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Berliner AfD vor Parteitag: Seltene Einigkeit
Zum zweiten Mal wählt die Berliner AfD ihre Bundes-Delegierten. Die Vorzeichen stehen vergleichsweise harmonisch.
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Wenn sich die Berliner AfD am Wochenende zum Parteitag trifft, löst Landes- und Fraktionschefin Kristin Brinker gleich zwei Versprechen ein. Erstens tagt die AfD im Bürgersaal Zehlendorf und damit nicht, wie in der Vergangenheit aus Mangel an Räumlichkeiten vorgekommen, in der Brandenburger Provinz oder gar in einem provisorischen Festzelt. Zweitens findet der Parteitag nach dem Mitglieder- und nicht wie zuletzt kritisiert, nach dem Delegiertenprinzip statt.
Beides hatte Brinker, die sich im März des vergangenen Jahres im Rennen um den Parteivorsitz mit hauchdünner Mehrheit gegen ihre Kontrahentin Beatrix von Storch durchgesetzt hatte, den gegenwärtig knapp über 1000 Mitgliedern fest zugesagt. Insgeheim muss Brinker dennoch hoffen, dass sich nicht allzu viele auf den Weg nach Zehlendorf machen. Der Saal fasst nur etwas mehr als 200 Menschen.
Inhaltlich geht es unter anderem um die in Folge der Energiekrise steigenden Preise. Verabschiedet werden soll eine Resolution unter dem Titel „Berlin. Aber bezahlbar.“ Gefordert wird die Rückkehr zu einem „vernünftigen Energiemix“ aus fossilen Energieträgern, Kernkraft und erneuerbaren Energiequellen, die Wiederinbetriebnahme von Nord Stream 2, die sofortige Aufhebung des Energieembargos gegen Russland sowie ein Deckel auf die Preise für Gas, Strom und Wärme. Darüber hinaus steht eine Debatte darüber an, ob die Partei, die aktuellen Umfragen zufolge bei zehn Prozent der Stimmen und damit zwei Prozentpunkte über dem Ergebnis von 2021 steht, weiter mit einer Landesliste oder künftig, genau wie die CDU, mit Bezirkslisten zu Wahlen antritt.
Der eigentliche Anlass für das Treffen wiederum ist ein anderer. Weil Schiedsgerichte der Partei die im Juni 2021 durchgeführte Wahl der Delegierten für den Bundesparteitag für nichtig erklärt hatten, muss diese nun nachgeholt werden. Verantwortlich für den enormen Image- und Finanzschaden ist Beatrix von Storch. Sie hatte mehrere Kandidaten nachträglich auf die Liste gehievt. Im Nachgang der Wahl wurde diese erfolgreich angefochten.
Von Storch gilt spätestens seitdem im Landes- wie auch im Bundesverband als weitestgehend isoliert. Bei der Wahl des Bundesvorstandes im Sommer trat die ehemalige Vize-Chefin der Partei gar nicht erst an. Im Antragsbuch für den Parteitag in Berlin finden sich zwei gegen ihre Person gerichtete Anträge, die allerdings nicht behandelt werden dürften.
Brinker gewinnt an Zustimmung
Innerhalb der Berliner AfD ist die Lage aktuell im Vergleich zur vergangenen Legislatur ruhig. Konflikte werden zum allergrößten Teil intern ausgetragen, auch aus der deutlich dezimierten Fraktion dringen nur selten Misstöne nach außen. Dass die Sacharbeit vieler Fraktionsmitglieder steigerungsfähig ist, gestehen selbst Mitglieder der Partei offen. Zu selten gelinge es, die von der Koalition etwa in der Bildungs- oder Verkehrspolitik gezeigten Fehlleistungen auszunutzen.
Deutlich gestärkt steht Fraktionschefin Kristin Brinker da. Ihr ist es gelungen, den zuletzt heillos zerstrittenen Landesverband zumindest vor dem Auseinanderbrechen zu bewahren. Brinker befriede aufkommende Konflikte auf ruhige und zugewandte Art und Weise, heißt es. Selbst einstige Gegner Brinkers erkennen an, diese habe den Zustand der Berliner AfD deutlich verbessert. Kritik gibt es daran, dass die Partei zu wenig sichtbar ist, Veranstaltungen oder Demonstrationen die große Ausnahme sind.
Störgeräusche gibt es für die dem liberalen Flügel der Partei angehörende Brinker aber dennoch. Erst in der vergangenen Woche nahmen mehrere Mitglieder der Fraktion, darüber Landesvorstand Gunnar Lindemann, an einer Veranstaltung mit AfD-Rechtsaußen Björn Höcke teil. Moderiert wurde das Treffen von Thorsten Weiß, einst Obmann des offiziell aufgelösten Flügels der Partei in Berlin. Parteiintern heißt es, der als Höcke-Fan bekannte Weiß plane einen Wechsel in den thüringischen Landesverband der AfD. Für Kristin Brinker und den von ihr vertretenen gemäßigten Kurs wäre das ganz sicher nicht die schlechteste Nachricht.
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