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Weniger Erstsemester in Mint-Fächern: Experten warnen vor Verschärfung des Fachkräftemangels
Deutschland, das Land der Ingenieure? Das war einmal, das Interesse junger Menschen an einem Studium nimmt ab. Besonders trifft es die Elektrotechnik und den Maschinenbau.
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Nicht nur in Pflege, Lehramt und Handwerk fehlt viel Personal. Längst hat der Fachkräftemangel auch die Ingenieurwissenschaften und die Informatik erreicht. Studien des Instituts der deutschen Wirtschaft und des Digitalverbands Bitkom zufolge fehlen aktuell in beiden Branchen bundesweit je 150.000 Arbeitnehmer, Tendenz steigend. Umso wichtiger wäre es also, dass die Technischen Universitäten und Fachhochschulen reichlich neue Studierende ausbilden. Das ist aber nicht der Fall.
Zwar steigt der Studienanteil in der zwölf Disziplinen umfassenden Fachgruppe wieder leicht. In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Erstsemester aber um 11.000 auf knapp 110.000 gesunken. Das geht aus einer Erhebung des Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) hervor.
Besonders heftig getroffen hat es die Elektrotechnik und den Maschinenbau. Das zeigt sich auch in Berlin und Brandenburg. In Berlin gab es, gemessen an den Zahlen von 2013/14, jeweils einen Rückgang der Neustudierenden um 22,7 Prozent. In Brandenburg hat sich der Anteil der Maschinenbau-Novizen sogar mehr als halbiert. In der Elektrotechnik brach gut ein Viertel der Studierenden weg.
Noch gravierender sind die Verluste in anderen Ländern. Etwa 70 Prozent der Erstsemester verloren Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Bremen und das Saarland in jeweils einem der beiden Studienfächer.
Informatik ist der einzige Lichtblick
Dass die Zahl der Erstsemester bundesweit nicht stärker gesunken ist, liegt am Zuwachs in der Informatik. Im Vergleich zu 2013/14 sind heute etwa 9300 Neustudierende mehr eingeschrieben. Um ganze 265 Prozent und damit bundesweit am stärksten gestiegen ist ihr Anteil prozentual in Brandenburg. Auch in Berlin hat sich die Zahl der Studienbeginner um ein Drittel erhöht. Zurückzuführen ist das Plus auf ausländische Studierende. Von den knapp 9300 zusätzlichen Neulingen haben 7683 keinen deutschen Pass.
Deutschlandweit studieren 748.705 Personen und damit 26 Prozent aller Studierenden in den Ingenieurwissenschaften und der Informatik. Mit Blick auf den Trend im Fachbereich prognostizieren die Studienautoren eine weitere „Verschärfung“ des Fachkräftemangels. Die „zahlreichen Bemühungen von Politik und Fachverbänden, mehr junge Menschen in Deutschland für einen sogenannten MINT-Studiengang zu gewinnen, scheinen bisher nicht aufgegangen zu sein“, heißt es weiter.
Grund zur Sorge bereitet außerdem die hohe Abbrecherquote. Teilweise quittieren mehr als 40 Prozent der Studierenden ihr Studium vor dem Bachelorabschluss. Um attraktiver für ausländische Studierende zu sein, die zunehmend unverzichtbar werden, könnten Seminare künftig vermehrt auf Englisch angeboten werden, schlagen die Autoren vor.
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