zehn Jahren –, das die inzwischen verstorbene Milliardärin der Stiftung Charité gegeben hatte, um das Berlin Institute of Health (BIH) mit aufzubauen.

Das BIH ist bekanntlich ein Prestigeprojekt der medizinischen Forschung, hauptsächlich getragen vom Bund, das maßgeblich von Zöllner initiiert wurde. Inzwischen ist es in die Charité integriert. Das BIH kümmert sich vor allem darum, dass Grundlagenforschung schnell in konkreten Nutzen für Patient:innen „übersetzt“ wird, etwa neue in Therapien oder Medikamente.

Zöllner ist mit der Berliner Unimedizin eng verbunden

Dass Quandt damals zusätzliche Privatmittel für das BIH versprach, habe dessen Planung ungemein beschleunigt, erinnerte sich Zöllner. Der Berliner Universitätsmedizin ist er nach dem Ausscheiden aus seinem Senatorenamt als langjähriger Vorstand der Stiftung Charité immer eng verbunden gewesen – und so ist auch sein jetziger Vorstoß zu verstehen.

Jürgen Zöllner war von 2006 bis 2011 Senator in Berlin und zuvor lange Minister in Rheinland-Pfalz.

© Doris Spiekermann-Klaas TSP

Würde der Bund tatsächlich bei der gesamten Charité samt Krankenversorgung einsteigen, ginge das weit über das BIH hinaus. Es wäre eine wissenschaftspolitisch weitreichende Entscheidung, fast eine Sensation. Eine entsprechende Grundgesetzänderung macht einen solchen Einstieg des Bundes seit langem theoretisch möglich, dieser Artikel im Grundgesetz wird von der Politik aber seit Jahren quasi ignoriert.

Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) ging in ihrem anschließenden Grußwort nicht auf Zöllners Idee ein, ebenso wenig Berlins Wissenschaftsstaatssekretärin Armaghan Naghipour (parteilos). Für das Land Berlin hatte Zöllner noch einen Vorschlag parat: Das Land solle zu jedem Euro, den die Stiftung Charité einwerbe, 50 Cent aus Landesmitteln geben, genauso wie es bei der Einstein-Stiftung vorgesehen ist.

BMBF reagiert ablehnend

Auf Nachfrage teilte die Wissenschaftsverwaltung später mit, Berlins Wissenschaftssenatorin Ulrike Gote (Grüne) wolle sich zu beiden Themen zunächst nicht äußern. Das Bundesforschungsministerium reagiert auf Anfrage eher ablehnend. Es verwies zwar auf die „sehr erfolgreiche“ Zusammenarbeit von Bund und Berlin beim BIH sowie die Projektmittel des Bundes, die im Rahmen der Forschungsförderung an die Charité fließen. „Eine Finanzierung des Versorgungsbereichs/Klinikums der Charité durch den Bund ist von Art. 91b GG hingegen nicht abgedeckt“, teilte eine Sprecherin mit.

Für die Initiative Quandts gab es auf der Veranstaltung naturgemäß viel Lob. Zöllner sagte, diese habe Schwerpunktsetzungen ermöglicht, die mit öffentlichen Geldern so nicht möglich gewesen wären. Er hob insbesondere die „Johanna-Quandt-Professuren“ hervor, die ausschließlich für Frauen und ohne einen vorgegebenen Fachbereich ausgeschrieben wurden.

Die durch das Programm eingeführte Personalkategorie „Clinical Scientists“ sei bundesweit nachgeahmt worden. Insgesamt wurden 550 Personen gefördert.

Stefan Quandt und Susanne Klatten, die Kinder von Johanna Quandt, setzen das Programm fort. Das hatte die Stiftung Charité schon im vergangenen Jahr angekündigt. Bis 2026 geben sie dafür rund 15 Millionen Euro. Neue Schwerpunkte sind vorgesehen, etwa zu Open Science. Dies soll dazu beitragen, dass sich die Wissenschaft noch mehr für die Zivilgesellschaft öffnet.

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