
© Kai Heimberg
Bereits 2023 rechtskräftig verurteilt: Ermittlungen gegen Berliner Dragqueen Jurassica Parka wegen Kinderpornografie
Jurassica Parka, eine der bekanntesten Dragqueens Berlins, hat all ihre Auftritte abgesagt. Hintergrund sind Ermittlungen wegen des Verdachts auf Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte.
Die queere Community in Berlin wird seit Wochen durch schwere Vorwürfe gegen eine der bekanntesten Dragqueens der Stadt erschüttert. Bereits seit Monaten ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Jurassica Parka wegen des Verdachts auf Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte. Das bestätigte ein Sprecher dem Tagesspiegel.
Im Juni hatte die US-Organisation National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) Hinweise auf Jurassica Parka und kinderpornografisches Material an das Bundeskriminalamt (BKA) übermittelt. Die Zentralstelle des BKA für die Bekämpfung von Sexualdelikten zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen prüfte das Material auf Strafbarkeit und leitete das Verfahren dann an die Berliner Behörden weiter.
Anfang Juli durchsuchten Ermittler die Wohnung der Dragqueen und beschlagnahmten Datenträger. Dazu zählen in der Regel Handys, Tablets, Laptops und Festplatten. Details zu dem gefundenen kinderpornografischen Material konnte die Staatsanwaltschaft aber noch nicht nennen. Die Ermittler prüfen außerdem, ob das Material überhaupt strafrechtlich relevant ist.
Auch die möglichen Tatkonstellationen sind den Angaben zufolge noch unklar, also ob es um Verbreitung, Erwerb oder Besitz geht. Das laut Gesetz drohende Strafmaß dafür ist unterschiedlich hoch. Ebenso müssen die Ermittler prüfen, ob mögliche Taten vorsätzlich begangen wurden.
Ermittlungen stehen am Anfang – es gilt die Unschuldsvermutung
Für Jurassica Parka gilt die Unschuldsvermutung. Die Ermittler stehen noch ganz am Anfang der Untersuchungen. Ob sich der Anfangsverdacht am Ende erhärtet und für eine mögliche Anklage reicht, ist völlig unklar. Nach Angaben des Sprechers der Staatsanwaltschaft werden die Datenträger noch untersucht. Die Auswertung habe begonnen, brauche aber Zeit. Das könne bis zu einem Jahr dauern.
Nach Tagesspiegel-Recherchen wurde Parka bereits im Jahre 2023 wegen Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Schriften verurteilt. Am 18. Oktober stand Parka deshalb vor dem Amtsgericht Tiergarten. Sie wurde zu einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen zu je 70 Euro verurteilt. Das Urteil, das dem Tagesspiegel vorliegt, ist rechtskräftig.
In der Urteilsbegründung von 2023 heißt es, dass Parka „reumütig und geständig war, es sich um eine spontane Tat gehandelt hat und die Tat schon einige Zeit zurückliegt“. Das sei zu ihren Gunsten gewertet worden. Weiter heißt es: „Gegenläufig musste sich die Qualität des Bildes, die große Reichweite und insbesondere der für die abgebildeten Personen tiefgehende Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht auswirken.“
Zudem stellte das Gericht fest, „dass der Angeklagte, der viele Jahre lang übermäßig Alkohol konsumiert hat, kurze Zeit vor der Tat mindestens zwei Flaschen Weißwein getrunken hat und nicht ausschließbar in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war“.
Jurassica Parka: „Ermittlungsverfahren wegen eines mutmaßlichen Online-Vergehens“
Am Mittwochabend bestätigte die 46-jährige Dragqueen auf Instagram, dass gegen sie ermittelt wird, nannte jedoch keine Details. In einer Videobotschaft sagte sie lediglich, es gebe „ein Ermittlungsverfahren wegen eines mutmaßlichen Online-Vergehens“ gegen sie.
Sie habe sich eine Anwältin genommen, die bereits Einsicht in die Akten genommen habe. „Um was für ein Vorgang es da genau geht, können wir zu diesem Zeitpunkt jetzt überhaupt noch gar nicht ausreichend nachvollziehen“, sagt Parka weiter. Die Ermittlungen würden voraussichtlich noch länger dauern. „Bisher ist es komplett unklar, ob überhaupt eine Anklage erhoben wird“, sagte Parka. Sie könne sich nicht weiter dazu äußern, da es sich um ein laufendes Verfahren handele.
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Sie spricht auch über ihre Alkoholabhängigkeit. „2025, aber auch davor schon, also bis in den Sommer hinein, war das eine Zeit voller Abstürze“, sagt sie. Zeitweise habe sie „komplett die Kontrolle verloren“. Sie habe eine Suchttherapie angefangen.
