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Berlin und Brandenburg bei der ITB: Die wohltemperierten Urlaubsregionen
Die Reisebranche passt sich an die Klimaerwärmung an: Die deutsche Hauptstadt vermarktet sich als erfrischende „Coolcation“. Und Brandenburg setzt auf Ganzjahres-Wassersport.
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Nach dem grauen Winter strömen die Fachbesucher der weltgrößten Reisemesse ITB durch die strahlende Sonne aufs Messegelände unterm Funkturm in Charlottenburg-Wilmersdorf. Das Wetter, es spielt auch bei der Vermarktung der Urlaubsregionen Berlin und Brandenburg eine immer größere Rolle. Während andere Großstädte im europäischen Sommer inzwischen über 45 Grad im Schatten ächzen, biete Berlin den Vorteil, „dass man sich hier bei Hitze in der grünen Stadt mit ihren Parks und vielen Straßenbäumen beim Stadtbummel erholen kann, auch in den Außenbezirken“, sagt Christian Tänzler, Pressesprecher von Visit Berlin.
Tänzler begrüßt seine Gäste in der „Hub“-Halle 27, die 5800 Aussteller aus 170 Ländern erwarten mehr als 100.000 Fachbesucher. „Ich habe viel mit den Gästen aus dem arabischen Raum zu tun gehabt, und da ging mir ein Licht auf“, sagt er lächelnd. Die schwärmten davon, dass man in Berlin nicht von Klimaanlage zu Klimaanlage hechten müsse. Und so ist „Coolcation“, kühle Location, eines der Mottos fürs Reisejahr. Und: Berlin als Stadt der Inseln. Die Museumsinsel feiert 2025 ihren 200. Geburtstag.

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Zudem setzt die deutsche Hauptstadt auf das Thema Manufakturen: Da kann man etwas Originales und Originelles als einzigartiges Souvenir mit nach Hause nehmen. „Workshops zum Mitmachen sind der Renner“, sagt Tänzler. Am Berlin-Brandenburg-BER-Stand in der Halle mit den Bundesländern stehen in urigen Holzkisten Produkte wie „Mampe Pride Vodka“ mit regenbogenfarbener Beschriftung. Auch „Kreuzbär-Faßbrause“ und „Nightingale“-Kaffee der „Flying Roasters“ wird gezeigt. Da passt auch das Neuköllner Kultlabel „Rita in Palma“ mit deren luxuriösen Häkel-Handarbeiten in Berlins Konzept.

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Angebote für Polen auf Suche nach einem Städtetrip
Zunehmend bucht die polnische Mittelschicht einen Städtetrip, heißt es bei Visit Berlin. Die Reisenden seien interessiert an Kultur- und Shopping, aber auch sie wolle man über Aktionen wie „Ab ins B“, damit ist die VBB-Zone gemeint, für die Außenbezirke gewinnen. Tänzler: „In Berlin haben wir mehr thematisch geführte Fahrradtouren als in Amsterdam.“ Zudem gibt es neue Apps und Podcasts wie „Berlin unboxed“.
Das Handy, man sollte es im Urlaub beiseite legen. Da das nicht immer klappt, setzt auch Tourismus-Marketing-Brandenburg (TMB) gezielt auf digitale Guides. „Augmented Reality“ soll am Handy ein besonderes Reiseerlebnis bieten. Dabei wird die Realität virtuell erweitert und durch interaktive Elemente ergänzt. Doch auch das klassische Waldbaden sei eines der Erholungsthemen, sagt Christian Woronka, seit knapp einem Jahr neuer Geschäftsführer der TMB, dem Tagesspiegel.

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Sechzig Prozent der Reisenden und der Tagesgäste kämen „wegen unseres großen Schatzes, der Natur“, sagt Woronka, „ein Drittel der Landesfläche steht ja unter Naturschutz.“ Laut TMB-Pressesprecherin Birgit Kunkel beeinflussen Wetter und Klima natürlich auch das Geschäft im Tourismus als großer Wirtschaftsfaktor im Land. So bieten infolge der Erwämung zunehmend Wassersportanbieter Touren das ganze Jahr über; im Spreewald kann man unter dicken Decken winters im Kahn staken. Neue Campingplätze seien ganzjährig geöffnet.
Barrierefreies Reisen für die Generation Babyboomer
Parallel werde das Thema Nachhaltigkeit wichtiger, so vernetzen Brandenburger Experten auch Apps und App-Wanderanbieter mit Naturaspekten. Und immer mehr Gastronomen und Hotels bauten barrierefrei, so dass nicht nur Gäste mit Kinderwagen, sondern auch die alternde Babyboomer-Generation ihre Ziele erreicht.
Dass internationale Brandenburg-Gäste vom ostdeutschlandweiten Erstarken der AfD abgeschreckt werden könnten, sei kein zu beobachtendes Phänomen. „Gerade im Tourismus leben wir Diversität, Toleranz und Internationalität vor, viele der Beschäftigten sind Zugezogene aus Berlin oder Menschen mit internationalem Hintergrund“, sagt Woronka. Auch diesen Aspekt will Brandenburg 2025 herausstellen.

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Unterdessen gilt es, noch Schätze zu heben. Gleich am Nachbarstand wirbt Sachsen-Anhalt auf Videotafeln mit seinem Ringheiligtum Pömmelte. Auch Brandenburg besitzt eine - noch nicht touristisch erschlossene Kreisgrabenanlage der Steinzeit, älter als das Stonehenge in England - im Landkreis Teltow-Fläming, das Woodhenge Bochow.
So hat jedes Land im Tourismus auf der ITB seine Herausforderungen. Das Berliner ITB-Partnerland Albanien bietet ursprüngliche Natur, aber leider viele Plastikmüllhaufen selbst an den schönsten Stränden und Wanderrouten. Und die Ukraine, deren Hauptstadt Kiew am Berlin-Brandenburg-Stand einen Gastplatz bekam, bereitet sich zumindest werbetechnisch auf bessere Reisezeiten vor.
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