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Mitarbeiter in einem Reinraum von ASML im niederländischen Veldhofen.

© ASML

ASML eröffnet Forschungszentrum: Module aus Berlin für die Chipindustrie in der ganzen Welt

In einer alten Werkshalle in Oberschöneweide fertigt der Weltkonzern hochpräzise Teile für die Produktion von Computerchips. „Die Bedingungen sind ideal“, sagt der Chef.

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Die Mitarbeiter im dämmrig beleuchten Reinraum tragen dunkle Schutzanzüge, Atemmasken und Schutzbrillen. Sie bewegen sich vorsichtig, betasten mit ihren Händen, die in weißen Handschuhen stecken, die Apparaturen, beugen sich nieder, scheinen etwas zu suchen.

Was einer stummen Pantomime gleicht, ist die Endfertigung einer Encoderplatte, mit deren Hilfe Sensoren die Positionen beweglicher Maschinenteile für die Halbleiterproduktion überwachen. „Hier wird beschichtet, assembliert, geprüft, poliert“, sagt Thomas Polzer, Geschäftsführer Produktion bei ASML Berlin.

Er führt eine Besuchergruppe am Mittwochabend durch die neuen Räume des ASML-Konzerns in Berlin-Oberschöneweide, auf dem Gelände eines traditionsreichen Industriestandorts, wo vor hundert Jahren Elektroautos der AEG hergestellt wurden.

Ankermieter für neues Quartier „Behrens-Ufer“

Für mehr als eine Milliarde Euro will die DIEAG das Quartier unter dem Label „Behrens-Ufer“ in den nächsten Jahren reaktivieren. ASML – das Kürzel steht für Advanced Semiconductor Materials Lithography – ist der erste wichtige Ankermieter.

Die niederländische Konzern ist Weltmarktführer für den Bau von Maschinen zur Chipproduktion. Ohne ASML würden die großen Fabriken von Intel, Samsung oder TSMC gar nicht funktionieren.

In Berlin beschäftigt ASML rund 1700 Ingenieure, Physiker, Mechatroniker, Feinoptiker und andere Spezialisten. Die meisten arbeiten am Stammsitz in Britz, rund 200 sind nach Oberschöneweide umgezogen. Dort befinden sich jetzt auf insgesamt 13.000 Quadratmetern die Forschungsabteilung, ein Teil der Produktion und die Ausbildungswerkstatt.

1700
Physiker, Ingenieure, Mechatroniker und andere Fachkräfte arbeiten für ASML in Berlin.

Der Einbau moderner Labore mit hochsensiblen Maschinen in eine alte, denkmalgeschützte Werkhalle hat die Beteiligten viele Nerven gekostet. „Aufgrund der Komplexität und der Kürze der Zeit hat das allen Beteiligten wirklich alles abverlangt“, sagt Robert Sprajcar, Chef der DIEAG. Dennoch sei er sehr stolz auf die Ansiedlung.

„Die Bedingungen sind ideal“, sagt Markus Matthes, ASML-Geschäftsführer für das Berliner Stammwerk in Britz. Ideal vor allem wegen der benachbarten Hochschule für Technik und Wirtschaft, mit der ASML kooperiert. Der Konzern hat ständig Bedarf an Hochschulabsolventen, auch am Standort Britz werden die Kapazitäten derzeit erweitert – trotz der zuletzt eingetrübten Geschäftsentwicklung.

Der Bezug der Räume am Behrens-Ufer ist ein Bekenntnis von ASML zu Berlin. Wir sind hier, um zu bleiben. Wir sind hier, um zu wachsen.

Markus Matthes, Geschäftsführer von ASML Berlin

Matthes lobt Berlin als eines der weltweit besten Innovationshubs. Der Bezug der neuen Räume am Behrens-Ufer sei ein „Bekenntnis von ASML zu Berlin. Wir sind hier, um zu bleiben. Wir sind hier, um zu wachsen.“ Das hörte Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) gerne. Das Behrens-Ufer sei ein Zukunftsort für die Stadt. „Die besten Talente der Welt sollen hier ausgebildet werden und möglichst gleich bei Ihnen bleiben.“

Robert Sprajcar, Chef der DIEAG (l.), Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) und Markus Matthes, Geschäftsführer ASML Berlin, eröffneten am Mittwochabend die neue Produktionsstätte.

© Frederik & Labots WA GmbH

Giffey lässt sich auch die Produktionsräume zeigen, die in grelles Licht getaucht sind. Fotos sind nicht gestattet. „Gehen Sie nicht zu den Maschinen, bleiben Sie zusammen“, mahnt Thomas Polzer. Die Produktion läuft normalerweise durchgehend in drei Schichten, jetzt ist sie angehalten.

Schleifarbeiten auf Tausendstel Millimeter genau

In computergesteuerten Schleifmaschinen, groß wie Gondeln, werden Keramikblöcke bis auf einen tausendstel Millimeter genau in Form gebracht und anschließend mit Komponenten beklebt, die eine Belastung von mehr als einer Tonne aushalten müssen.

Die Räume sind von der Umgebung abgekoppelt, damit keine Erschütterungen von außen den Schleifprozess stören. Die Temperatur liegt konstant bei 22 Grad.

Die Produktion eines Moduls für die Chipproduktion dauert schon mal ein paar Monate und kostet eine sechsstellige Summe, „dafür können Sie in Süddeutschland eine Eigentumswohnung kaufen“, sagt Polzer, der aus dem Süden stammt. Die fertigen Teile werden in den Niederlanden zu großen Produktionseinheiten zusammengesetzt.

Am Hauptstandort Britz werden vor allem sogenannte Spiegelblöcke und Waferklemmen hergestellt. Die Klemmen halten die Siliciumscheiben, auf denen die Schaltkreise der Chips mithilfe von ultraviolettem Licht eingraviert werden, in Position, wenn sie mit hoher Geschwindigkeit hin und her bewegt werden.

Der Berliner Standort in Britz ist eigentlich aus der Not heraus entstanden. Der Hersteller Berliner Glas hatte sich in den 1990er Jahren zu einem exklusiven Zulieferer für ASML entwickelt. Weil das Familienunternehmen keinen Nachfolger fand, übernahm ASML 2020 den Betrieb.

Nicht weit entfernt, im Innovationspark Wuhlheide, arbeitet ein weiterer Zulieferer für die weltweite Chipproduktion. Die Firma Micro Resist produziert dort mit 55 Mitarbeitern lichtempfindliche Spezialchemikalien. Die Nachfolge ist dort allerdings schon geregelt.

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