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Dezentrale Stromproduktion statt Gaskraftwerke: Berliner Unternehmen Enpal stellt sich gegen Energieministerin Reiche
Gemeinsam mit anderen Unternehmen fordert Enpal ein intelligentes System, in dem Haushalte und Unternehmen Strom erzeugen – und so die Energiewende retten.
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Das Berliner Energieunternehmen Enpal stellt sich gemeinsam mit anderen Anbietern gegen die Bundesministerin für Energie und Wirtschaft, Katherina Reiche (CDU), und deren Vorhaben, Gaskraftwerke in Deutschland massiv auszubauen.
Ein Zusammenschluss von 21 Unternehmen stellte am Dienstag eine Studie der Beratung Roland Berger zum gesamtwirtschaftlichen Nutzen dezentraler Energielösungen vor, die von Enpal in Auftrag gegeben worden war.
Demnach könnten Photovoltaikanlagen, Batteriesysteme, Wärmepumpen und Elektroautos bis 2045 einen Mehrwert von 185 bis 255 Milliarden Euro schaffen, sofern die Systeme intelligent miteinander vernetzt seien.

© ENPAL
„Das ist hier keine Spielerei“, sagte Marc Sauthoff von Roland Berger. Die dezentrale Stromproduktion sei nicht nur für „Techniknerds“ und Start-ups interessant, sondern ein „ganz wesentlicher Beitrag für das zukünftige Energiesystem, den wir in unser aller Interesse nicht ignorieren sollten.“
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hält Gaskraftwerke für unverzichtbar, um die Lücken zu schließen, die Wind- und Solarstrom bei Dunkelflauten hinterlassen.
Der Untersuchung zufolge könnten Privathaushalte und kleine Unternehmen ihre Energiekosten im Schnitt um bis zu 50 Prozent senken; das entspräche einer jährlichen Ersparnis von bis zu 1200 Euro. Zudem könnten rund 100.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Nach den Berechnungen ließe sich der Ausbau der Verteilnetze durch eine stärkere Integration dezentraler Lösungen um bis zu 40 Prozent reduzieren.
Markus Meyer, verantwortlich bei Enpal für Öffentlichkeitsarbeit und regulatorische Angelegenheiten, verwies auf die veränderte Ausgangslage seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. „Wir müssen uns mit den neuen Gegebenheiten auseinandersetzen.“
Die Energiewende sei zwar nicht ganz verschwunden, sagte Meyer, doch die Frage der Versorgungssicherheit habe deutlich an Bedeutung gewonnen. Er kritisierte den Fokus der Ministerin auf Gaskraftwerke und forderte, die „Vielfalt und Technologieoffenheit, die sie einfordert“, auch umzusetzen und den Ausbau der erneuerbaren Energien als integralen Bestandteil einer künftigen Stromversorgung zu sehen.
Konservative Kritik an der CDU
Der Anbieter 1Komma5 ist ein Wettbewerber von Enpal, beteiligt sich aber an der Initiative. Der Geschäftsführer Philipp Schröder, der eigenen Angaben zufolge CDU-Mitglied ist, findet den Ansatz der Ministerin „ganz schrecklich“. Im Gegensatz dazu stehe der Zusammenschluss für eine sichere und nachhaltige Versorgung ein, also das, „was konservative Politik will“, sagte Schröder.

© 1Komma5°
Felix Plog, Geschäftsführer des Berliner Wärmepumpenbauers Thermondo, hob den Nutzen für Verbraucher hervor. „Damit ist jede Gasheizung aus dem Spiel“, meinte Plog. Für viele Haushalte könne die Kopplung von Photovoltaik, Speicher und Wärmepumpe nicht nur ökologische, sondern auch spürbare ökonomische Vorteile bringen.
Forderungen an die Politik
„Dezentrale Energielösungen zeigen viele Vorteile. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zu einem gesamtkosteneffizienten und weniger von fossilen Erzeugungsformen abhängigen Energiesystem“, sagte der Roland-Berger-Berater Sauthoff.
Die an der neuen Initiative beteiligten Unternehmen – darunter Octopus Energy, Enpal, 1Komma5, LichtBlick, Thermondo sowie Volkswagen Group Charging (Elli) – fordern klare politische Rahmenbedingungen.
Vorgeschlagen werden die Anpassung der Netzentgelte, der beschleunigte Ausbau intelligenter Stromnetze und die Einführung des bidirektionalen Ladens, mit dem ein E-Auto als Stromspeicher genutzt werden kann.
Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass für eine effiziente Energiewende das Zusammenspiel von drei Säulen erforderlich sei: der weitere Ausbau erneuerbarer Energien, der Einsatz von Backup-Kapazitäten und die konsequente Einbindung dezentraler Lösungen. Diese seien kein optionales Extra, sondern ein notwendiges „Systemupgrade“ für die deutsche Energieversorgung.
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