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Seit Monaten protestieren die Mitarbeiter gegen die geplante Schließung des Kinos Colosseum.

© imago

Bedrohtes Kino in Berlin: Colosseum-Betriebsrat lädt Erben von Artur Brauner ein

Seit Monaten bekommen die Kino-Mitarbeiter kein Gehalt, nun soll ein Gespräch helfen. Als Schlichter haben sich prominente Politiker angeboten.

Die Mitarbeiter des Kinos Colosseum in Prenzlauer Berg lassen nicht locker. Seit im Mai bekannt gegeben wurde, dass das Traditionskino nach der Corona-bedingten Schließung nicht wieder öffnen soll, kämpfen sie um den Erhalt ihres Arbeitsplatzes.

An der Stelle des Kinokomplexes sollen moderne Büroflächen entstehen. Nur die denkmalgeschützten Gebäudeteile, wie der alte Kinosaal und andere Teile des historischen Pferdebahndepots, sollen bestehen bleiben. Am Samstag berichtete der Tagesspiegel, dass die ersten Pläne für den Umbau offenbar schon im Juni 2019 dem Denkmalschutz des Bezirks bekannt waren. Die Hamburger Immobilienfirma Values Real Estate hatte im November 2019 einen Bauvorbescheid vom Bezirksamt erhalten.

Trotzdem setzen sich die Mitarbeiter des Kinos weiterhin für dessen Erhalt ein. Am vergangenen Mittwoch hat der Betriebsrat deshalb die Erben Artur Brauners zu einer offenen Aussprache über die Zukunft des Colosseums eingeladen. Eine Antwort werde bis zum 5. August erwartet, sagt Martin Rathke, der Betriebsratsvorsitzende des Kinos.

Der Bezirksbürgermeister von Pankow Sören Benn habe sich als Moderator für Gespräche zur Verfügung gestellt. Auch Klaus Lederer, der Bürgermeister und Senator für Kultur und Europa, wurde eingeladen. Die Gespräche sollen möglichst noch im August stattfinden.

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Rathke hofft, dass die Erben sich von den Plänen der Mitarbeiter, das Kino weiterzuführen, überzeugen lassen: „Das Gebäude gehört Erben Artur Brauners. Es würde die gesamte Belegschaft freuen, wenn die Erben persönlich darüber mit uns reden würden, wie es mit dem Kino Colosseum weitergehen kann.“ 

Seit Mai bekommen Mitarbeiter kein Gehalt

Die finanzielle Situation der Mitarbeiter, darunter auch Alleinerziehende, ist laut Rathke teilweise bis heute unsicher. Seit Mai bekämen sie kein Gehalt mehr. Zudem hätten fehlerhaft ausgefüllte Arbeitsbescheinigungen einige Anträge auf Arbeitslosengeld verzögert. „Viele der Kolleg*innen sind seit über 20 Jahren im Colosseum beschäftigt und leben jetzt von der Grundsicherung. Und das, obwohl ihr Arbeitsverhältnis bisher nicht einmal gekündigt worden ist.“ Die Belegschaft verdiene eine echte Chance, die Erben von ihrem Konzept zu überzeugen. 

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Donnerstags laden die Mitarbeiter mit Unterstützung von Verdi zu einem Kiezspaziergang ein, um die Anrainer über die aktuelle Situation des Colosseums zu informieren. Die Reaktionen im Kiez seien überwiegend positiv, erzählt Rathke. Das Kino gehöre für viele Menschen einfach zum Kiezleben dazu.

Auch diesen Donnerstag wollen die Mitarbeiter wieder zu Filmmusik durch die nähere Umgebung des Kinos spazieren und Informationsmaterial verteilen. Für den 13. August ist eine zweite Demonstration gegen die Schließung des Kinos geplant. Bei der ersten Demo am 2. Juli nahmen zwischen 800 und 1.000 Menschen teil.

Insolvenzverfahren ist eröffnet

Inzwischen ist das Insolvenzverfahren offiziell eröffnet worden. Das teilte der vom Gericht bestimmte Insolvenzverwalter, Anwalt Sebastian Laboga von der Kanzlei Pluta, am Montag mit. Die Situation sei seit dem Insolvenzantrag im Mai sogar noch schlimmer geworden, heißt es in der Pressemitteilung. Zu den strikten Hygiene-Richtlinien käme hinzu, dass Film-Premieren, die viel Umsatz bringen, „bis auf weiteres ausfallen.“

„Ich verstehe die Motive der Menschen, die sich mit der ‚Rettet das Colosseum‘-Kampagne so leidenschaftlich für den Erhalt des Kinos einsetzen“, sagte Laboga. Allerdings sei an einen rentablen Betrieb „auf absehbare Zeit nicht im Entferntesten“ zu denken.

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