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Symbolbild zu Depressionen

© dpa/Jonas Walzberg

Update

AOK-Atlas zu psychischer Gesundheit: Rund 450.000 Berliner litten 2022 an Depressionen

Fast jeder siebte Berliner hat 2022 die Diagnose „Depression“ erhalten, wie aus Daten der AOK hervorgeht. Ermittelt wurde auch, welche Berufsgruppen besonders anfällig sind.

Stand:

Rund 450.000 Menschen in Berlin sind im Jahr 2022 von einer Depression betroffen gewesen. Diese Aussage lässt sich im neuen Gesundheitsatlas Berlin nachlesen, in dem die Abrechnungsdaten von rund 705.000 Versicherten der Krankenversicherung AOK-Nordost ausgewertet wurden. Der Atlas trifft Aussagen über die ärztlich diagnostizierten Diagnosen, nicht über die tatsächliche Verbreitung psychischer Erkrankungen.

Um aus den Daten der AOK-Versicherten verlässliche Aussagen über 3,9 Millionen Berlin-Bewohnerinnen und Bewohner zu treffen, benutzt die Kasse ein gemeinsam mit der Universität Trier entwickeltes Hochrechnungsverfahren. Mit dieser Methodik würden Unterschiede zwischen den AOK-Versicherten und der Gesamtbevölkerung in Bezug auf Alter, Geschlecht und Krankheitshäufigkeit durch ein statistisches Verfahren herausgerechnet, schreibt die Krankenversicherung in einer Pressemitteilung.

Im Vergleich mit zwölf anderen deutschen Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern schneidet Berlin mit 13,3 Prozent Erkrankten leicht überdurchschnittlich ab: Am häufigsten erhielten die Menschen in Nürnberg eine Depressions-Diagnose (16,6 Prozent), jeder Sechste ist dort betroffen. Am unteren Ende der Skala befindet sich Dresden mit 10,8 Prozent (jeder Neunte).

Frauen erkranken in Berlin häufiger an Depressionen

Über alle Altersgruppen hinweg zeigt der Atlas ein starkes Gefälle zwischen den Geschlechtern: So hat vor zwei Jahren rund jede sechste Berlinerin (16,6 Prozent) die Diagnose erhalten, aber nur jeder zehnte Mann (9,9 Prozent). „Frauen erkranken häufiger und zum Teil stärker an Depressionen. Aber sie suchen sich auch eher professionelle Hilfe und tauschen sich zu Symptomen aus“, erklärt AOK-Psychologin Sylvia Böhme die Zahlen. Zudem hätten Frauen ein deutlich geringeres Suizidrisiko als Männer.

Die Zahlen zeigen auch, dass die Diagnose mit steigendem Lebensalter stark zunimmt. Unter den 30 bis 40-Jährigen hat nur jeder 15. Mensch aus Berlin den Befund erhalten, bei den 80 bis 84-Jährigen mehr als jeder Vierte. 

Verkäufer besonders häufig betroffen

Besonders stark von Depressionen betroffen sind offenbar Verkäuferinnen und Verkäufer von Bekleidung, Schuhen und Sportartikeln (13,8 Prozent Erkrankte). Auf hundert Beschäftigte dieser Gruppe kamen im Jahr 2022 dabei rund 14 Krankmeldungen wegen einer Depression – fast dreimal häufiger als im Durchschnitt aller Berliner Beschäftigten. Auch in der Heilerziehungspflege und Sonderpädagogik ist der Krankenstand hoch, dahinter folgen Fahrerinnen und Fahrer von Bussen, Straßenbahnen und U-Bahnen.

Für 36 Tage fielen Berliner Beschäftigte und AOK-Versicherte im Durchschnitt aus, nachdem sie sich wegen einer Depression auf der Arbeit krankgemeldet hatten. Gemessen an anderen Krankheiten seien fünf Wochen am Stück eine überdurchschnittlich lange Zeit, schreibt die Versicherung.

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Depressionen zählen laut AOK zu den häufigsten psychischen Erkrankungen in Berlin. Wer davon betroffen ist, sei oft nicht mehr in der Lage, den alltäglichen Aktivitäten nachzugehen. Der rund 120-seitige „Gesundheitsatlas Berlin Depression“ soll deshalb Wissenslücken über die Krankheit schließen.

Nur einer von fünf Erkrankten suche sich professionelle Hilfe, heißt es bei der Bundespsychotherapeutenkammer. Mit Fremden über die eigenen Gefühle zu sprechen, können sich viele Betroffene offenbar nur schwer vorstellen. Die Patientenfibel „Wege zur Psychotherapie“ listet typische Fragen, mit denen Therapeuten Depressionen von Stimmungstiefs abgrenzen:

  • Fühlen Sie sich schon länger als zwei Wochen niedergeschlagen?
  • Haben Sie das Interesse an Dingen verloren, die Ihnen früher Freude bereiteten?
  • Sind Sie schneller müde, schlafen Sie schlecht?
  • Fällt es Ihnen schwer, Dinge des Alltags zu erledigen?

Doch wie schwer ist es, in Berlin nach Depressions-Diagnosen kurzfristig behandelt zu werden? Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin listet in ihrem Jahresbericht für 2023 in der Hauptstadt insgesamt 2127 Ärzte im Bereich der Psychotherapie. Laut Bedarfsplanung ergibt sich daraus eine Überversorgung von 171 Prozent.

Zu den guten Nachrichten zählte die KV im Jahr 2022, dass die Wartezeiten für Therapieplätze in Berlin bundesweit am geringsten seien. Zudem habe sich die Verteilung innerhalb des Stadtgebietes stark verbessert. Die meisten niedergelassenen Therapeuten saßen demnach in Steglitz-Zehlendorf (Versorgungsgrad: 240 Prozent), die wenigsten in Reinickendorf (106 Prozent) und Marzahn-Hellersdorf mit 105 Prozent.

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