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Aus Kalifornien eingeflogen. Preisträger Arnold Schwarzenegger.

© John MacDougall/AFP

"GQ Awards" in Berlin: Arnold Schwarzenegger als "Jahrhundertlegende" ausgezeichnet

Bei den "GQ Men of the Year Awards" werden inzwischen auch Frauen geehrt – trotzdem stehen die Männer im Fokus.

Schwarzenegger also. Ex-Barbar, Ex-Mr. Universe, Terminator, Doppelpassinhaber, Todesstrafenbefürworter, Republikaner und Klimaschützer in Personalunion, inklusive Resten vom Steirerschmäh: Wer soviel Unvereinbares derart überzeugend vereint, der darf gern ein „Mann des Jahres“ sein. Moment: des Jahres? Bei der Vita? Und der Verve?! „Legend of the Century“, Jahrhundertlegende, trifft es eher.

Deswegen kann er seit Donnerstagabend auch so betitelt werden: Zum 19. Mal ehrt das Stil-Magazin „GQ Deutschland“ bei den „GQ Men of the Year Awards“ nach Eigenaussage „herausragende Persönlichkeiten“, die das gesellschaftliche, politische, kulturelle und sportliche Leben 2017 geprägt haben. Doch ein paar Sprüche zum aktuellen Thema Mann-Frau-Gesellschaft-Gürtellinie kann sich die gutgelaunt sprudelnde Moderatorin Barbara Schöneberger auch nicht verkneifen: „Was ist los in Hollywood“, ruft sie, „Bill Cosby hat mehr Frauen eingeschläfert als das Sandmännchen!“ Soviel zur notwendigen Geschlechtergerechtigkeitsdebatte.

Die meisten der Preise gehen aber doch an chevalereskere Herren. Thom Brown als Designer des Jahres zum Beispiel, der stolz seine Knie in Anzugshorts zeigt. Der tolle Jazzer Gregory Porter, der sogar kurz mal singen darf. Philipp Lahm, der seinen neuen „Sports Icon“-Award (für sein soziales und sportliches Engagement und Talent) nun stolz neben die Weltmeister-, DFB-Pokal- und Champions League-Erinnerungen stopfen kann. Das Model Johannes Hübel darf sich mit dem Titel „Influencer des Jahres“ schmücken – erstaunlich unironisch wird sein „perfektes Leben“ als „ein Strom von Bildern, die einen neidisch machen“ vom „GQ“-Laudator gerühmt – das kann doch nur ein Witz sein? Aber nein. Hübel selbst redet dafür auf der Bühne davon, dass die Instagram-Popularität ungefähr soviel wert sei, wie Millionär bei Monopoly zu sein. „Dabei“, schränkt er schnell ein, „liebe ich Monopoly.“ Ein weiterer Preisträger stand schon vorher fest: Mark Foster, Bart-Brille-Basecap-Prototyp der ersten Stunde, Sänger mit 400 000 verkauften Platten in Deutschland, Gastgeber der putzigen Vox-Liebhabeshow „Sing meinen Song“, wird in der Kategorie „Music National“ beglückt.

Politisch wollte kaum jemand sein – außer vielleicht Schauspieler Clemens Schick, der in seiner Laudatio für „Willkommen bei den Hartmanns“ sagte: „Ein tolerantes Land ist ein geiles Land.“ Würde das doch nur jeder kapieren.

Exklusiv ging es zu in der Komischen Oper, wo 850 geladene Gäste sich und den legendären Verlag feiern, der ihnen jene heißgeliebte Exklusivität so überzeugend zu präsentieren vermag: Condé Nast ist mit mehr als 140 Titeln und 236 Millionen Lesern weltweit eines der größten und renommiertesten Medienhäuser. Seine deutsche Tochter ist für sechs Titel verantwortlich – neben der „GQ“ und der renommierten „Vogue“ auch noch für das Hochglanz-Architekturblatt „AD“, die beiden DIN A5-Mode- und Wellnessschmöker „Glamour“ und „myself“, und das Digitalkultur-Magazin „Wired“. Apropos Exklusivität: Zuviel darf es nicht sein – das Prinzip des Namensgebers Condé Nast, der sein Imperium 1909 mit dem Kauf (und der Umstrukturierung) der „Vogue“ begann, ist der Erfinder der „class publication“ (anstatt „mass publication“), frei übersetzt etwa „Nischenpublikation“: Nicht alle Menschen will man mit einer Marke erreichen, sondern nur die, die gemeinsame Interessen teilen. Eher betuchte Interessen, wenn möglich – Hochglanzmagazine, auch wenn sie wie aktuell bei Condé Nast Deutschland durch den Wandel in der Werbebranche betroffen sind, und demzufolge umstrukturieren (weniger euphemistisch heißt das: Büros schließen) mussten, gelten als die letzte Bastion für klassische Zeitungswerbung. Und die ist – genau wie ihre beworbenen Produkte – teuer.

So ist ein Magazin wie „GQ“ vor allem als wunderschöner Verkaufskatalog zu lesen. Nicht um Hintergründe, Transparenz, Investigation geht es (nicht mal die Preisjury lässt sich im Netz recherchieren). Sondern um Stil und Mode. Obwohl Mode durchaus Tiefgründigkeit verträgt. Sie ist schließlich eine Kunst.

Kunstvoll war es bei den Awards, dazu todschick: Zum Dresscode „strictly black tie“ sollte ein Jackett mit Seidenrevers gehören, und über einen Kummerbund macht sich auch niemand lustig. Wer allerdings die Manschettenknöpfe vergisst, dem werden die Ohren. Für Frauen geht es, wie immer, auch bunt. Aber da die „GQ Awards“ eine der wenigen Modepartys der Stadt ist, die den Fokus auf Herrenkleidung legt, sollte man es lieber mit Ginger Thompsons 1967 entstandener Coverversion eines „The O’Kasions“-Hits halten: „I'm a Boy Watcher“. Denn so schön wie bei den Awards machen sich die Boys leider viel zu selten.

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