
© dpa/Fabian Sommer
Amazon Tower in Berlin eröffnet: Bald arbeiten 2500 Angestellte des Handelsriesen im linken Szenekiez
Amazon hat das Hochhaus an der Warschauer Brücke mitten im linksalternativen Ortsteil Friedrichshain bezogen. Eine Etage steht gemeinnützigen Organisationen zur Verfügung.
Stand:
Im Wettstreit um begehrte IT-Fachleute kann Amazon in Berlin nun mit besonderen Aussichten punkten. Denn der Blick aus den neuen Bürofenstern ist beeindruckend. Mit 142 Metern ist der „Amazon Tower“ an der Warschauer Brücke derzeit das höchste Haus der Stadt, zumindest bis der Turm neben dem Estrel-Hotel in Neukölln fertiggestellt wird.
Und wenn es nach dem Regierenden Bürgermeister geht, kommen künftig noch weitere Wolkenkratzer dazu. „Berlin muss den Mut haben, in die Höhe zu bauen“, sagte Kai Wegner (CDU) bei der Eröffnungsfeier am Montag. „Wir werden Berlin weiter in diese Richtung entwickeln“, kündigte er an. Die Fläche sei auch in einer Metropole wie Berlin irgendwann begrenzt, daher müsse man schauen, wo solche Gebäude hinpassen. An diesen Standort passe es sehr, sehr gut.

© Amazon
Obwohl auch der lokale Rivale Zalando in dem Viertel rund um die Uber-Arena in diversen Hochhäusern seine Büros betreibt, sehen das nicht alle so. Im Bezirk war und ist das Vorhaben lange umstritten. Als „Phallus-Symbol des renditegetriebenen Immobilien-Kapitalismus“ hatte ihn der ehemalige Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt (Grüne), einst bezeichnet. Und auch gestern protestierten rund 50 Personen vor dem Eingang gegen die „Amazonisierung Berlins“.
Planmäßige Fertigstellung – anders als in München
Wegner hingegen freute sich, eine kleine Spitze gegen den bayerischen Rivalen abgeben zu können. „In München gibt es ein ähnliches Projekt, was deutlich länger dauert“, sagte er. Denn die Fertigstellung der neuen Deutschlandzentrale von Amazon verzögert sich. Das 2019 begonnene Hochhaus mit dem offiziellen Namen „Edge East Side Berlin“ der Architekten Bjarke Ingels Group wurde dagegen weitgehend planmäßig fertig. Ursprünglich war der Einzug von Amazon für 2024 geplant. „Das neue Berlintempo sollte keine Ausnahme, sondern Regel sein“, sagte Wegner.
Wobei der Amazon-Turm auch noch nicht komplett fertig ist. „Die ersten 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind umgezogen, die anderen werden sukzessive folgen, wenn weitere Stockwerke fertig ausgebaut sind“, sagt Jonathan Weiss, Leiter des Berliner Standorts. Sieben Stockwerke hat der Konzern inzwischen belegt, insgesamt stehen ihm 33 der 35 Etagen zur Verfügung. „Wir haben Platz für bis zu 3000 Arbeitsplätze“, sagt Weiss. Derzeit beschäftigt der Konzern in Berlin 2500 Personen, die an drei größeren Standorten verteilt arbeiten.
Insgesamt beschäftigt Amazon 40.000 Personen in Deutschland. Und während an der Warschauer Straße überwiegend sehr gut entlohnte Entwickler arbeiten, wird über die Bezahlung in den Logistikzentren seit Jahren gestritten. Daher schloss sich auch die Gewerkschaft Verdi den Kritikern an. „Der Amazon-Tower mag schön in der Berliner Sonne glänzen, das kann aber nicht die Tatsache überstrahlen, dass der Konzern seinen Mitarbeitenden in Deutschland gute und verlässliche Arbeitsbedingungen in Form eines Tarifvertrags verweigert“, sagte Silke Zimmer aus dem Verdi-Bundesvorstand.
Kiezlab und Dachrestaurant für die Öffentlichkeit
In der obersten Etage soll noch ein Restaurant eröffnen, über das dann auch die Dachterrasse öffentlich zugänglich wird. Details dazu stehen aber noch nicht fest. Im Erdgeschoss werden seit einigen Wochen bereits Bowls und Burritos angeboten. Außerdem wird die zweite Etage zur öffentlichen Nutzung zur Verfügung gestellt, hier wurde das sogenannte Kiezlab eröffnet.
„Das ist ein ganzes Stockwerk für die Zivilgesellschaft“, sagte Weiss. Auf 1400 Quadratmetern gibt es einen Makerspace mit 3D-Drucke, Büros und Räume für Konferenzen und Veranstaltungen. Die Fläche inklusive Internetanschlüssen, Druckern und Kopierern bis hin zur Kaffeeküche mit Getränken stellt Amazon kostenlos zur Verfügung.

© Amazon
Verwaltet und betrieben wird es von der Berliner Organisation „Junge Tüftler“, die einen Makerspace am Moritzplatz betreibt und seit neun Jahre Projekte zur digitalen Bildung anbietet. „Wir haben selbst erlebt, wie schwer es ist, in Berlin Räume zu finden“, sagt die Co-Leiterin Sabrina Konzek. Gemeinnützige Initiativen können sich ab sofort hier als Mitglieder im Kiez-Lab bewerben, um dann die Räume mit nutzen zu können.
„Inhaltlich halten wir uns bewusst komplett raus“, betont Weiss. Allerdings soll es auch Möglichkeiten zu Kooperation und Networking geben. „Die Idee ist, dass man sich mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern austauschen kann und es zu bestimmten Themen auch mal gemeinsame Vorträge oder Workshops gibt“, sagt Weiss.
Nach außen ist der Amazon-Turm bislang nicht als solcher zu erkennen. Erst wer den Eingangsbereich betritt, sieht hinter der Rezeption das große Logo des Onlinehändlers. Doch auch das soll sich perspektivisch ändern. Es gebe Gespräche über die nötigen Genehmigungen, um das Konzernlogo auch am Gebäude prominent zu platzieren. „Wir wollen uns nicht verstecken“, sagt Weiss. Bis dahin haben die Gegner schonmal für ein Provisorium gesorgt: Sie überklebten am S-Bahnhof Warschauer Straße eines der großen blau-weißen Stationsschilder. Amazon Straße prangte dort groß am Bahnsteig.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid:
- false