zum Hauptinhalt
Teures Gut: Mehr als 200 Millionen Euro dürfte die landeseigene Gewobag für den Ankauf von 670 Wohnungen in der Karl-Marx-Allee zahlen müssen.

© Soeren Stache/dpa

Berlin kauft 670 Wohnungen an der Karl-Marx-Allee: CDU fordert Wirtschaftlichkeitsprüfung

Mehr als 200 Millionen Euro dürfte das Land Berlin der Ankauf von 670 Wohnungen kosten. Die CDU kritisiert den Deal scharf.

Einen Tag nach Bekanntwerden der Einigung zum Ankauf von 670 Wohnungen in der Karl-Marx-Allee durch die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gewobag hat die CDU-Fraktion gefordert, den Deal einer Wirtschaftlichkeitsprüfung zu unterziehen.

"Wir wollen Klarheit darüber, ob hier die Wirtschaftlichkeit noch gegeben ist, oder ob der Senat einen viel zu teuren Spekulationspreis bezahlt hat. Dazu erwarten wir jetzt zügig eine Wirtschaftlichkeitsberechnung, die vom Rechnungshof geprüft und anschließend offengelegt werden muss", erklärte Christian Gräff, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, am Dienstagmorgen.

Hintergrund der Forderung ist die Unklarheit darüber, zu welchem Preis die Wohnungen vom bisherigen Eigentümer, der Predac Immobilien Management AG, an die Gewobag und damit an das Land Berlin verkauft werden sollen. Am Montag hatte sich keine der beteiligten Seiten über die Inhalte des beurkundeten Vertragsangebotes äußern wollen. Der "rbb-Abendschau" sagte Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD), der Quadratmeterpreis liege unterhalb der Marke von 4500 Euro.

Weil Gräff und andere Beobachter des Berliner Immobilienmarktes davon ausgehen, dass der Kaufpreis pro Quadratmeter tatsächlich zwischen 4000 und 4500 Euro liegen dürfte, ist mit einem Gesamtumfang zwischen 214 und 240 Millionen Euro für den Deal zu rechnen.

"Sinnlose Verstaatlichung der Stalin-Bauten"

Deutlich zu viel, findet Gräff: "Angesichts der hohen Kaufsumme bestehen begründete Zweifel, ob sich der Rückkauf für Mieter und Steuerzahler rechnet. Von den gut 200 Millionen Euro ließen sich fast doppelt so viele Neubauwohnungen oder zehn bis 15 neue Grundschulen bauen." Er warf dem Senat vor, "Rückkäufe um jeden Preis" als Teil einer "Klientelpolitik" und auf Kosten der Steuerzahler vorzunehmen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Kritik an dem sowohl vom Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) als auch von Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) und Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) gelobten Deal hatte zuvor bereits Sibylle Meister, Sprecherin für Haushalt und Finanzen der FDP-Fraktion, geübt. Sie warf dem Senat vor, "in sozialistischer Verklärung eine sinnlose Verstaatlichung der Stalin-Bauten voranzutreiben."

Statt ehemals landeseigene Wohnungen für ein Vielfaches des damals erzielten Verkaufspreises zu rekommunalisieren, sollte der Ankauf von Wohnungen durch die bestehenden Mieter gefördert werden. "Das verwurzelt die Menschen in ihrem Kiez und erhält langfristig die Bevölkerungsstruktur. Gleichzeitig schützt nichts besser vor steigenden Mieten als selbst genutztes Wohneigentum", erklärte Meister. FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja unterstellte dem Senat "Doppelmoral", weil privaten Unternehmen Kaufpreise wie die nun offenbar durch die Gewobag zu zahlenden als "Spekulation" ausgelegt würden.

Maren Kern, Vorsitzende des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, dem auch die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften angehören, erklärte dazu: "Für die jeweiligen Mieterinnen und Mieter kann die Ausübung von Vorkaufsrechten eine erfreuliche Nachricht sein. Allerdings muss auch klar sein, dass dadurch keine neuen Wohnungen geschaffen werden. Vorkäufe werden das Wohnungsproblem in Berlin deshalb nicht lösen. Hier hilft nur Neubau. Außerdem kann man jeden Euro nur einmal ausgeben. Die finanziell aktuell gute Lage des Landes kann sich aber auch wieder ändern."

Tatsächlich bedeutet der Ankauf der für einen Verkauf an das Immobilienunternehmen Deutsche Wohnen vorgesehenen Wohnungen das Ende eines monatelangen Tauziehens zwischen dem Land Berlin und dem wegen seiner profitorientierten Geschäftspolitik in die Kritik geratenen Aktienkonzerns. Dieser hatte ursprünglich fünf Blöcke in der Karl-Marx-Allee kaufen wollen und damit bei zahlreichen Mietern Sorgen vor Mietsteigerungen und Verdrängung ausgelöst. Im Dezember stoppte das Landgericht Berlin den Verkauf per einstweiliger Verfügung.

Nachdem ein im Milieuschutzgebiet liegender Wohnblock durch ein Vorkaufsrecht des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg in den Besitz der Wohnungsbaugesellschaft Mitte übergegangen war, gehen nun drei weitere Blöcke an die Gewobag. Der Verkauf des letzten zur Disposition stehenden Wohnblocks mit 150 Wohnungen wurde per Gericht durch eine einstweilige Verfügung gestoppt. Bleibt es bei der Untersagung des Verkaufs an die Deutsche Wohnen, könnten auch sie in den Bestand einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft übergehen - und das Land Berlin damit zusätzliche Millionen kosten.

Zur Startseite