
© Frank Bachmann
Berliner Kinder- und Familienhospiz: Wenn die Seele in Not ist
In unserer Weihnachtsspendenaktion 2024/25 „Menschen helfen“ bittet das Berliner Kinder- und Familienhospiz der Stephanus-Stiftung um Spenden.
Stand:
Berlin muss sparen – der Tagesspiegel hilft Berlin: Bei der 32. Runde der Weihnachtsaktion „Menschen helfen!“ 20254/25 bitten wir um Spenden auf unser Vereinskonto für 52 ausgewählte soziale Projekte. In unserer Serie stellen wir einige stellvertretend vor. Heute: das Kinder- und Familienhospiz der Stephanus-Stiftung.
Der Patient wurde in seinem Bett liebevoll versorgt. Seine Betreuerin hat ihm ein Blutdruckmessgerät auf den Bauch gelegt, an den Waden kleben Pflaster, und neben dem Bett sind Essen und genügend Getränke platziert. Die Betreuerin ist ein kleines Mädchen, der umsorgte Patient ein Teddybär. Rund um sein Bett liegen weitere Stofftiere.
Die liebevolle Behandlung findet einem Spielzimmer statt, das Mädchen hat eine Szene aus ihrem Alltag nachgestellt. Einen traurigen Alltag. Der Teddy steht für den todkranken Bruder des Mädchens. Das Spielzimmer befindet sich im Kinder- und Familienhospiz der Stephanus-Stiftung.
Katharina Kreuschner, die verantwortliche Koordinatorin für das Projekt im Hospiz, sitzt etwas später in einem Sessel in dem Spielzimmer und betrachtet den Teddy. Er drückt den Umgang eines Kindes mit dem Schicksal seiner Geschwister oder Eltern aus. „WIr begleiten todkranke Kinder oder todkranke Väter oder Mütter“, sagt Kreuschner.
Begleitung von Kindern und Eltern
Das Kinder- und Familienhospiz der Stephanus-Stiftung ist eine von 52 sozialen Initiativen der 32. Tagesspiegel-Weihnachtsaktion „Menschen helfen!“ 2024/25, für die der Spendenverein sammelt. In unserer Spendenserie stellen wir bis zum neuen Jahr einige der Projekte vor.
Wenn ein Vater oder eine Mutter schwer krank ist, ist die psychische Belastung vor allem für die Eltern extrem. Ihre große Sorge gilt den Kindern. Wie teilt man ihnen die schreckliche Nachricht mit? Wie fängt man sie auf? Wie bewältigt man dazu das eigene Schicksal?
Das sind Fragen, die Katharina Kreuschner häufig hört. „Auf jeden Fall kindgerecht die Wahrheit sagen“, erklärt sie den Eltern stets. „Kinder sind die Spiegel unserer Gefühle. Sie merken sofort, wenn etwas nicht stimmt. Wenn sie die Wahrheit kennen, dann wissen sie, dass nicht sie daran schuld, dass es Mama oder Papa so schlecht geht.“

© Frank Bachner
Doch nicht nur die Eltern, auch die Kinder, die Angehörigen, alle Betroffenen geraten in solch einer Situation in den seelischen Grenzbereich. Die 64 ehrenamtlichen Mitarbeiter des Hospizes sorgen dafür, dass sie möglichst weich aufgefangen werden. Sie gehen in die Familien und verschaffen den Eltern Luft zum Durchatmen. Sie holen Kinder von der Kita oder von der Schule ab, sie gehen mit ihnen in den Sportverein, in den Zoo, sie machen lange Spaziergänge ihnen. Sie sorgen für alle möglichen Freiräume, in denen die Kinder Entlastung spüren.
„Kleinere Kinder“, sagt Kreuschner, „können in solchen Momenten erzählen, was in ihnen vorgeht. Da kommen Sachen oft aus dem Nichts.“ Und vor allem könnten diese Kinder Dinge erzählen, „bei denen den Eltern Tränen in die Augen schießen würden“.
Ich bereite Eltern vor, damit sie von den Reaktionen der Kinder nicht enttäuscht sind.
Katharina Kreuschner vom Stephanus-Hospiz
Aber solche Ausflüge kosten Geld, auch die Bastelmaterialien, die im Hospiz gelagert werden oder die Fachbücher, in denen Eltern wertvolle Tipps erhalten, sind teuer. Alles, was mit so einer Betreuung zusammen hängt, muss das Hospiz selber bezahlen. Deshalb bittet die Stiftung um Mittel aus der Tagesspiegel-Spendenaktion.
65 Familien bekommen derzeit Hilfe des Hospizes, darunter sind 15 todkranke Kinder und 25 todkranke Väter oder Mütter. 25 Familien werden betreut, nachdem ein Angehöriger verstorben ist. Die seelische Stütze bricht nicht weg, wenn der Todesfall eingetreten ist. Alle Familien sind dafür dankbar.
Das Hospiz begleitet Kinder auch zur Beerdigung, es hilft bei der Phase des Abschiednehmens. „Oft bemalen Kinder zwei Steine“, sagt Katharina Kreuschner. „Einen Stein legen sie ins Grab, den anderen behalten sie die ganz Zeit am Körper. So haben sie ständig Erinnerung und Kontakt mit dem verstorbenen Vater oder der Mutter.“
Das weitere Schicksal des Kindes ist vor allem bei kranken, alleinerziehenden Müttern der alles bestimmende Gedanke. „Wir fragen viel nach“, sagt Katharina Kreuschner, wenn sich diese Mütter melden. „Wir geben nicht so viele Ratschläge.“ Die Fragen lauten: Wer könnte sich ums Kind kümmern? Opa? Oma? Die Patentante? Wem vertraut das Kind? Die Gespräche würden den Mütter enorm helfen. „Die Mütter verlieren dadurch eine große Last.“
Die Trauer-Expertin Kreuschner bereitet Eltern auch auf die Reaktion ihrer Kinder vor, wenn die so behutsam wie möglich mit der Schreckensnachricht konfrontiert werden. Es gebe Kinder, die absolut schockiert reagieren, starr vor Angst. Es gebe aber auch Kinder, die äußerlich ruhig bleiben, die innerlich in Schockstarre fallen. „Ich bereite Eltern darauf vor, damit sie von den Reaktionen der Kinder nicht enttäuscht sind.“
Eltern treibt aber oft genug noch ein ganz anderer Punkt um. „Viele Eltern machen sich Sorgen, dass ihre Kinder bestimmte Dinge nicht mit ihnen besprechen und sie deshalb nicht erfahren, wann sie Hilfe benötigen“, berichtet Kreuschner. Dieses verbale Vakuum können jedoch die ehrenamtlichen Mitarbeiter füllen, denen sich die Kinder anvertrauen.
Um Jugendliche kümmert sich das Hospiz selbstverständlich auch, sie leiden und trauern wie jeder andere, nur auf andere Weise als kleine Kinder. Sollte ein Kind vor seinem 18. Geburtstag erkrankt sein, dann bleibt es auch als Volljähriger weiter in der Fürsorge des Hospizes. In der Regel endet die Nachbetreuung nach einem Jahr. „Es ist bemerkenswert, wie stark Kinder und Erwachsene so einen Weg gehen“, sagt Katharina Kreuschner. Doch wenn die seelische Not zu groß wird, steht immer noch Hilfe bereit: „Sie wissen auch, dass mit uns jemand da ist, den sie immer fragen können.“
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