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Der damalige französische Präsident François Hollande umarmt nach der Annahme des Abkommens Christiana Figueres von der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen. Der damalige französische Außenminister Laurent Fabius (rechts) hatte die Verhandlungen in Paris geleitet.

© REUTERS/STEPHANE MAHE

Zehn Jahre UN-Klimaabkommen: Hallo, Berlin? Es lebe Paris!

Die Klimaziele von Paris könnten zu hoch gesteckt sein – sagen zumindest Regierungen, die sie in ihren Ländern umsetzen sollen. Aber wir müssen ihnen das nicht abnehmen.

Patrick Eickemeier
Ein Kommentar von Patrick Eickemeier

Stand:

Am 12. Dezember 2015 vereinbarten 195 Staaten in Paris ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen zum Schutz des Klimas. Den einen sind die damals formulierten Ziele noch zu vage, den anderen gehen sie viel zu weit. Doch zehn Jahre danach ist eines klar: Das „Pariser Klimaabkommen“ war nützlich, es hat Blockaden beseitigt, es hat die Welt verändert.

Natürlich kann man behaupten, der Klimawandel sei ein Schwindel, und aus der Übereinkunft austreten, wie die USA unter Donald Trump. Völkerrechtliche Sanktionen sind nicht zu befürchten, denn das Abkommen gründet sich auf Freiwilligkeit und nationale Selbstverpflichtungen. Aber dafür ist das Abkommen seit zehn Jahren die Richtschnur. Nationale Klimapolitik, auch in Deutschland, muss sich daran bemessen lassen. Aus der Nummer kommen wir so schnell nicht mehr raus. Und das ist gut so!

Die Staatengemeinschaft hat sich darauf geeinigt, „den Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur deutlich unter zwei Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu halten“ und „Anstrengungen zu unternehmen“, sie unter 1,5 Grad zu halten. Warum? Weil erkannt wurde, dass „dies die Risiken und Auswirkungen der Klimaänderungen erheblich verringern würde“.

Im Ahrtal verursachten extreme Niederschläge im Jahr 2021 eine katastrophale Überschwemmung.

© dpa/Boris Roessler

Zehn Jahre sind vergangen. Zehn Jahre voller Beispiele für diese Risiken und Auswirkungen. Menschen verloren ihr Leben, ihre Heimat, ihre Existenz, ihre Zukunft. Nicht nur in fernen Ländern, auch mitten in Europa, sogar in Deutschland. In Zukunft wird es wegen der fortschreitenden Erwärmung voraussichtlich noch mehr Menschen so ergehen.

Dennoch vernehmen wir öffentliche Aussagen von Entscheidern, die viel Sachkenntnis vermissen oder unter den Stammtisch fallen lassen. Immer mit dem Grundton: Man dürfe es ja auch nicht übertreiben, mit dem Klimaschutz.

Das soll nach Besonnenheit klingen, aber es ist banal. Und was sich als vermeintliche Vernunft tarnt, soll vielleicht auch nur Zeit gewinnen, noch ein paar Jahre und Jahrzehnte mehr für die Kohle-, Öl- und Gasindustrie.

Das Kleinreden der zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels gefährdet die Energiewende. Und damit auch den Industrie- und Innovationsstandort Deutschland.

Ein beliebtes Argument der Blockierer und Verlangsamer ist, dass Deutschland nur zwei Prozent des weltweiten Ausstoßes von Kohlendioxid verursache. So sagte es auch Bundeskanzler Friedrich Merz im Sommer. Deutschland könne „keine einzige klimabedingte Katastrophe verhindern, selbst wenn es sofort klimaneutral“ würde und nicht erst, wie geplant, im Jahr 2045.

Der Ausbau der Erneuerbaren, wie etwa Photovoltaik, schreitet weltweit voran, vor allem, weil er sich lohnt.

© IMAGO/imageBROKER/Manuel Kamuf

In der Sache ist das mindestens fragwürdig, aber Merz ist ja auch nicht als Klimaexperte gewählt worden. Seine Äußerung lässt Deutschlands historische Verantwortung außer Acht. Merz weiß, dass Deutschland unter den größten CO₂-Freisetzern der Welt rangiert. Ihm könnte zudem auffallen, dass nicht jedes eine Prozent der Weltbevölkerung, wie etwa wir Deutschen, Anspruch darauf erheben kann, zwei Prozent der Emissionen zu verursachen. Es gibt kein Gewohnheitsrecht auf einen überproportionalen Ausstoß.

Merz stellte auch infrage, ob „wir das tatsächlich so erreichen können, wie wir es uns vorzeitig zusammen vorgenommen haben“. Aber er sagte auch: „Wenn dies möglich ist, tun wir alles, um es zu ermöglichen.“ Bitte nicht zu lange darüber nachdenken.

Sicher: Respekt vor der Jahrhundertaufgabe Klimaschutz ist angebracht, aber Bedingungen dafür zu stellen, sich daran zu beteiligen, ist es nicht. Zumal Klimaschutz möglich ist. Paris wirkt.

2015 musste man sich noch auf drei bis vier Grad Erwärmung bis zum Jahr 2100 einstellen. Heute rechnet man mit zwei bis drei Grad. In erneuerbare Energien wird heute bereits etwa doppelt so viel investiert, wie in fossile Brennstoffe. Ihr Anteil an der Energieversorgung wächst. Sie liefern ihren Beitrag zum Einhalten der Temperaturziele von Paris. Tun wir es auch!

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