
© Steffen Kugler/Bayer
Bayer eröffnet Start-up-Inkubator in Berlin: Erste Mieterin ist eine junge Gentherapie-Firma
Das Zentrum soll originelle Biotech-Firmen anziehen, Bayer bietet ihnen bestens ausgestattete Labore mit viel Start-up-Flair. Weitere Zentren dieser Art gibt es in China, Japan und den USA.
Stand:
Der Pharmahersteller Bayer hat in Berlin-Wedding jetzt eine eigene Start-up-Zentrale. Untergebracht ist sie in einem der Bürotürme des Konzerns, mit großem magentafarbenen „Lounge-Bereich“, mehreren Telefon- und Konferenzräumen und einigen Start-up-Accessoires (kühle Getränke, eine teure Kaffeemaschine). Interessant sind aber vor allem die bestens ausgestatteten Labore.
Auf insgesamt 900 Quadratmetern können junge Firmen hier an neuen Behandlungen in der Zell- und Gentherapie arbeiten.
Bayer nutzt den „Inkubator“, um sich ein Ökosystem von originellen Biotech-Unternehmen heranzuschaffen. Diese mieten sich ein und erhalten neben netten Räumlichkeiten den kurzen Weg zu den Bayer-Expert:innen, eine Art Mentoring, daher der offizielle Name „Co.Lab“ (ein Wortspiel aus Labor und „collaboration“). Firmenanteile geben sie nicht ab.

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Berlin ist der inzwischen vierte Standort. Weitere „Co.Labs“ befinden sich im chinesischen Shanghai, im japanischen Kobe sowie in der US-Ostküstenmetropole Boston. In Berlin wird als erster Mieter Myopax einziehen, ein Spin-off der Charité und des Max Delbrück Centers (MDC). Gründerin Verena Schöwel-Wolf entwickelt mit ihrem Team ein Verfahren, das Muskelstammzellen isoliert, außerhalb des Körpers vermehrt und kaputtes Gewebe nach einer Injektion wieder aufbaut. Noch steckt die Firma in der Frühphase damit.
Warum mietet sich Myopax gerade hier ein, wo es doch so viele Biotech-Zentren in Berlin gibt? Schöwel-Wolf nennt als Gründe Offensichtliches, die schönen Labore, der Austausch mit anderen Start-ups. Ausschlaggebend sei aber die örtliche Nähe zur Charité und zum MDC gewesen, man könne auch schnell nach Boston fliegen und sich im dortigen Bayer-Inkubator an den Schreibtisch setzen. Zudem „katapultieren wir uns in ein Umfeld mit 150 Jahren Erfahrung in der Pharmaindustrie“, sagt sie.
Traum von „Boston an der Spree“
Zur Einweihung am Donnerstag lud sich der Konzern Senatschef Kai Wegner (CDU) in die Müllerstraße. Der war vor Kurzem mit einer Wirtschaftsdelegation in Boston, er wisse also jetzt, was er meint, wenn er Berlin zum „Boston an der Spree“ machen wolle.
Pharma-Chef Stefan Oelrich verfolgt bekanntlich das gleiche Ziel. Das „Co.Lab“ nannte er ein „Puzzlestück für den Innovationsstandort Berlin“. Schaut man gen Norden aus dem Fenster des neuen Inkubators, ist da noch so ein Puzzleteil auf dem Weg zu einem „Boston an der Spree“ zu sehen. 2025 sollen hier bestenfalls die Bauarbeiten für ein neues Translationszentrum für Gen- und Zelltherapien beginnen. Die Charité ist Projektpartner, Senat und Bund schießen Millionensummen zu.
Das „Co.Lab“ soll nach Fertigstellung zwei komplette Etagen in dem Prestigegebäude beziehen.
5500 weniger Stellen seit 2023
Bei all der Feierstimmung geht fast unter, dass der Gesamtkonzern im Umbruch steckt. Die Bayer AG ist verschuldet, die Aktie hat seit der Übernahme des Saatgutherstellers Monsanto 75 Prozent an Wert verloren. Zwar liegt die Pharmasparte noch im Plan, doch läuft in den kommenden Jahren der Patentschutz für wichtige Umsatzbringer wie den Gerinnungshemmer Xarelto aus.
Zudem treibt Konzernchef Bill Anderson eine große Umstrukturierung voran. Mit einer Philosophie des schlanken Managements im Kopf („Dynamic Shared Ownership“) werden viele Führungskräfte zum Abschied bewegt, Bayer zahlt hohe Abfindungen. Als Anderson 2023 sein Amt antrat, arbeiteten noch weltweit 102.000 Leute für Bayer. Mittlerweile sollen es 5500 weniger sein. Die allgemeine Beschäftigungssicherung, die vor betriebsbedingten Kündigungen in Deutschland schützt, gilt bis Ende 2026.

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Wie viele Menschen in der Pharmazentrale in Berlin gegangen sind, mochte Stefan Oelrich am Donnerstag auf mehrfache Nachfrage nicht verraten. „Es gibt immer Veränderungen in unserem Geschäft, wir sind in einer Übergangsphase. Das geht an keinem unserer Standorte vorbei, aber das ist für uns business as usual“, sagte er.
Oelrich schaut mit Zuversicht in die Zukunft. Die Pipeline sei ordentlich gefüllt, also die Liste der Wirkstoffe, die eine realistische Chance haben, auf den Markt zu kommen. Das sieht so mancher Analyst anders, Oelrich aber zählte eine Reihe von Kandidaten auf, darunter das Wechseljahre-Medikament Elinzanetant: „Ich glaube, wir sind in den nächsten Jahren ganz gut aufgestellt.“
Von Berlin aus leitet Bayer seine weltweite Pharmasparte. Das werde auch so bleiben, bekräftigte Oelrich. Im Sommer hat das Unternehmen gerade erst eine 130-Millionen teure Produktionsanlage in Betrieb genommen.
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