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Demonstration in Istanbul gegen die Armenien-Resolution des Bundestages.

© dpa

Türkische Reaktion auf Bundestag-Resolution: In der Spirale

Das Armenier-Thema ist nicht mehr tabu. Aber zu einer ehrlichen Betrachtung seiner Geschichte kann sich die Türkei nicht aufraffen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Thomas Seibert

Mit deprimierender Vorhersehbarkeit reagiert die Türkei auf den Bundestagsbeschluss zum Völkermord an den Armeniern. Ankara sieht Nazis, verlogene Europäer und eine listige Bundeskanzlerin, die offenbar nichts anders zu tun hat, als sich immer neue Methoden auszudenken, um die Türkei unter Druck zu setzen. Man muss die Entscheidung des deutschen Parlaments nicht gutheißen – und man kann lange darüber diskutieren, ob eine solche Resolution tatsächlich dazu beiträgt, Türken und Armenier miteinander zu versöhnen. Aber das Keller-Niveau der Kritik, mit der türkische Politiker und Medien auf die Deutschen und die türkischstämmigen Bundestagsabgeordneten eindreschen, ist eines großen Landes nicht würdig. Vielmehr zeigen die reflexartigen Wutausbrüche die Spirale aus Verleugnung, verweigerter Aufarbeitung und Schuldzuweisungen an andere, in denen die Türkei gefangen ist. Zwar ist das Armenier-Thema nicht mehr tabu. Doch zu einer ehrlichen Betrachtung eines dunklen Kapitels seiner Geschichte kann sich das Land nicht aufraffen. Da ist es wesentlich einfacher zu behaupten, es gebe diese dunklen Kapitel überhaupt nicht.

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