
© dpa/Britta Pedersen
Belohnung für brave Berlin-Touristen: Von Kopenhagen lernen – oder auch nicht
Kann ein Bonussystem für nachhaltiges Benehmen funktionieren? Das aus jener Stadt der Glücklichen stammt, in der all das gelingt, was später in Berlin scheitert: Kopenhagen.

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Die eigentliche Erfolgsformel für perfekten Tourismus lautet: Die Leute sollen uns ihr Geld überweisen, aber selbst zu Hause bleiben. Dies würde alle negativen Folgen der Reiserei vermeiden, wie sie jetzt gerade in Antalya zu besichtigen sind. Dort wollen sie einen Flughafen bauen, der weit größer ist als der Frankfurter: Ein gigantisches Einfallstor für Dreck, Lärm, Wassermangel, Frust.
Da das ultimative Rezept mit dem Geld aber nicht funktioniert, suchen alle den sanften Tourismus, speziell den sanften Touristen, der alle Schäden vermeidet oder repariert, die er selbst verursacht. Wie üblich wird dieses Konzept in Kopenhagen perfektioniert, jener Stadt der Glücklichen, in der all das gelingt, was später in Berlin scheitert.
So auch diesmal? Die dänische Hauptstadt erweitert in diesem Jahr ihr Konzept „Copen Pay“: Wer mit der Bahn kommt und länger als drei Tage bleibt, der bekommt Leihfahrräder und verbilligte Eintrittskarten; wer urban mitgärtnert oder Müll sammelt, der darf mit Freigetränken und freiem Zugang zu touristischen Attraktionen inklusive Führung rechnen. Sogar ein Bonus für vegetarische Ernährung ist im Gespräch – kurz, man will alle Besucher belohnen, die sich nicht wie solche verhalten.
Das will Berlin nun auch machen, die Verantwortlichen lassen sich von Kopenhagen inspirieren und beraten. Ein eigenes Belohnungssystem sei in Arbeit, heißt es, und überhaupt sei Berlin ja schon jetzt eine der nachhaltigsten Metropolen überhaupt. Pssst: Das ist PR-Sprech für: Da wir keinen Flughafen mit vernünftigen internationalen Verbindungen haben, müssen die Leute halt mit der Bahn kommen (sofern sie fährt).
Kopenhagen hat solche Verbindungen, und es hat noch etwas mehr. Zum Beispiel eine kleine, zu Fuß oder mit dem Rad leicht erschließbare Innenstadt. Und Bürger, die Verantwortung für ihre Stadt übernehmen und selbst gar nicht erst viel Dreck machen. Dieses – heutzutage ungewöhnliche – Verhalten übt auf Touristen nämlich einen gewissen Druck aus, sich ähnlich zu benehmen. Genau wie in Berlin, nur mit umgekehrtem Ergebnis.
Allerdings ist Kopenhagen auch teuer. Sauteuer. Und so mag, ist die tägliche Reisekasse durch zwei Cappuccinos und ein Croissant aufgebraucht, kostenlose Freizeitgestaltung gewünscht sein. Kein Berghain, kein Döner – dann harkt man eben mal die Parks durch und kriegt noch einen Cappuccino dazu.
Hören Sie in dieser Glosse Skepsis durch, so ist das beabsichtigt. Berlin und Kopenhagen, das passt nicht zusammen. Aber vielleicht können wir etwas weniger subtil an die Sache rangehen: Wie wäre es mit kostenlosen Hotelübernachtungen für alle, die beim Brückenabreißen helfen? Kaputtmachendürfen im Weltmaßstab könnte ein Renner sein, zumal, wenn es so sozialverträglich geschieht wie nirgendwo sonst.
Nur so eine Idee. Im Grunde funktioniert Berlin ja doch international am besten, wie es ist: ein bisschen räudig.
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