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Busse stehen auf der Kantstraße oft im Stau. Der Senat will deshalb den Parkstreifen durch eine Busspur ersetzen.

© imago images/Stefan Zeitz

Streit um Verkehrskonzept: Berlin will Busspur statt Parkplätzen an der Kantstraße

Die Verkehrsverwaltung will die Kantstraße neu aufteilen. Der Bezirk befürchtet Chaos - und will den Durchgangsverkehr auf Kant- und Budapester Straße stoppen.

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Für den geplanten Umbau der Kantstraße hat der Berliner Senat ein neues Konzept entwickelt. Geplant ist demnach, dass die Parkplätze zwischen Joachimsthaler Straße und Wilmersdorfer Straße zugunsten einer neuen Busspur komplett gestrichen werden. „Der Parkraum entfällt damit auf diesem Abschnitt“, teilte der Sprecher der Senatsverkehrsverwaltung Jan Thomsen dem Tagesspiegel mit.

Stattdessen soll der rechte Fahrstreifen dauerhaft zu einem geschützten Radweg werden. Auf dem mittleren Fahrstreifen soll in diesem Abschnitt künftig eine Busspur entstehen. Nur die linke Spur soll nach den Plänen von Autofahrern befahren werden.

Damit die Geschäfte und Restaurants entlang der Kantstraße weiterhin ihre Waren anliefern können, sei zudem vorgesehen, die Busspur „außerhalb der Spitzenzeiten“ als Lieferzone freizugeben, sagte Thomsen. Zunächst hatte die „Berliner Morgenpost“ darüber berichtet.

Wenig würde sich nach den Senatsplänen im westlichen Teil der Kantstraße verändern. Von den beiden Spuren soll - wie aktuell - die rechte als Radweg genutzt werden. Jedoch könnte er gegebenenfalls abschnittsweise auch für Busse freigegeben werden, erklärte Thomsen. Ansonsten ist der linke Fahrstreifen wie bislang dem Auto- und Busverkehr vorbehalten.

Für Anlieferungen solle in dem bislang als Parkbuchten genutzten Bereich rechts der Fahrbahn Lieferzonen geschaffen werden. Weitere Haltepunkte für den Warentransport könnten in den Seitenstraßen entstehen, sagte der Sprecher.

„Wir befinden uns mit dem Bezirk aktuell noch in Gesprächen über die Planungsgrundlagen für die Kantstraße. Ziel ist ein abgestimmter Auftrag an ein Planungsbüro“, erklärte Thomsen. Das Konzept sei demnach noch in der vergangenen Legislaturperiode verabredet worden.

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Das sieht der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf gänzlich anders. „Verabredet ist gar nichts, wir haben nur einen Brief bekommen“, sagte Charlottenburg-Wilmersdorfs Verkehrsstadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne).

Beim westlichen Teil der Kantstraße sei man sich weitgehend einig. Doch die Senatspläne für den Abschnitt von der Joachimsthaler Straße zur Wilmersdorfer Straße lehne man klar ab. „Vom Bezirksamt gibt es die eindeutige Position, dass das nicht geht.“

Das Haus von Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) überfrachte mit all ihren Wünschen die Kapazität der Straße, findet Schruoffeneger. Das Chaos sei wegen des regen Lieferverkehrs und der Anwohner programmiert. „Ein Busstreifen, den man gleichzeitig zur Lieferzone macht, wird in der praktischen Umsetzung nicht funktionieren. Wir brauchen dort separate Flächen zum Liefern und Laden.“

Bezirk will Kantstraße und Budapester Straße von Durchgangsverkehr befreien

Der Stadtrat schlägt daher ein anderes Konzept vor: „Ich will den Durchgangsverkehr nicht auf der Kantstraße haben. Dann würde ich die Straße um 40 bis 50 Prozent der Autos entlasten.“ Die Busse der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) hätten dann auch ohne eigene Spur genug Platz, so die Idee.

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Um das zu erreichen sehen die Pläne des Bezirks vor, bereits aus der Budapester Straße den Durchgangsverkehr herauszunehmen. Bereits dort sei ein Großteil der Autos nur auf der Durchfahrt. Die Straße soll dafür auf einen Fahrstreifen je Richtung reduziert werden, die beide auf der bislang nördlichen Fahrbahnseite verlaufen würden.

Verkehrsstadtrat: Wer zur Autobahn will, soll über die Bismarckstraße fahren

Zugleich will Schruoffeneger die die direkte Verbindung zur Kantstraße kappen. „Wir wollen den Schlenker an der Gedächtniskirche Richtung Kantstraße dicht machen. Der hat nur eine Zubringerfunktion zur Autobahn.“ Wer die Stadt von Ost nach West zur A100 durchquere, solle stattdessen auf den 17. Juni und die Bismarckstraße ausweichen.

Die Senatsverwaltung sei auf diese Vorschläge bislang nicht eingegangen. Jedoch gebe es Ende Mai eine gemeinsame Begehung der Kantstraße mit Verkehrsstaatssekretärin Meike Niedbal.

Mit Blick auf die nun kommunizierten Pläne der Verkehrsverwaltung zeigt sich Schruoffeneger irritiert. „Ich weiß nicht, warum wir Ende Mai einen Ortstermin machen, wenn vier Wochen vorher ein Verkehrskonzept präsentiert wird.“ Dennoch bleibe er optimistisch, dass sich beide Seiten nach der mehrjährigen Hängepartie doch noch einigen.

„Es gibt ein paar Varianten, die sind kompromisshaft, über die kann man reden“, sagt Schruoffeneger. Voraussetzung für ihn sei aber immer, dass auch aus der Budapester Straße der Durchgangsverkehr verschwinde.

Kritisch sieht das Vorgehen des Senats auch die FDP. „Der Senat prescht mit einer unausgegorenen Planung vor, ohne die Belange der Gewerbetreibenden und Anlieger zu berücksichtigen", sagte der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion Felix Reifschneider. Lieferzonen auf der Fahrspur verursachten unübersichtliche, gefährliche Situationen. Zudem gehe die ersatzlose Aufhebung aller Parkplätze in der östlichen Kantstraße zu weit. "Das erhöht den Parksuchverkehr in den Nebenstraßen massiv", so Reifschneider.

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