zum Hauptinhalt
Nach der Kritik durch den Bundesrechnungshof trat der Fraunhofer-Präsident zurück, nachdem sein Rückzug bereits überfällig war.

© IMAGO/Wolfgang Maria Weber/IMAGO/Wolfgang Maria Weber

Wiarda will’s wissen: Fraunhofer-Prüfbericht lässt hinter die Kulissen blicken

Das Bundesforschungsministerium hat nun nach langer Verzögerung seinen Bericht zur Fraunhofer-Affäre veröffentlicht. Nach dem Rechnungshof-Bericht enthüllt dieser zwar nicht viel Neues – gewährt aber tiefergehende Einblicke.

Eine Kolumne von Jan-Martin Wiarda

Es hat bis nach dem Rücktritt Reimund Neugebauers gedauert, bevor das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) jetzt endlich Einsicht in seinen Fraunhofer-Prüfbericht gewährt hat. Rund ein Jahr nach dem ersten diesbezüglichen Antrag im Einklang mit dem Informationsfreiheitsgesetzes (IFG). Initiiert hatte die Ermittlungen in der Zentrale der Forschungsgesellschaft der frühere BMBF-Staatssekretär Thomas Sattelberger kurz nach seinem Amtsantritt Anfang 2022.

Man wolle den Bericht ja veröffentlichen, versicherte das BMBF wiederholt. Doch Fraunhofer legte Widerspruch ein, der musste erst bearbeitet werden. Und obwohl größtenteils abgelehnt, dauerte es weitere Monate, bis der entsprechende Bescheid nun laut BMBF „Bestandskraft“ erhielt.

Hat sich das Fraunhofer-Zeitspiel also gelohnt? Zumindest hat es den Rückzug Neugebauers womöglich herausgezögert, obwohl bereits im Februar auch die Münchner Staatsanwaltschaft bestätigte, wegen des Verdachts der Verschwendung von Steuergeldern bei Fraunhofer zu ermitteln.

Weil der Bundesrechnungshof (BRH) seinen – später entstandenen – Bericht längst veröffentlicht hat, bietet das BMBF-Dokument selbst nicht mehr wirklich viel Neues. „Zahlreiche Verstöße gegen interne und externe Regeln“ erkannte der BRH, vor allem für Reisen, Dienstfahrzeuge, Bewirtungen und Veranstaltungen seien rechtliche Vorgaben unzureichend beachtet worden, es habe eine Kultur des Wegschauens geherrscht, die interne Revision sei weitgehend untätig geblieben.

Die BMBF-Prüfer listeten ihrerseits verschiedene Beispiele für „immanente Prozessfehler“ und „Besserstellungen von Reisenden“ auf – über die der Tagesspiegel erstmals im November 2022 berichtete, nachdem ihm der noch unveröffentlichte Ministeriumsbericht zugespielt worden war.

Umso aufschlussreicher ist dafür jetzt der schriftliche Schlagabtausch, den sich Fraunhofer und BMBF im Anschluss an das Prüfverfahren geliefert haben und den das Ministerium ebenfalls in seiner IFG-Antwort mitlieferte.

So beharrte die unter anderem für „Unternehmenskultur“ zuständige Fraunhofer-Vorständin Elisabeth Ewen Anfang September 2022 in einem siebenseitigen Brief ans BMBF darauf, dass „eine mögliche Schadensbetrachtung nicht auf die reisekostenrechtliche Sichtweise“ reduziert werden dürfe, sondern „ganzheitlich“ erfolgen müsse. Insbesondere sei die in der Fraunhofer-Satzung verankerte „Stellung des Präsidenten“ zu „würdigen“. Hier scheint es wieder durch, Fraunhofers großes Problem, dass man offenbar meinte, selbst die Maßstäbe definieren zu können, die man fürs Spesen-Handling für angemessen hielt.

Woraufhin das BMBF scharf im Oktober 2022 antwortet: Das Bundesreisekostengesetz gelte „für alle Dienstreisenden gleichermaßen“. Und: Man sei sich Ewens „Einverständnis sicher“, dass es gemeinsames Interesse aller Beteiligten sei, „die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung“ für den Empfang öffentlicher Gelder „nicht ansatzweise infrage stellen zu können.“

Der demonstrativ-moralische Zeigefinger des Ministeriums steht allerdings in einem auffälligen Gegensatz zu der Darstellung in Ewens Brief, das BMBF habe „das in der Vergangenheit praktizierte Verfahren“ 2017 schriftlich so „intendiert“ und trotz jährlicher Berichte bis zur Prüfung nicht hinterfragt.

War man lange allzu verständnisvoll im BMBF und will deshalb jetzt umso strenger wirken? Jedenfalls berichtete der BRH unter anderem: Dreimal habe ein Fraunhofer-Vorstand ein damaliges BMBF-Leitungsmitglied bewirtet, das zu dem Zeitpunkt für die Vergabe der Zuwendungen an Fraunhofer zuständig gewesen sei. Wobei man den BRH-Angaben zufolge für insgesamt 1270 Euro tafelte und trank.

Der scharfe Briefwechsel zeigt: Es gibt noch viel aufzuarbeiten. Bei Fraunhofer den Umgang mit Geldern und die Kultur, die dazu führte. Und im BMBF die eigene Rolle zwischen Hinsehen und Nicht-Sehen-Wollen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false