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Leeres Wartezimmer – hier in einer Arztpraxis in Hannover am 14.11.2019.

© imago images/Rust

Update

Ärzte streiken gegen Lauterbach: 2000 Praxen in Berlin bleiben am Mittwoch geschlossen

Der Streit zwischen Kassenärzten und Gesundheitsminister eskaliert nun auch für die Patienten. Niedergelassene Mediziner rufen zu einer „Fortbildung“ auf.

| Update:

Rund 2000 der circa 7000 Berliner Praxen blieben diesen Mittwoch geschlossen – die niedergelassenen Ärzte protestieren gegen Pläne des Bundesgesundheitsministers. Karl Lauterbach (SPD) möchte die „Neupatientenregelung“ ändern, für zusätzliche Fälle erhielten die Praxen dann kaum Geld.

Berlins Kassenärztliche Vereinigung (KV), der alle Praxismediziner angehören müssen, die gesetzlich Versicherte versorgen, teilte mit: Sollte es zur Streichung der Mittel für neue Fälle kommen, wäre die Versorgung dieser Patienten gefährdet. Seit 2019 seien durch die Regelung in Berlin zahlreiche Neupatienten zusätzlich behandelt worden.

Für die Zeit des Aktionstages – offiziell ist der Streik eine „Fortbildungsveranstaltung“ – sind alle KV-Mitglieder aufgerufen, für Akutfälle eine Vertretung zu organisieren. Die große Resonanz zeige, wie ernst die Lage in den Praxen sei, sagte die Vorsitzende der KV-Vertreterversammlung, Christiane Wessel, zum Auftakt des Protesttags in einer HNO-Praxis in Charlottenburg.

Die Bundesregierung setzt die Axt an den Arm, der die ambulanten Patienten versorgen soll.

CDU-Gesundheitsexperte Christian Gräff

„Die Bundesregierung setzt die Axt an den Arm, der die ambulanten Patienten versorgen soll“, sagte der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus, Christian Gräff (CDU). „Klar ist, die geplante Änderung der Finanzierung bei zugleich steigenden Kosten für Personal, Energie und Material wird zu weniger Sprechstunden führen.

Und das vor einem Winter, in dem Corona nicht überstanden ist und viele Bürger aufgeschobene Facharzttermine nachholen müssen. Minister Lauterbach sollte besser die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorantreiben, das würde die Praxen entlasten – der irrsinnige Verwaltungsaufwand kostet Zeit, die für die Patienten fehlt.“

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Tatsächlich wollen junge Mediziner auch der Bürokratie wegen selten Praxen übernehmen. Der Vorstand der Ärztekammer Berlin, der alle 34.000 zugelassenen Mediziner der Stadt angehören müssen, unterstützt den Protest am Mittwoch. Allerdings hatten Klinikärzte intern darauf hingewiesen, dass es den Praxen – so der Tenor – besser als vielen Krankenhäusern gehe. Wie berichtet suchen massenhaft Patienten, die keine Notfälle sind, statt ambulanter Praxen die Rettungsstellen auf.

Auch die Praxis von Kerstin Zeise, Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, bleibt am Aktionstag geschlossen. „Wir müssen der Politik scheinbar in Erinnerung rufen, welche Rolle die ambulante Versorgung spielt“, sagt sie.

Minister Lauterbach möchte bundesweit zudem 1000 „Gesundheitskioske“ einrichten. Sie sollen den Zugang zur Versorgung von Bewohnern sozial schwieriger Orte verbessern, die Kosten sollen zu 74,5 Prozent die gesetzliche Kassen, zu 5,5 Prozent die privaten Versicherungen und zu 20 Prozent die Kommunen übernehmen. In den „Kiosken“ sollen Ärzte beraten und medizinische Fachangestellte einfache Routineaufgaben – etwa Blutdruck messen – erledigen.

Auch daran gibt es Kritik: Solche Leistungen würden bereits durch Kassenärzte organisiert, hieß es auch der KV, hinzu komme der Personalnot in den Praxen: „Die Einführung von Gesundheitskiosken als Arbeitgeber für Fachkräfte würde dieses Problem weiter verschärfen.“

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