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In einem Seuchen-Sperrgebiet in der Nähe von Linum (Fehrbellin) stehen zwei Helfer in Schutzanzügen auf einem Traktor. Die auch als Vogelgrippe bezeichnete Geflügelpest hat sich mittlerweile fast über ganz Deutschland ausgebreitet.

© dpa/Christophe Gateau

Update

35.000 Tiere müssen getötet werden : Vogelgrippe breitet sich in Brandenburg aus und erreicht Berlin

Nach dem Fund mehrerer toter Kraniche in Berlin wurde bei zwei Tieren die Vogelgrippe nachgewiesen, außerdem gibt es 14 neue Verdachtsfälle. In Brandenburg ist die Lage unterdessen dramatisch.

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Die Vogelgrippe erreicht Berlin: Bei zwei toten Kranichen aus dem Stadtgebiet ist die Krankheit durch das Landeslabor nachgewiesen worden. Der zuständigen Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz zufolge wurden die Tiere im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf und Friedrichshain-Kreuzberg aufgefunden. Nach einem RBB-Bericht gibt es inzwischen 14 neue Verdachtsfälle. Betroffen sollen Wildvögel sein, darunter mindestens ein Schwan.

Nun sollen die beiden Vögel im Friedrich-Loeffler-Institut in Greifswald als Referenzlabor getestet werden. Eine Sprecherin sagte dem Tagesspiegel, die Ergebnisse würden in der kommenden Woche erwartet. Wenn auch dieses Ergebnis positiv ausfällt, läge es an den Bezirken, entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Die Vogelgrippe ist eine hochansteckende und bei vielen Vogel- und Geflügelarten rasch tödlich verlaufende Infektionskrankheit. Die Krankheit breitet sich derzeit in Deutschland stark aus. Auch in Brandenburg gibt es einen Ausbruch der Vogelgrippe bei Kranichen und Geflügelbetrieben.

Laut dem Landesverband des Naturschutzbunds (Nabu) gibt es in Berlin nur eine relativ kleine Kranichpopulation. „Aber natürlich macht das Virus nicht an den Landesgrenzen Halt. Die Zugvögel fliegen auch über Berlin“, sagte eine Sprecherin.

Vorsichtsmaßnahme bei Zoo und Tierpark

Nach Angaben der Verbraucherschutzverwaltung ist der derzeit grassierende Vogelgrippe-Subtyp H5N1 in der Vergangenheit in Einzelfällen bei engem Kontakt mit erkrankten Vögeln auch auf den Menschen übertragen worden und hat teils zu Erkrankungen geführt. Die Übertragung von Mensch zu Mensch sei bisher noch nicht nachgewiesen. Einige Säugetierarten könnten ebenfalls an dem Virus erkranken. Für die Bevölkerung besteht laut FLI derzeit kein besonderes Risiko, dass es zu schwerwiegenden Erkrankungen kommt. Bei grippeähnlichen Symptomen nach engem Geflügelkontakt empfiehlt das Bezirksamt Lichtenberg in einer aktuellen Mitteilung, sich ärztlichen Rat einholen.

Im Zoo und Tierpark gibt es bislang noch keine Fälle von Vogelgrippe, wie Sprecherin Svenja Eisenbarth sagte. Zoo und Tierpark stünden im engen Austausch mit den zuständigen Behörden. Demnach ergreifen sie aus eigenem Antrieb vorsorgliche Maßnahmen zum Schutz der Tierbestände. Empfängliche Vogelarten würden in geschützte Winterquartiere gebracht, teilten Tierpark und Zoo mit. Dies betreffe unter anderem Pelikane, Gänse, Enten, Hühner sowie Geier und weitere Greifvögel.

Volieren im Tierheim werden mit Folie abgedeckt

Das Tierheim Berlin hat seine Hühner zum Schutz bereits am Donnerstag alle in den Stall geschickt, wie Tierheimsprecher Daniel Zellmer der Deutschen Presse-Agentur sagte. Es handle sich um etwa fünf, sechs Tiere.

Zusätzlich würden die Vogelvolieren oben mit Folien abgedeckt. Das soll zum Beispiel verhindern, dass Federn von Wildvögeln ins Gehege gelangen. „Wir sind auf der Hut“, sagte Zellmer. Der Vogelbereich werde gerade umgebaut. Neu ankommende Vögel würden für zwei Wochen isoliert und durchgecheckt, bevor sie zu den anderen Tieren gelassen würden.

Papageien, Wellensittiche oder ähnliche Haustiere werden nach wie vor aufgenommen, Wildvögel aber nicht, zurzeit auch keine Tauben, so Zellmer. Im Unterschied zu Wasser-, Raben- oder Greifvögeln gelten kleinere Singvögel und Tauben als nicht besonders anfällig für den Vogelgrippe-Erreger, wie die Verbraucherschutzverwaltung informiert.

Zoo und Tierpark bleiben offen

Zoo und Tierpark bleiben laut einer Mitteilung wie gewohnt geöffnet. Nur die Flugshow im Tierpark entfalle bis auf Weiteres. Besonders empfängliche Vogelarten werden vorzeitig in ihre Winterquartiere gebracht. Dies betrifft vor allem Pelikane, Gänse, Enten, Hühner sowie Geier und weitere Greifvögel.

„Wir haben umgehend reagiert und umfassende Vorsichtsmaßnahmen in die Wege geleitet“, sagte Senior Kurator im Tierpark Matthias Papies. „Alle Mitarbeitenden sind für die aktuelle Situation sensibilisiert und die betroffenen Tierbereiche wurden besonders gesichert. Der Schutz unserer Tiere hat die oberste Priorität.“ Für Gäste bestehen derzeit keinerlei Einschränkungen. Wegen eines Vogelgrippe-Falls war der Zoo 2022 von November an für mehrere Wochen geschlossen gewesen.

„In dieser Größenordnung einmalig“: Die Vogelgrippe in Brandenburg

Das Vogelsterben ist laut dem Brandenburger Umweltministerium „in dieser Größenordnung einmalig“. In einem Entenmast-Betrieb in Neuhardenberg sollen laut einem aktuellen RBB-Bericht 35.000 Tiere getötet werden. Das ist fast die Hälfte der Tiere in dem Betrieb, insgesamt sind es 80.000 Enten.

Rund 1200 tote Kraniche sind im Rastgebiet an den Linumer Teichen bereits geborgen worden. Die Zahl der toten Wildvögel im Linumer Teichland – im Herbst ein Kranich-Hotspot – könnte sich auf rund 2000 erhöhen, schätzte der Leiter des Artenschutzzentrums in Linum, Norbert Schneeweiß. Der kräftezehrende Einsatz der Helfer zur Beseitigung der Kadaver soll noch Tage dauern.

Geflügelhalter ergreifen weiter Schutzvorkehrungen, um die Tierseuche einzudämmen. In drei Betrieben in Brandenburg sind bislang fast 18.000 Gänse, Enten und Puten getötet worden. In der Agrarbranche wächst die Sorge vor wirtschaftlichen Schäden. Die Tierseuche hat sich nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) mittlerweile fast über ganz Deutschland ausgedehnt. (Tsp, dpa)

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