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Luftbild von gerodeten Goldabbaugebieten im Regenwald Guyanas. Foto: Daniel Rosengren/ZGF

© Daniel Rosengren/ZGF

Zerstörerische Wertanlage: Regenwald zahlt hohen Preis für Gold aus Amazonien

Goldsuche in Amazonien hinterlässt Mondlandschaften. Forscher haben geprüft, ob sich der Regenwald erholen kann.

Krisenzeiten sind Goldzeiten. Wenn Aktienkurse fallen, investieren viele Käufer in Gold. Die Nachfrage in der Covid-19-Pandemie übersteigt das Angebot von Händlern und der Preis liegt so hoch wie in der Weltwirtschaftskrise.

Doch es gilt auch andersherum: Goldzeiten sind Krisenzeiten. In Fördergebieten in Südamerika zerstören Goldsucher legal und illegal artenreiche Regenwaldgebiete.

Ein Forschungsteam um Michelle Kalamandeen von der Universität Cambridge hat in Guayana im nordöstlichen Südamerika untersucht, ob sich der Wald vom Goldabbau erholen kann. Der ökologische Fußabdruck ist tief.

Große Flächen werden umgegraben, illegal auch mitten in Schutzgebieten, und das Edelmetall wird mit Quecksilber aus Gestein, Sand und Schlamm gewonnen. Das Metall bindet Goldpartikel. Zur Trennung wird es verdampft und setzt sich in der Umgebung wieder ab. Quecksilber verseucht Böden und Wasser.

Kein neuer Bewuchs

Für die von der Geologie- und Bergbaukommission von Guyana unterstützte Feldstudie steckte Kalamandeens Team zwei aufgegebene Abbauflächen ab, nahm Bodenproben, erfasste den Bewuchs und untersuchte die Flächen nach 18 Monaten erneut.

„Der Goldabbau schädigt die Wälder stark und sie sind kaum in der Lage, sich wieder zu regenerieren“, sagt Kalamandeen. An den Untersuchungsstandorten wuchsen bis zu vier Jahre nach dem Goldabbau keine neuen Bäume oder Sträucher. Die gemessenen Wachstumsraten gehören zu den niedrigsten für tropische Wälder.

Ursache dafür ist nicht die Quecksilberbelastung, berichten die Wissenschaftler in der Zeitschrift „Journal of Applied Ecology“, sondern der Mangel an Nährstoffen in dem vom Abbau freigelegten Boden. Wo die abgetragene Erde abgeladen worden war, konnte sich der Wald besser erholen. Die Wachstumsraten entsprechen denen von Sekundärwäldern, die auf ehemaligen Acker- oder Weideflächen wachsen.

Entwaldung und Verschmutzung

Die aufgegebenen Standorte waren stark mit Quecksilber belastet. An aktiven Abbaustätten werden jedoch noch 250-mal höhere Quecksilberkonzentrationen gemessen. Das Schwermetall werde wahrscheinlich relativ schnell ausgeschwemmt, vermuten die Forscher.

Da es sich in der Nahrungskette anreichert, besteht große Vergiftungsgefahr für Menschen, die Fisch aus den Gebieten essen. „In den Haaren von Einwohnern in der Nähe von Goldabbaugebieten werden gefährlich hohe Quecksilberkonzentrationen nachgewiesen“, sagte Astrid Aguilar dem Tagesspiegel.

Die Goldsucher schleppten auch Malaria in abgelegene Gebiete ein. Für Indigene sind Krankheiten, auch Covid-19, lebensbedrohlich.

Die Peruanerin Aguilar arbeitet für die Zoologische Gesellschaft Frankfurt, die Naturschutzprojekte in vier südamerikanischen Ländern unterstützt. Illegaler Goldabbau ist auch in Peru und Brasilien ein Problem. „Meist werden Landwirtschaft und Viehzucht als Treiber der Entwaldung in Amazonien genannt, aber Goldabbau gehört dazu“, sagt Aguilar.

Run auf Gold zerstört Regenwald

In Kalamandeens Studie wurde hochgerechnet, wie viel Wald im gesamten Amazonasgebiet durch Goldabbau zerstört wird. Rund zwei Millionen Tonnen zuvor im Boden und Pflanzen gebundener Kohlenstoff wurden demnach freigesetzt.

Da sich der Wald so schlecht erhole, vermindere der Goldabbau zudem die Aufnahmefähigkeit des Waldes um rund 20 000 Tonnen Kohlenstoff pro Jahr.

Der hohe Goldpreis treibe die illegalen Aktivitäten weiter an. „Das letzte Mal, als der Goldpreis seinen Höchststand erreichte, folgten die Entwaldungsraten“, sagt Aguilar. Investoren sollten sich bewusst sein, dass der Run auf Gold zur Zerstörung des Regenwaldes beiträgt.

Im Jahr 2013 wurden 145 Tonnen Gold aus illegalem Abbau in Amazonasländern auf den Weltmarkt gebracht, was einem Anteil von etwa fünf Prozent entsprach. Seither hat der Goldbergbau rapide zugenommen, insbesondere im Nordosten, wo er für bis zu 90 Prozent der Entwaldung verantwortlich ist.

„Wir brauchen groß angelegtes Wiederaufforstungsmanagement und die Durchsetzung von Gesetzen, um indigene Völker und den Wald zu schützen“, sagt Kalamandeen. Es könnte ein Wettlauf mit der Zeit werden, so die Forscherin.

Die Goldsucher reagierten bereits auf den Anstieg des Goldpreises. Zudem werden gegenwärtig etwa 1,3 Millionen Quadratkilometer des Amazonasgebietes für neue Bergbauaktivitäten erkundet.

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