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Auf einem amtlichen Stempelbild der Bundespolizei steht der Schriftzug "Abgeschoben/Deported". In Schönefeld (Brandenburg) soll ein sogenanntes Rückführungszentrum entstehen.

© Ralf Hirschberger/dpa

470 Millionen Euro Miete in 30 Jahren: Abschiebezentrum am BER spaltet Koalition in Brandenburg

Ein Behördenzentrum soll auch für Gewahrsam und Abschiebungen dienen. Dem Investor sind Hunderte Millionen Euro garantiert. Die Linke spricht von Verschwendung.

Das geplante Behördenzentrum am Flughafen BER sorgt im Brandenburger Landtag für heftige Debatten. Denn am Mittwoch hatte das Internetportal fragdenstaat.de eine Kabinettsvorlage der Landesregierung zum Behördenzentrum veröffentlicht.

Demnach soll das Zentrum neben einem Funktionsgebäude vor allem aus einem „Gewahrsamsgebäude“ und einem sogenannten „Transitgebäude“ bestehen, in denen insgesamt bis zu 118 Personen festgehalten werden können. Zudem soll ein „Rückführungsgebäude“ entstehen.

Für beide Gebäude soll ein Investor eine Kaltmiete von bis zu 1,2 Millionen Euro pro Monat erhalten können. Wie aus den Dokumenten weiter hervorgeht, räumt das Land dem Investor ein, dass er bis zu 1,2 Millionen Euro angefallene Anlaufkosten für das Projekt erstattet bekommt, sollte es nicht zu dem geplanten Vertragsabschluss kommen.

Die Kosten für Grundstücke, Planung und Bau des Zentrums summieren sich demnach auf knapp 156 Millionen Euro. Demgegenüber stehen in den vertraglich festgelegten 30 Jahren Laufzeit Gesamtmieteinnahmen von mehr als 470 Millionen Euro.

Linke: „Unfassbare Steuergeldverschwendung“

„Nun wird klar, was wir lang befürchtet haben“, sagte die Innenexpertin der Linksfraktion, Andrea Johlige, dem Tagesspiegel. „Das Gemauschel des Innenministers rund um das Projekt führt zu einer unfassbaren Steuergeldverschwendung.“ Minister Michael Stübgen (CDU) habe bewusst Regelungen zur Ausschreibungspflicht umgangen, und alles getan, dass Landtag und Öffentlichkeit nichts von dem Projekt erfahren, um es schnell durchzudrücken.

„Das Ergebnis sind mindestens 250 Millionen Euro Gewinn aus Steuergeldern für einen wegen unsauberer Grundstücksgeschäfte vorbestraften Investor“, sagte Johlige. Sie fordere die Landesregierung auf, aus dem Projekt auszusteigen, solange es noch gehe.

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In der Kenia-Koalition aus SPD, CDU und Grünen gibt es indes einen handfesten Streit um das Projekt. „Klar ist: Mit uns wird es keinen Abschiebeknast geben“, sagte der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Benjamin Raschke. „Auch eine Zustimmung des grünen Koalitionspartners zum Bau eines Behördenzentrums am Flughafen BER in der beschriebenen Form, etwa zum Investor oder zum Finanzierungsmodell, hat es nicht gegeben.“

Vielmehr habe man in allen bisherigen Gesprächen über ein solches Projekt enge Grenzen gezogen. „Wir sehen viele offene Fragen und Ungereimtheiten zur Lage, zum Investor, zum Finanzierungsmodell und zur Größenordnung.“

Grundsätzlich sind sich die Koalitionsparteien einig

Hingegen sagte CDU-Generalsekretär Gordon Hoffmann, die Aufregung um das geplante Behördenzentrum am BER könne niemand nachvollziehen, der sich in Ruhe mit dem Projekt beschäftigt habe.

„Mit der Schließung des Flughafens Tegel in Berlin und der Eröffnung des BER in Schönefeld haben sich für das Land Brandenburg ganz neue Realitäten ergeben“, sagte Hoffmann. „Man ist nun zuständig für den gesamten Flugverkehr und damit die Ein- und Ausreisen der Metropolregion.“ Dafür seien auch andere Strukturen nötig.

„Auch in der Brandenburger Landesregierung aus SPD, CDU und Grünen besteht grundsätzlich darüber Einigkeit, dass dieses Projekt sinnvoll ist“, sagte Hoffmann. „Warum Teile der Grünen dieses Projekt nun vehement bekämpfen und es als eine Art ,Abschiebeknast‘ verunglimpfen, ist nicht ganz klar – offenbar geht es hier eher um innerparteiliche Profilierung als um Verantwortung für unser Land.“

Das Innenministerium wollte sich nicht zu dem Projekt äußern. Dazu liefen noch Verhandlungen, sagte ein Sprecher. Nach Tagesspiegel-Informationen war auch nicht geplant, dass das Behördenzentrum – wie von den Linken zunächst befürchtet – Thema der nächsten Kabinettssitzung werden könnte.

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