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Die wenigen Ständer an den Eingängen des Bahnhofs Südkreuz sind ständig überfüllt.

© Jörn Hasselmann

Berliner Fernbahnhof Südkreuz: Deutsche Bahn will ein Fahrradparkhaus, Berlin nicht

Die Verkehrsverwaltung will kein Fahrradparkhaus am Bahnhof Südkreuz. Es gebe keine Pläne und keinen Platz. Stimmt nicht, entgegnen die Grünen: Die Bahn habe Platz und fertige Pläne.

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Die Berliner Verkehrsverwaltung will 80 neue Fahrradständer am Bahnhof Südkreuz aufstellen, 20 davon als sichere „Sammelschließanlage“. Ein Fahrradparkhaus sei nicht geplant. Es gebe keinen Platz und deshalb auch keinen Plan. So steht es in der Antwort der Senatsverkehrsverwaltung auf eine Anfrage der Grünen. Das Schreiben liegt dem Tagesspiegel exklusiv vor.

Die grüne Abgeordnete Oda Hassepaß ist über die Antwort empört. Die Deutsche Bahn habe sehr wohl ausreichend Flächen und sogar 2024 eine Machbarkeitsstudie von einem Planungsbüro erstellen lassen. Dieses hatte mehrere mögliche bahneigene Standorte untersucht und bewertet. So gehören der Bahn ein Grundstück am nördlichen Vorplatz, wo der Radweg Richtung Gleisdreieckpark beginnt, und das ungenutzte Parkdeck Nord.

Beim Bau der Station 2006 wurde nur das südliche Parkhaus in Betrieb genommen, das nördliche wurde nicht zu Ende gebaut. Für Autos wird es auch nicht mehr gebraucht, heißt es in der Studie. Die Prognosen damals waren falsch, heute werde der Bedarf für Park+Ride deutlich geringer eingeschätzt. Hinzu kommt, dass die damals geplante Zufahrt von der General-Pape-Straße heute als nicht realisierbar gilt.

Bahnstudie nennt fünf Varianten für Parkflächen

Zudem hat die Studie eine unterirdische Parkebene unter dem Hildegard-Knef-Platz untersucht (dort halten die Busse). Diese Variante ist mit über 37 Millionen Euro Kosten die teuerste, hätte aber einen Vorteil: Mit einem Tunnel unter der Ringbahn könnte die fehlende Nord-Süd-Verbindung für Radfahrer integriert werden. Derzeit müssen Fahrräder durch den Bahnhof geschoben werden.

Die Studie präferiert Lösungen, die zügig realisierbar sind, und zwar auf dem nördlichen Vorplatz. In der Bewertung kommt Variante C auf Platz 1. Diese sieht eine Kombination aus einem Fahrradparkhaus (mit „Spindel“) auf einem bahneigenen Grundstück im Norden mit einem Verbindungssteg zum Parkdeck Nord vor. Es folgen die Varianten B, A und D. Auf den letzten Platz kam die teure unterirdische Variante E.

Ein Fahrradparkhaus im tschechischen Königgrätz (Hradec Kralove)

© Jörn Hasselmann

An der Machbarkeitsstudie waren alle Akteure beteiligt, die Verkehrsverwaltung, Infravelo, der Bezirk und die Bahn. Die Verkehrsverwaltung könne also nicht behaupten, sie kenne die Studie nicht, sagt die Abgeordnete Hassepaß.

Die Bahn-Studie widerspricht der Verkehrsverwaltung auch beim Bedarf deutlich: „Das Angebot reicht bei Weitem nicht aus, um die Nachfrage vor allem nach qualitativ hochwertigen Abstellmöglichkeiten zu decken.“ Die Deutsche Bahn halte aufgrund steigender Fahrgastzahlen und den vielen Neubauten im Umfeld 1050 Stellplätze für erforderlich. „Hiervon sollte ein signifikanter Anteil zugangsgesichert sein.“

Bahn geht gegen Wildparken vor

Die Verkehrsverwaltung verweist in der Antwort an die Grünen lediglich auf Zahlen von 2019. Damals hatte die senatseigene Infravelo GmbH 444 Plätze am Bahnhof gezählt und 108 weitere bis 2030 für erforderlich gehalten. Doch seitdem ist ein völlig neues Stadtquartier westlich der Station entstanden.

Südkreuz ist für die Bahn mit 180.000 Reisenden pro Tag immens wichtig, Tendenz steigend. Im Dezember geht die neue ICE-Trasse nach Dresden in Betrieb, die Fahrt zum BER und nach Dresden/Prag verkürzt sich deutlich.

Weil es zu wenig sichere Ständer gibt, werden Räder am Bahnhof Südkreuz überall angeschlossen, an Schilder und Geländer. Die Bahn ging bereits gegen das Wildparken vor, 2017 wurden in einer Aktion „Knöllchen“ verteilt und mit der Beseitigung gedroht. Es half nicht. Denn für die meisten Flächen ist der Bezirk Tempelhof-Schöneberg verantwortlich, Dutzende Schrotträder blockieren die Ständer.

Benötigt wenig Platz: Fahrradparkhaus „Biketower“ in Leitmeritz (Tschechien)

© Jörn Hasselmann

Oda Hassepaß zieht dieses Fazit: „Die CDU-Verkehrsverwaltung unternimmt trotz günstiger Rahmenbedingungen nichts, um den Bau von Fahrradparkhäusern voranzubringen“. Günstig sei zum Beispiel, dass die für Fahrradinfrastruktur zuständige Firma Infravelo nun genügend Personal habe, dass eine Studie der Bahn vorliege und es Förderprogramme zur Finanzierung gebe. „Aber es passiert nichts“, kritisierte die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen.

Seit etwa zwölf Jahren diskutiert Berlin über Parkhäuser für Fahrräder. Viele Standorte wurden angekündigt, darunter Mexikoplatz, Krumme Lanke, Ostkreuz, Gesundbrunnen und Zehlendorf – und wieder beerdigt. Realisiert wird aktuell nur eines: In Schöneweide soll Ende dieses Jahres Baustart für ein Parkhaus für 1000 Räder sein.

In der Schweiz und in Holland gibt es deutlich größere Anlagen. Brandenburg hat schon viele gebaut. Das Nachbarland Tschechien setzt auf vollautomatische, standardisierte Parkhäuser. Diese benötigen nur wenig Grundfläche, allein der Anbieter Biketower hat mittlerweile seine Glashäuser in 24 Städten.

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