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Die deutschen Rollstuhlbasketballer feiern den ersten Einzug ins Halbfinale seit 32 Jahren.

© IMAGO/Beautiful Sports

Zum ersten Mal seit 32 Jahren: Rollstuhlbasketballer erreichen Halbfinale in Paris

Den deutschen Rollstuhlbasketballern fehlt in Paris noch ein Sieg bis zur Medaille. Im Viertelfinale gelang der Mannschaft am Dienstag die Revanche gegen Angstgegner Spanien.

Von Tim Hensmann

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Die deutschen Rollstuhlbasketballer lagen sich nach dem Viertelfinalsieg gegen Spanien in den Armen. Spieler Jan Haller, den die Emotionen überwältigten, brach in Tränen aus. „Für uns alle ist es eine riesige Erleichterung, besonders für die, die wie Jan schon länger dabei sind“, sagte Teamkollege Nico Dreimüller nach der Partie am Dienstag. „Wir sind so oft knapp gescheitert, auch im Viertelfinale der letzten WM. Jetzt bei einem so großen Turnier im Halbfinale zu stehen und die Chance zu haben, weiterzukommen – das ist einfach ein großartiges Gefühl.“

Nach zwei Niederlagen in den vergangenen Paralympics-Viertelfinals gegen Spanien gelang dem Team von Trainer Michael Engel in Paris der langersehnte Einzug ins Halbfinale. Mit einem 57:49-Sieg sicherte sich das deutsche Männer-Team in der Bercy Arena erstmals seit 1992 wieder einen Platz unter den besten vier Mannschaften der Welt.

Nach der Niederlage gegen Kanada am Vortag blieben den deutschen Rollstuhlbasketballern weniger als zwanzig Stunden, um sich auf das entscheidende Viertelfinale vorzubereiten. Der Druck war hoch, denn die Spanier, die bereits 2016 in Rio und 2021 in Tokio die Medaillenträume der Deutschen im Viertelfinale beendeten, standen erneut als Gegner bereit. „Das habe ich zwar versucht auszublenden, aber das ging nicht immer ganz“, sagte Dreimüller.

Von Beginn an war zu spüren, dass die Deutschen diesmal entschlossener als gegen Kanada beginnen wollten. „Wir sind viel intensiver ins Spiel gestartet, haben härter verteidigt und mit viel mehr Emotionen gespielt“, sagte Teamkollege Thomas Böhme. Die Mannschaft habe sich vorgenommen, die Korbverteidigung, die in den vergangenen Jahren immer wieder den Ausschlag zugunsten der Spanier gab, zu verbessern. „Das haben wir heute geschafft“, so Böhme.

Defensiv stark, offensiv teils holprig

Die Partie begann ausgeglichen. Spanien ging zunächst durch Ignacio Ortega, der in Ehren an Kobe Bryant die Nummer 24 trägt, in Führung. Doch die Deutschen ließen sich nicht beirren und kämpften sich schnell zurück ins Spiel. Dreimüller und Böhme sorgten mit wichtigen Treffern dafür, dass Deutschland immer in Schlagdistanz blieb. Bis zum Ende des ersten Viertels blieb das Spiel extrem eng, die Deutschen lagen nur knapp mit 12:13 hinten.

Im zweiten Viertel stand die deutsche Defensive kompakt und ließ den Spaniern kaum Raum für ihre Angriffe. Deutschland konnte sich mit einer 17:13-Führung erstmals absetzen. Auch wenn in der Offensive noch nicht alles rund lief. Das zeigte sich besonders beim Anblick vom deutschen Spieler Aliaksandr Halouski, der auf der Bank immer wieder die Arme zum Jubeln hob, nur um dann enttäuscht festzustellen, dass der Ball doch nicht ganz den Weg in den Korb gefunden hatte.

Die Spanier kämpften sich aber zurück ins Spiel, glichen zum Stand von 19:19 aus und hielten die Partie damit offen. Schließlich war es Thomas Böhme, der Deutschland mit einem wichtigen Dreier erneut in Führung brachte. Die Spieler reagierten mit geballten Fäusten und sichtbarer Erleichterung, als der Halbzeitpfiff beim Stand von 26:19 ertönte.

Nach der Halbzeit kamen die Spanier besser ins Spiel und verkürzten den Rückstand rasch auf 25:26. Erneut war es Böhme, der mit einem Dreier die Spanier auf Distanz hielt. Die Spannung in der Arena war greifbar, und die Schützen auf dem Feld liefen zu Höchstform auf.

Kurz vor Ende des dritten Viertels entbrannte ein wahres Dreier-Spektakel: Zuerst traf Böhme einen wichtigen Dreier zum 40:36, und nur Augenblicke später erhöhte Halouski die Führung mit einem weiteren Dreier. Doch die Spanier ließen nicht locker – Ignacio Ortega konterte sofort mit einem Dreier und brachte sein Team auf 39:43 heran.

In Barcelona folgte die Silbermedaille

Im vierten Viertel zeigten die Deutschen ihre beste Seite. Die Führung wurde kontinuierlich ausgebaut. Fünf Minuten vor Schluss lagen die Deutschen mit zehn Punkten vorne – 51:41. Die Spanier, sichtlich nervös, fanden kein Mittel mehr, um das deutsche Team zu stoppen.

Mit dem Triumph über Spanien hat die deutsche Mannschaft den ersten Halbfinaleinzug seit 32 Jahren geschafft. Damals folgte in Barcelona die Silbermedaille. Bei einem weiteren Erfolg in Paris – egal ob im Halbfinale oder im Spiel um Platz drei – würden die Deutschen eine Medaille holen. Der kommende Gegner wird entweder Australien oder der Mitfavorit Großbritannien sein, gegen den das deutsche Team in der Gruppenphase deutlich mit 55:76 verloren hatte.

„Es ist großartig, im Halbfinale zu stehen. Wir gehören jetzt zu den besten vier Teams der Welt – das ist einfach überwältigend“, sagte Trainer Michael Engel nach dem Sieg gegen Spanien. Auch für ihn eine neue Erfahrung: „Ich war noch nie im Halbfinale, daher weiß ich nicht genau, wie es sich anfühlt. Wir nehmen diesen hart erarbeiteten Erfolg einfach mit.“

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