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Beim Prozess-Auftakt sitzt der 54-jährige Angeklagte im Gericht in Moabit und verdeckt sein Gesicht.

© Joerg Carstensen/dpa

Prozessbeginn in Berlin: 54-Jähriger soll Ex-Freundin vergewaltigt und verstümmelt haben

Mehr als neun Jahre nach einem grausamen Übergriff auf eine junge Frau steht nun der Ex-Freund vor Gericht. Zu Prozessbeginn schwieg er.

Sie hatte sich getrennt von ihm. Er rächte sich laut Anklage grausam. Omid R. soll seine ehemalige Lebensgefährtin gefesselt, geknebelt, sexuell misshandelt, schließlich mit einem scharfen Küchenmesser auf entsetzliche Art und Weise verstümmelt haben. Die damals 36-jährige Iranerin überlebte nur knapp.

Nach der Tat verschwand R. aus Berlin. Mehr als neun Jahre nach dem Geschehen in einer Wohnung in Schöneberg steht der 54-Jährige seit Donnerstag vor dem Landgericht Berlin. Zunächst schwieg er.

Die Anklage lautet auf versuchten Mord in zwei Fällen, Vergewaltigung und schwere Körperverletzung. Opfer seien die Iranerin und ihre damals zehn Jahre alte Tochter gewesen. Er habe das Mädchen gefesselt und geknebelt in ein anderes Zimmer der Wohnung eingesperrt, heißt es in der Anklage.

Dann soll er die Mutter fast zu Tode misshandelt haben. Als er schließlich die Wohnung verließ, sei er davon ausgegangen, dass für die Opfer eine Selbstrettung unmöglich sei – die Frau wegen der Verletzungen sterben und das Kind qualvoll verdursten würde.

Sein Ziel sei es gewesen, die Frau ihrer Attraktivität und Weiblichkeit zu berauben, ist der Staatsanwalt überzeugt. Es sei ihm auch darauf angekommen, ihr schweres Leid zuzufügen – „da er sich aus Eifersucht und erbost über die Trennung von ihm an ihr rächen wollte“. Grausam und aus niedrigen Beweggründen habe R. gehandelt.

„Die Verletzungen sind unvorstellbar grauenhaft“, sagte Nebenklage-Anwalt Roland Weber, der die Iranerin vertritt. Dutzende Operationen habe sie hinter sich bringen müssen. Sie habe „überragende medizinische Hilfe“ erhalten. Inzwischen gehe es der Frau den Umständen entsprechend gut. Berlin und Deutschland habe sie allerdings verlassen – „weil sie ein neues Leben beginnen wollte“.

Er habe sie vor die Wahl gestellt, umgebracht oder verunstaltet zu werden

IT-Techniker Omid R., ein im Irak geborener Mann mit niederländischem Pass, ist wegen Gewalttaten gegen Frauen vorbestraft. Er soll 2003 und 2005 in den Niederlanden unter anderem wegen Vergewaltigung und versuchten Totschlags seiner damaligen Ehefrau verurteilt worden sein.

Am Morgen des 30. Oktober 2012 soll er in die Wohnung der Frau eingedrungen sein. Er habe seine Ex-Freundin mit einem Messer bedroht, sie mit Kabelbindern an Händen und Füßen gefesselt. „Die Hände schnürte er auf dem Rücken zusammen“, heißt es in der Anklage. Mit Klebeband habe er den Mund umwickelt. Er habe gedroht, ihre damals zehnjährige Tochter zu töten, sollte sie um Hilfe rufen.

Omid R. soll seine Ex-Freundin vergewaltigt haben. Dann habe er sie vor die Wahl gestellt, umgebracht oder verunstaltet zu werden. Das müsse er tun, weil sie sich von ihm trennen wolle, habe er begründet. Mit einem scharfen Messer habe er erst die Brüste abgeschnitten, dann die Nasenspitze, sie zuletzt im Genitalbereich verstümmelt.

Sie wäre laut Anklage verblutet – doch gegen 17.45 Uhr sei es ihr mit letzter Kraft gelungen, das Schlafzimmerfenster zu erreichen. „Nur ein einziger Passant konnte ihren schwachen Hilferuf wahrnehmen und orten.“ Es war ein Radfahrer, der zum Fenster der Hochparterre-Wohnung sah. Der Radfahrer sah das blutverschmierte Gesicht der Frau, alarmierte die Polizei. Was die Beamten sahen, löste Entsetzen aus.

„Uns hat danach geholfen, dass wir die Frau im Krankenhaus besuchen konnten – sie wollte es auch“, sagte eine Polizeibeamtin nun vor Gericht. Damals habe die Frau berichtet, R. sei der Meinung gewesen, sie seien nach islamischem Recht verheiratet. Er habe angekündigt: „Wenn er sie nicht haben kann, soll sie keiner haben.“

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Nach der Tat soll er in die Türkei und von dort in den Iran geflohen sein. Dort sei er festgenommen und nach mehrjährigen Verfahren 2018 unter anderem wegen der nun verhandelten Vorwürfe verurteilt worden. Nach seiner Entlassung im Mai 2019 und anschließender Begnadigung im März 2020 sei er in die Niederlande geflohen.

Von dort wurde er im Juli 2021 nach Deutschland ausgeliefert. Zuvor soll R. argumentiert haben, er sei bereits für die Tat verurteilt worden, dürfe nicht doppelt bestraft werden. Der Prozess wird in zwei Wochen fortgesetzt.

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