In ihrem Video geht Parka auch auf die Gerüchte in der queeren Community ein. „Wie wahrscheinlich schon die meisten von euch mitbekommen haben, wird über mich im Moment sehr viel gesprochen und gemutmaßt“, sagt sie. Sie habe einen Moment gebraucht, um sich zu sammeln und sich zu äußern.
Teilweise würden auch „gezielt Gerüchte und Falschinformationen“ gestreut. „Das ist rufschädigend“, sagt Parka und führe ihrem beruflichen Umfeld – den Menschen und Institutionen, mit denen sie zusammenarbeite – Schaden zu. „Was das für ein Ausmaß hat, kann ich aktuell noch überhaupt nicht bemessen“, sagt Parka. Diese müsse sie schützen. „Und ich habe mich deshalb dafür entschieden, jetzt erst mal bis auf Weiteres nicht aufzutreten.“
Mehrere Auftritte von Jurassica Parka abgesagt
In den vergangenen Tagen wurden mehrere ihrer Auftritte, unter anderem ihre Nachtshow „Paillette geht immer“ im Kreuzberger BKA-Theater, für die kommenden Monate abgesagt. Ihre Fans bat sie: „Es wäre schön, wenn ihr mich nicht sofort vorverurteilen würdet und nicht einfach jedem Scheiß glaubt, der über mich erzählt wird.“
Sowohl ihr Medienrechtsanwalt als auch ihre Strafverteidigerin wollten sich auf Anfrage nicht zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft äußern. Das Management der Künstlerin ließ eine Tagesspiegel-Anfrage unbeantwortet.
Datenbestände aus E-Mails, Direktnachrichten, Whatsapp oder Discord
Ihren Ursprung haben die Ermittlungen gegen Parka in den USA: Hinweise von dort machen inzwischen einen Schwerpunkt der Ermittlungen in Deutschland gegen Kinderpornografie aus. Die Trefferquote, dass mit den Hinweisen aus den USA tatsächlich Straftaten ermittelt und nachgewiesen werden könnten, sei sehr hoch, sagte ein Ermittler dem Tagesspiegel.
NCMEC kooperiert mit amerikanischen Internetanbietern und Serviceprovidern, die ihre Datenbestände aus E-Mails, Direktnachrichten, Whatsapp oder Discord ständig filtern – auch auf die Darstellung des Missbrauchs von Kindern. Bei Funden löschen die US-Provider die Daten und reichen die Informationen dazu an NCMEC weiter.
Anhand der IP-Adresse, also der Kennung eines Endgerätes im Internet, kann das Center das verdächtige Material den Polizeizentralen anderer Staaten zuweisen.
2024 erhielt das BKA vom NCMEC 205.728 Hinweise auf mögliche Straftaten. In 106.353 Fällen stellte das BKA eine strafrechtliche Relevanz nach deutschem Recht fest. Spezialisten sichten – auch mithilfe von Technik – nach dem Eingang aus den USA das Material und prüfen, ob ausreichender Verdacht auf eine Straftat besteht.
Erhärtet sich der Verdacht, bereitet ein weiteres Team beim BKA das Material auf – mit Informationen zum Tatort und zum Verdächtigen. Alles wird dann an die Polizeien der Bundesländer weitergeleitet, die dann nach dem Tatortprinzip weiter ermitteln müssen. Für den ganzen Ablauf, intern „NCMEC-Prozess“ genannt, braucht das BKA nur wenige Tage.
Nach der Kriminalstatistik des BKA ist die Zahl der Fälle von Kinder- und Jugendpornografie in den vergangenen zehn Jahren enorm gestiegen. Die meisten Fälle basieren auf Daten des NCMEC. 2015 bekam das BKA etwa 14.500 solcher Fälle aus den USA, 2022 waren es 136.500, 2023 schon 179.000 und 2024 dann 205.728.
In den vergangenen beiden Jahren hat sich der Verdacht auf Kinder- oder Jugendpornografie nur noch bei der Hälfte der aus den USA gemeldeten Fälle erhärtet. Es bleiben jedoch 100.000 strafrechtliche Fälle pro Jahr, hier stieg dank der technischen Entwicklung die Aufklärungsquote auf zuletzt 90 Prozent.
Dass die Behörden die Hälfte der Hinweise als nicht strafrechtlich relevant einstufen, hat auch mit dem veränderten Verhalten Jugendlicher und technologischen Entwicklung zu tun. Bei dem von NCMEC bereitgestellten Beweismaterial handelt es sich laut BKA nicht selten um einzelne Fotos oder Videos, die „durch Jugendliche oder Kinder unbedacht versendet werden“. Die Zahl der festgestellten Minderjährigen, die aus eigenem Antrieb Bilder und Videos von sich erstellen und verbreiten, sei rasant gestiegen. Die Hälfte der Verdächtigen bei Fällen von Jugendpornografie seien minderjährig.
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