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Vattenfall bevorzugt: Abgeordnete sehen Mauscheleien beim Laternenvetrag

Nach der missglückten Ausschreibung für den Betrieb der Straßenbeleuchtung sieht sich die Stadtentwicklungsverwaltung des Senats mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Parlamentarier finden Indizien dafür, dass der Vattenfall-Konzern bevorzugt wurde.

Im Hauptausschuss des Parlaments äußerten Abgeordnete von FDP und CDU den Verdacht einer Mauschelei zugunsten Vattenfalls. Oliver Schruoffeneger (Grüne) sah Parallelen zu den Affären um Tempodrom und Spreedreieck. Und das Kammergericht bescheinigt der Verwaltung, sehenden Auges ein möglicherweise unseriöses Dumping-Angebot der Vattenfall Europe Netzservice GmbH bevorzugt zu haben. Das geht aus einer Entscheidung vor, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Das Gericht hatte die geplante Vergabe des Siebenjahresvertrages mit einem Volumen von etwa 50 Millionen Euro an Vattenfall im Dezember gekippt. Stattdessen muss die Stadt den Auftrag neu vergeben und dabei auch das Angebot des zuvor ausgeschlossenen Konkurrenten Stadtlicht berücksichtigen. Dieses Angebot tritt nun gegen eine Vattenfall-Offerte an, die zwar wesentlich billiger ist, aber nach Auffassung des Gerichts auf tönernen Füßen steht – was die Verwaltung aber ignoriert habe.

Sinngemäß hält das Gericht der Verwaltung Folgendes vor: Die Vattenfall-Kalkulation beruhe im Wesentlichen auf einer im Vertrag vorgesehenen Bonuszahlung des Landes, die der Laternenbetreiber für eine besonders effektive Modernisierung der Beleuchtung erhält, die sehr viel Strom einspart. Allerdings habe Vattenfall die in Aussicht gestellte Ersparnis auch auf zweimalige Aufforderung hin nicht plausibel machen können. Demnach gerät die ganze Kalkulation ins Wanken. Umgekehrt hält das Gericht es für möglich, dass Vattenfall die Streichung des Bonus eingepreist hat: „Das sich daraus ergebende Insolvenzrisiko“ werde möglicherweise dadurch aufgefangen, dass Vattenfall zugleich ein Energielieferant sei. Soll heißen: Was der Vattenfall-Konzern beim Laternenbetrieb möglicherweise draufzahlt, könnte er sich über den zusätzlichen Stromverkauf wieder hereinholen.

Dabei war Stadtlicht, auf dessen Beschwerde hin das Gericht aktiv geworden ist, gar nicht wegen des höheren Preises ausgeschieden, sondern wegen angeblich fehlender Unterlagen zu Versicherung und Referenzen schon vorab ausgeschlossen worden. Auch diese Entscheidung der Verwaltung hat das Gericht kassiert. Dass das Land sich bei der Vergabe von derselben Firma beraten ließ, durch deren Fehler sie bereits früher einen teuren Rechtsstreit um den Laternenbetrieb verloren hat, macht die Sache zusätzlich pikant – zumal bei dem damaligen Verfahren ausgerechnet Vattenfall geklagt hatte. Nach sieben Jahren Prozessdauer beließ es der Konzern beim moralischen Sieg, weil der strittige Auftrag längst vergeben war. Der Opposition drängt sich angesichts dieser Vorgeschichte der Verdacht auf, dass der Konzern etwas „gut“ hatte.

Der FDP-Abgeordnete Jörn Jotzo hält der Verwaltung zudem vor, dass sie Druck auf das Gericht ausgeübt habe, indem sie damit drohte, in der Stadt gingen die Lichter aus, wenn die Sache nicht noch im Jahr 2009 entschieden wird. Senatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) wies den Verdacht jeglicher Mauschelei entschieden zurück. Sie sieht die Niederlage als Einzelfall: Angesichts von 220 durchgeführten Ausschreibungen der betroffenen Abteilung im vergangenen Jahr und nur einem Rechtsstreit „kann ich keinen Fehler im System erkennen“, sagte sie. Der Fall werde „selbstverständlich“ intern ausgewertet, sagte sie weiter.

Die Laternen leuchten vorerst weiter, weil das Land zum Jahreswechsel einen Interimsvertrag geschlossen hat – mit Vattenfall. Stefan Jacobs

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