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Elektroboote lassen sich mit gutem Gewissen fahren, der Slogan dazu: Mindful Cruising.

© Messe Berlin

Berlin ist nicht Monaco: Bei Bootsmotoren stockt die Energiewende

Strom tanken statt Diesel, das soll sich auch in der Sportbootszene durchsetzen. Beim „E-Summit“ in Werder wurde aber deutlich, dass die Elektrifizierung noch ziemlich am Anfang steht.

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Peter Twelkmeyer hört interessiert zu, was sich die Experten auf dem ersten „E-Summit“ der Wassersportbranche Berlin-Brandenburg zu sagen haben, aber mit der Wirklichkeit in seiner Marina Lanke hat das noch nicht viel zu tun. Seine Kunden sind „im Durchschnitt nur 50 Stunden im Jahr auf dem Wasser unterwegs“, die meiste Zeit dümpeln die Boote im Hafen. Da lohnt sich die teure Umrüstung auf einen Elektromotor kaum. Auch nicht die Installation einer Schnelladesäule für Strom.

Den Anteil von Elektroantrieben im Gesamtbestand der Sportboote schätzt Karsten Stahlhut vom Bundesverband der Wassersportwirtschaft auf drei bis fünf Prozent. Dennoch verzeichnen die Bootsbauer ein zunehmendes Interesse für Elektroboote, die vom Design her komplett auf die neue Antriebsart abgestimmt sind.

Und die Touristiker setzen bei der Vermarktung der wasserreichen Hauptstadtregion schon länger auf ein „authentisches Naturerlebnis“, was nur zusammen mit Umwelt- und Klimaschutz funktioniert. Herkömmliche Dieselmotoren verunreinigen das Wasser und die Luft und sind oft zu laut. Bei der Bootsmesse „Boot & Fun“, veranstaltet von der Messe Berlin, ist unter den 150 ausgestellten Booten auch wieder eine größere Zahl mit E-Antrieb zu sehen.

Das Handling von E-Motoren ist einfacher als bei konventionellen.

© Messe Berlin

Im Vorfeld der Messe hatte das Bootsmagazin „Float“ zum „E-Summit“ eingeladen, um abzuklopfen, was sich in Sachen Elektromobilität in der Region schon tut. Kurz zusammengefasst: Nicht viel. Andere Regionen sind weiter, etwa Bayern oder die Bodensee-Region. Dort brauchen Bootsfahrer eine Zulassung für die Nutzung der Gewässer. Wer sich ein E-Boot kauft, wird bevorzugt.

Brandenburg will Modellregion für E-Mobilität werden

Ein großes Netz an Seen und Wasserstraßen gibt es im Süden Deutschlands allerdings nicht, daher sieht Brandenburg gute Chancen aufzuholen. Die Wirtschaftsförderung will das Land zur „Modellregion“ für Elektromobilität auf dem Wasser machen und setzt dabei vor allem auf die Ladeinfrastruktur. Die gibt es bislang noch nicht, weil – anders als beim Verkehr auf der Straße – kaum Fördertöpfe existieren.

Wir haben in Frankreich angefangen, weil dort das Geld da ist.

Sabine Raabe vom Ladesäulen-Hersteller Aqua superPower

„Das wurde einfach vergessen“, vermutet Maria Bouillet, Chefin des Berliner Start-ups Bouillet Energy, die auf der Bootsmesse einen Prototypen ihrer neu entwickelten Schnellladesäule präsentierte. 7500 Euro kostet die Säule mit einer Ladeleistung von elf Kilowatt. Das sei für Sportboote in den hiesigen Gewässern ausreichend.

Bouillet arbeitet in der Modellregion-AG mit, genau wie Martin Schemkes, Markenchef des Yachtherstellers Delphia. Schemkes hatte überhaupt erst den Anstoß zur Modellregion gegeben, weil er etwas Ähnliches in den Niederlanden vorantreibt. Die Idee ist, eine Wasserstraßen-Verbindung über die Distanz von 100 Kilometern mit Ladepunkten auszustatten. Die holländische Regierung habe schon zugesagt, das Projekt zu fördern.

Entwickler Harald Hörig und Geschäftsführerin Maria Bouillet mit ihrer neuen Ladesäule für E-Boote.

© Thomas Loy

Das Problem ist auch hier vor allem die Finanzierung. Schemkes kalkuliert mit Kosten von 150.000 bis 200.000 Euro pro Marina, weil Ladesäulen ja auch ans Stromnetz angeschlossen werden müssen. Projektpartner ist die britische Firma „Aqua superPower“, die Ladestationen für große Yachten in Südfrankreich, den USA, England und Schweden baut. Hier geht es um Ladeleistungen von 25 bis 75 Kilowatt oder noch mehr, um große Batterien in Luxusyachten aufzuladen.

Die Berliner Citymarina will energieautark werden

„In Monaco haben wir unsere erste Ladesäule gebaut“, erzählt Sabine Raabe von Aqua superPower, im Anschluss habe man dann einen ganzen „Ladekorridor“ an der Côte d’Azur bis nach Marseille eingerichtet. „Wir haben in Frankreich angefangen, weil dort das Geld da ist.“ In Großbritannien beteilige sich die Regierung an der Finanzierung, auch in Italien und Schweden gebe es viel Nachfrage. Deutschland erwähnt sie erst gar nicht.

Die „Citymarina“ an der Rummelsburger Bucht hat sich vorgenommen, den ersten „energieautarken Yachthafen“ einzurichten. Auch hier mischt Maria Bouillet mit. Ziel ist, die Marina mit Solar und Windanlagen möglichst autark mit Strom zu versorgen und die Elektroboote, die hier künftig ankern sollen, auch als Stromspeicher zu nutzen und damit Geld zu verdienen. Einen zeitlichen Fahrplan gibt es dafür aber noch nicht.

Holger Flindt vom Hamburger Yachtversicherer Pantaenius goss noch ein wenig Wasser in den Wein. Das Feuerrisiko auf Elektrobooten sei doppelt so hoch wie auf konventionell angetriebenen. Die Hersteller hätten sich aber schon deutlich verbessert. Früher sei das Risiko fünfmal höher gewesen.

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