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Aufklärung im Fall Gelbhaar bleibt aus: Berliner Grünen-Chefs fordern Bundesspitze zum Handeln auf
Der Skandal um den Grünen-Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar hat die Partei erschüttert. Doch eine Aufklärung bleibt aus. Jetzt setzt der Berliner Landesverband die Bundesspitze unter Druck.
Stand:
Angesichts der ausbleibenden Aufklärung im Fall um den Grünen-Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar fordert der Berliner Landesverband der Partei den Bundesvorstand zur schnellen Aufarbeitung auf.
„In unserer Partei sollen sich alle Menschen sicher und wohlfühlen können. Dazu gehört, dass Meldungen, die eingehen, ernst genommen und aufgeklärt werden“, sagten die Berliner Landesvorsitzenden Nina Stahr und Philmon Ghirmai dem Tagesspiegel. „Wenn die vom Bundesvorstand eingesetzte Kommission die Aufarbeitung der Fälle nicht leisten kann, muss er zügig klären, auf welche Art und Weise dies stattdessen stattfinden wird und Meldungen abschließend bearbeitet werden.“
Grüne-Parteivorsitzende gestehen Ausbleiben der Aufklärung
Die Grünen-Landesspitze reagierte damit auf das Eingeständnis der Parteivorsitzenden Franziska Brantner und Felix Banaszak, dass die eingesetzte Kommission unter Leitung von Anna Lütkes und Jerzy Montag, gar nicht das Ziel verfolgt, den Fall weiter aufzuklären.
„Wir nehmen sehr ernst, dass Parteimitglieder verunsichert sind und Klarheit einfordern“, sagten die beiden dem „Spiegel“. So könnten Betroffene ihr eigenes Erleben schildern und Beobachtungen vortragen.
Eine ernsthafte Aufklärung sei durch die Kommission jedoch nicht zu erwarten, erklärten sie weiter: „Gleichzeitig bleibt es so, dass auch die eingesetzte Kommission nicht leisten soll und kann, was eine Ombudsstelle schon nicht hätte leisten können oder sollen: abschließend über Wahrheit und Unwahrheit zu urteilen oder anstelle der zuständigen Parteigremien über Konsequenzen zu entscheiden.“
Brantner und Banaszak räumten damit erstmals öffentlich ein, was der Tagesspiegel bereits Anfang März berichtet hatte. Seinerzeit dementierte die Bundespartei die Meldung jedoch.

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Hintergrund ist der Skandal um fingierte Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen den Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar. Sie hatten dazu geführt, dass Gelbhaar auf eine Kandidatur für die Landesliste zur Bundestagswahl verzichtet hatte und später bei einer Neuwahl auch seine Direktkandidatur im Wahlkreis Pankow verlor.
Allerdings stellte sich anschließend heraus, dass die bei weitem schwerwiegendsten Anschuldigungen gegen den Politiker, über die der Sender RBB auch öffentlich berichtet hatte, offenbar fingiert waren. Als Drahtzieherin gilt eine grüne Bezirkspolitikerin aus Mitte, die unter anderem eine eidesstattliche Versicherung gefälscht haben soll.
Es muss unbedingt schnell und rücksichtslos aufgeklärt werden, was da eigentlich passiert ist, und auch die Konsequenzen gezogen werden.
Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck im Januar nach Bekanntwerden des Gelbhaar-Skandals
Nach Auffliegen des Skandals hatte die Parteispitze der Grünen eine schnelle Aufarbeitung des Falls versprochen. „Es muss unbedingt schnell und rücksichtslos aufgeklärt werden, was da eigentlich passiert ist, und auch die Konsequenzen gezogen werden“, hatte Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck erklärt.
Zugleich hatten sieben Frauen ihre Meldungen gegen Gelbhaar aufrechterhalten. Darin ging es laut Partei nicht um strafbare Taten, sondern um grenzverletzendes Verhalten.
Ärger im Berliner Landesverband über die Grünen-Bundesspitze
Die Parteivorsitzenden Brantner und Banaszak hatten daraufhin das laufende Ombudsverfahren beendet und eine neue Kommission zur Aufklärung des Falls eingesetzt. Diese ist bislang allerdings ausgeblieben. Sehr zum Unmut des Berliner Grünen-Landesverbands.
Auch in Pankow ist man unzufrieden mit der Arbeit der Bundespartei. Der Kreisverband steckt in einer schwierigen Situation und ist noch auf der Suche nach einem Umgang mit Stefan Gelbhaar nach dem Skandal.
Entscheidend dafür sei auch die Einschätzung der Bundeskommission, hieß es aus dem Kreisverband. So lange bestehe ein Schwelbrand, der jederzeit wieder auflodern könne.
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