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Bauarbeiter bauen eine Mauer, sie werden von bewaffneten Uniformierten bewacht.

© picture-alliance/ dpa

Berliner Ausstellung zum Kalten Krieg: Wie der Eiserne Vorhang porös wurde

Das Berliner Kolleg Kalter Krieg erforscht vernachlässigte Aspekte der Ost-West-Konfrontation - und hat jetzt eine informative Ausstellung dazu präsentiert.

Dem Offizier Stanislaw Petrow ist es womöglich zu verdanken, dass 1983 kein Atomkrieg ausbrach. Meldungen eines sowjetischen Frühwarnsystems am 26. September, nach denen mehrere US-Interkontinentalraketen gestartet sein sollten, stufte Petrow zu Recht als technischen Fehler ein. Ein 30 Jahre später aufgenommenes Bild – zu sehen in einer neuen Berliner Ausstellung zum Kalten Krieg – zeigt ihn als nachdenklichen, hageren Schnurrbartträger in Zivil.

Das Bonbon, das Honecker Schmidt zum Abschied reichte

Petrows Besonnenheit gehört zu den vielfältigen „Formen der Konfliktmoderierung und -eindämmung“, mit denen Ausstellungsmacher Bernd Greiner verbreitete Sichtweisen auf den Kalten Krieg ergänzen will. Willy Brandts Warschauer Kniefall von 1970 oder – auf einer ganz anderen Ebene – das Bonbon, das Erich Honecker 1981 Helmut Schmidt auf dem Güstrower Bahnhof zum Abschied durchs Zugfenster reichte: Die 22 Text- und Bildtafeln zur Geschichte der Konfrontation der Supermächte USA und Sowjetunion und ihrer Verbündeten zwischen Mitte bis Ende der 40er Jahre und 1989 sind durchzogen von solchen Momenten, in denen der „Eiserne Vorhang porös wurde“, wie Greiner sagt.

Vernetzt mit Zentren der Cold War Studies weltweit

Erarbeitet hat Greiner die Ausstellung am von ihm geleiteten Berliner Kolleg Kalter Krieg. Es wurde vor einem Jahr als gemeinsames Projekt des Hamburger Instituts für Sozialforschung, des Instituts für Zeitgeschichte in München und Berlin, der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Humboldt-Universität zu Berlin gegründet. Zum Programm gehören jährlich zwei Stipendiaten, die zu in Deutschland bislang vernachlässigten Aspekten des Kalten Krieges forschen, eigene Vorhaben von beteiligten Wissenschaftlern, aktuell zu „Grenzen des Kalten Krieges/Compromising the Cold War“ und eine neue Ringvorlesung zum selben Thema, die im Herbst startet. Über all dies sowie über andere Zentren der Cold War Studies weltweit informiert die neue Homepage des Kollegs.

Die Ausstellung läuft bundesweit - und im Ausland

Das bislang greifbarste Arbeitsergebnis ist Greiners knapp und allgemeinverständlich betextete und reich bebilderte Ausstellung. Offiziell eröffnet wurde sie am Dienstagabend in der Bundesstiftung Aufarbeitung, verfügbar ist sie aber schon seit September 2015 – in 1500 Sätzen der 22 Tafeln. Gut 800 Ausstellungen seien bereits bundesweit von Landeszentralen für Politische Bildung, Schulen und anderen lokalen Kultur- und Bildungseinrichtungen geordert worden, heißt es. Interessenten im Ausland können sich Texte und Bilder herunterladen und als Plakate ausdrucken. Bislang wird das Material auf Deutsch, Englisch, Spanisch, Französisch und Russisch angeboten, weitere Übersetzungen sind geplant.

Die Ausstellung soll möglichst viele Weltgegenden erreichen, die in den Kalten Krieg verwickelt waren. 150 Mal eskalierte er auf der südlichen Halbkugel in heißen Kriegen. Der Einfluss von außen führte jeweils dazu, dass regionale Konflikte ausgeweitet, verschärft und verlängert wurden, erklärt Greiner. Das bedeutete allein in Nicaragua für 30 000 Menschen den Tod, in Angola sind bis heute riesige landwirtschaftliche Flächen mit Landminen durchsetzt und damit nicht nutzbar.

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