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Ein Mitarbeiter der Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR). Seit längerem wird geklagt, dass einige Straßen und Plätze in der Stadt auch mehrmals am Tag gereinigt werden müssen, um sie sauber zu halten.

© dpa

Neue Regeln für die Straßenreinigung: Berlin wird sauberer – und das wird teurer

Prominente Ecken der Stadt werden ab Jahresbeginn öfter geputzt. Die Anwohner müssen sich auf steigende Nebenkosten gefasst machen. Wer noch eine Firma mit Winterdienst beauftragen will, muss sich indes beeilen.

Berlin soll ein bisschen sauberer werden – und wird deshalb für viele Berliner ein bisschen teurer. Wahrscheinlich zum Jahreswechsel werden nämlich zwei neue Straßenreinigungsklassen eingeführt, die jeweils rund 100 Straßen oder Teilabschnitte betreffen. Fast alle bekannten Einkaufsstraßen und viele Touristenmeilen werden in die neue Kategorie 1a hochgestuft und sollen zehn statt sieben Mal pro Woche gereinigt werden – also an manchen Tagen mehrfach. Die Reinigungsklasse 2a zielt ebenfalls auf Einkaufsstraßen, die vor allem während der Ladenöffnungszeit stark frequentiert und entsprechend verschmutzt werden. Sie wurden bisher fünf Mal pro Woche gereinigt.

Tägliche Reinigung reicht in der City nicht aus

Wenn der Rat der Bezirksbürgermeister der Verordnung aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zustimmt, geht ein langgehegter Wunsch der BSR in Erfüllung: Die Stadtreinigungsbetriebe klagen seit längerem, dass eine tägliche Reinigung vor allem in der unmittelbaren City nicht ausreicht, um Straßen und Plätze einigermaßen sauber zu halten. „Die bisherigen Reinigungsklassen 1 und 2 sind mehr als 80 Jahre alt“, sagt BSR-Sprecher Sebastian Harnisch. An der Tauentzienstraße läuft nach seiner Auskunft bereits ein von Anliegern mitfinanziertes Pilotprojekt für häufigere Reinigung, das gut ankomme.

Wo die Männer in Orange öfter putzen, müssen Anlieger auch mehr zahlen: Die Gebühren an den neuen 1a-Straßen sollen von 24 auf 34 Cent pro Quadratmeter Grundstücksfläche steigen. An den 2a-Straßen werden statt zurzeit 17 voraussichtlich 20 Cent fällig.

Diese Mehrkosten kämen irgendwann auch bei den Mietern an, obwohl die sicher nicht die Hauptverursacher des Drecks seien, gibt Dieter Blümmel vom Verband Haus und Grund zu bedenken. Mit Kritik hält er sich aber zurück, da zumindest an den 1a-Straßen Preise und Leistung im gleichen Umfang steigen, nämlich um gut 40 Prozent.

Handreiniger statt Streufahrzeug

Noch heftiger trifft es manche Anlieger kleinerer Straßen: Die Tiefbauämter der Bezirke führen seit einigen Jahren „Sperrlisten“ der Wege, die nicht von Maschinen befahren werden dürfen. Das betrifft speziell den Winterdienst, der dann massiv teurer werden kann. Falk Eckert, Geschäftsführer der relativ großen Winterdienstfirma Kanold, berichtet von verdreifachten Preisen bei bestenfalls konstanter Qualität: Statt eines Streufahrzeuges müssten zwei Handreiniger losgeschickt werden, die in ihrer Schicht weniger schafften – erst recht, wenn es immer wieder schneit und der Knochenjob an den Kräften zehrt. Auch fürs Unternehmen sei die Handarbeit nicht lukrativ, zumal die Maschinen gründlicher fegen als die Männer.

Eckert stellt klar, dass die Sperrlisten der Tiefbauämter „Gesetz“ seien und Verstöße hart bestraft würden. „Bevor unsere Einsatzleiter den Winterdienst auf Handarbeit umstellen, muss es einen triftigen Grund geben“, versichert Eckert, der den Ärger der betroffenen Kunden versteht. Er selbst ärgert sich wiederum über die Ämter: „Zu unserem völligen Unverständnis werden auch neue Wege gebaut, die nicht maschinentauglich sind“, berichtet er. Schwachstellen seien meist der nicht tragfähige Untergrund unter Platten oder die Verfüllung um Kleinpflastersteine, die der rotierenden Kratzbürste der Fahrzeuge nicht standhält.

Kapazitäten der Winterdienste stark gesunken

Dass die Novellierung des Straßenreinigungsgesetz nach dem wochenlangen Glättechaos 2010/11 im Sinne der Qualität und Sicherheit vernünftig war, bestätigt auch Eckert, obwohl seine Mitarbeiter seitdem viel weniger Grundstücke pro Tag schaffen und er die Preise entsprechend erhöhen musste. Weil die Winterdienste sich deutlich besser wappnen mussten, seien die Kapazitäten stark gesunken. So sehr, dass sogar noch Flächen vakant seien. „Wer sich erst im Oktober um seinen Winterdienst kümmert, hat schlechte Karten“, resümiert der Geschäftsführer. Kunden hätten die Wahl zwischen schlechter Qualität und hohen Preisen. Eine Grenze des Winterdienstes hat jetzt das Verwaltungsgericht definiert: Mit einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil wurde ein Bußgeldbescheid gegen eine Neuköllner Grundstückseigentümerin von 2010 für nichtig erklärt: Das Ordnungsamt hatte ihr die Strafe aufgebrummt, weil sie den Gehweg auf der gegenüberliegenden Straßenseite nicht geräumt und gestreut hatte. Auf ihrer eigenen Seite gab es keinen Gehweg. Die Richter stellten klar: Der Verantwortungsbereich des Anliegers endet spätestens in der Straßenmitte.

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