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Innensenatorin Iris Spranger (SPD) will bald deutlich mehr Menschen in Berlin einbürgern, die schon lange darauf warten.

© Annette Riedl/dpa

20.000 deutsche Pässe pro Jahr: Berlins Innensenatorin Spranger will bei Einbürgerungen Tempo machen

Die SPD-Politikerin fordert den schnellen Start einer zentralen Einbürgerungsstelle für Berlin. Bislang ist aber noch kein Geld für das Vorhaben da.

Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) und die SPD-Fraktion um ihren Vorsitzenden Raed Saleh machen Druck für einen schnellen Start der zentralen Einwanderungsstelle. Damit soll Berlin künftig deutlich mehr Pässe pro Jahr ausstellen können und der gestiegenen Nachfrage gerecht werden. Zehntausende Menschen in Berlin erfüllen die Voraussetzung für die Einbürgerung, aber müssen teils Monate auf Termine dafür warten.

Die neue Stelle soll künftig beim Landesamt für Einwanderung (LEA) angesiedelt werden. Bislang hat noch jeder Bezirk eine eigene Einwanderungsstelle – und diese sind chronisch überlastet. In Pankow etwa dauern Einbürgerungsanträge 18 bis 24 Monate. Allein für die Eingangsbestätigung braucht Pankow bis zu sechs Monate. Nur wenig schneller geht es in Steglitz-Zehlendorf, wo eine Einbürgerung 16 bis 20 Monate dauert. Am schnellsten ist Treptow-Köpenick: Hier warten Einbürgerungswillige nur drei bis sechs Monate.

Dieser Flickenteppich soll nach dem Willen der SPD der Vergangenheit angehören. Auch in die Richtlinien der Regierungspolitik, Grundlage der Regierungsarbeit der laufenden Legislaturperiode, hat es folgender Satz geschafft: „Der Senat wird die politische und gesellschaftliche Teilhabe aller hier lebenden Menschen fördern und Einbürgerungen zentral und mit beschleunigten Verfahren organisieren.“

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Noch sind im Haushaltsentwurf des Senats allerdings keine Mittel für die neue Zentralstelle eingeplant. Bislang wäre also in den kommenden zwei Jahren kein Geld dafür da – das neue Amt müsste wohl bis mindestens 2024 warten.

Deshalb macht nun Innensenatorin Iris Spranger öffentlich Druck auf die Koalitionspartner. Sie sagte der „Berliner Morgenpost“ am Montag, man wolle „deutlich mehr Menschen in der Stadt einbürgern, die schon lange darauf warten“. Sie ergänzte: „Wir wollen das sofort angehen.“

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Sie kann sich der Unterstützung von SPD-Fraktionschef Raed Saleh sicher sein. Er hatte schon vergangene Woche im Interview mit dem Tagesspiegel gesagt: „Meine Bitte an den Senat ist, dass wir Integration groß denken.“

Die neue Behörde soll nach dem Willen der Innenverwaltung 20.000 deutsche Pässe pro Jahr ausstellen und damit deutlich mehr als die Bezirke bisher schaffen. In den vergangenen Jahren wurden maximal 8000 Pässe in Berlin ausgestellt.

Nach den Plänen von Spranger sollen nicht Mitarbeiter von den Bezirken an das Land transferiert werden, auch um sich langwierige Verhandlungen mit den zwölf Berliner Lokalfürstentümern zu ersparen. Stattdessen sollen neue Leute eingestellt werden. Die dann frei werdenden Mitarbeiter in den Bezirken könnten anderweitig eingesetzt werden. Insgesamt rechnet Sprangers Haus für die zentrale Einwanderungsstelle mit Kosten von rund zehn Millionen Euro im Jahr.

Koalitionspartner wollen sich nicht äußern

Zwar haben sich die Spitzen der Koalition am Wochenende stillschweigend zu gemeinsamen Beratungen über die Schwerpunkte getroffen, die die Fraktionen selbst noch in den beiden kommenden Haushaltsjahren setzen wollen. Eine Einigung über das zentrale Einwanderungsamt wurde aber dem Vernehmen nach noch nicht erzielt.

Es ist eines der Kernprojekte, über die noch Verhandlungen laufen. Denn auch die Grünen haben vor allem im Bereich Umweltschutz noch Wünsche – und die Linken wollen zum Beispiel mehr Geld für die Unterbringung von Flüchtlingen. Aus den Reihen der Koalitionspartner wollte man den Vorstoß mitten in den Verhandlungen deshalb nicht inhaltlich kommentieren.

In diesen Tagen laufen im Parlament die Haushaltsberatungen in den Fachausschüssen. Traditionell verschieben die Fraktionen noch einmal rund ein Prozent des vom Senat vorgeschlagenen Haushalts – das wären etwas mehr als 300 Millionen Euro pro Haushaltsjahr. Mehr als genug Geld, um Investitionen in die jeweiligen Prestigeprojekte einer Partei vorzunehmen.

SPD will keine Dauerduldungen mehr

SPD-Fraktionschef Raed Saleh hatte schon vergangene Woche im Tagesspiegel angekündigt, den ein oder anderen Fehler des Senats bei der Ausgabe von Haushaltsmitteln zu korrigieren und dabei viel Wert auf den Integrationsbereich zu legen. Er forderte dazu auf, sich nicht nur auf die Ukraine-Flüchtlinge zu konzentrieren und Flüchtlingsgruppen nicht gegeneinander auszuspielen. Saleh sagte: „Deshalb müssen wir die Menschen schnell integrieren. Damit meine ich vor allem das schnelle Anerkennen von Berufsabschlüssen, den Zugang zum Arbeitsmarkt.“

Die Berliner SPD will deshalb auch das System der Dauerduldungen aufbrechen, in dem rund 16.000 Menschen in Berlin leben. Saleh sagte dem Tagesspiegel dazu: „Niemand darf nur geduldet sein, wenn er bereits seit Jahrzehnten hier lebt.“ Hier müsste aber vor allem die Ampel-Koalition auf Bundesebene gesetzgeberisch aktiv werden.

Julius Betschka

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