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Visualisierung der Architekturbüros LAVA und GRAFT für eine mögliche Bewerbung Berlins um die Ausrichtung einer Weltausstellung, EXPO 2035 Berlin. Erstellt und erstmals veröffentlicht 2025: Gebäude für ein sogenanntes „Kiez Labor“.

© EXPO 2035 Berlin GmbH

Expo 2035 in Berlin: Es wäre die ultimative Reifeprüfung für Olympia

„Ganz Berlin eine Weltausstellung“. Dieses Expo-Motto klingt nach viel Bürgerbeteiligung. Wenn die Organisatoren und die Politik das Versprechen einlösen, wäre Berlin sicher auch bereit für mehr.

Kevin P. Hoffmann
Ein Kommentar von Kevin P. Hoffmann

Stand:

Für eine „Expo 2035“ in Berlin liegen jetzt Skizzen vor – noch kein Bauplan. Es gibt Unterstützer, Ideen, ein Grundkonzept, auch einen Zeitplan – aber nur wenige Beschlüsse und noch weniger finanzielle Zusagen. Es gibt einen Kostenvoranschlag – noch keinen Businessplan.

Berlins Expo-Enthusiasten haben noch viel zu tun. Aber das, was sie bis heute auf den Tisch gelegt haben, sollte genügen, um den Senat davon zu überzeugen, dieses Projekt auch in aller Form zu unterstützen. Berlins Landesregierung müsste dann die Bundesregierung überzeugen, eine Bewerbung bei der Vergabeorganisation in Paris einzureichen.

Dieser juristische-formelle-politische Komplex ist die eine Schiene, die man braucht, um das Projekt in neuneinhalb Jahren ins Ziel fahren zu können. Auch die zweite Schiene ist unverzichtbar: Es braucht die starke Einbindung aller Berlinerinnen und Berliner und ihrer Freunde im In- und Ausland. Ohne die wird jede Bewerbung um eine Großveranstaltung entgleisen.

Nicht nur Spielwiese für Architekten, aber auch

Die Expo-Organisatoren rund um den Verein Global Goals Berlin unter Vorsitz des Unternehmers Daniel-Jan Girl haben das früh erkannt. Sie haben es vermieden, eine Weltausstellung allein als Marketing-Tool, als Spielwiese für Architekten und Wirtschaftsverbände zu verkaufen. Wobei sie wissen, dass eine Expo auch das ist und sein muss, sofern privates Kapital statt Steuergeld mobilisiert werden soll.

Dem Verein ist es gelungen, mehrere Hundert lokale Berliner Initiativen einzubinden, ohne sie zu vereinnahmen oder gar kontrollieren zu wollen. Auf einer Karte kann jeder stöbern, und schauen, ob eine in der Nachbarschaft dabei ist, bei der man sich womöglich selbst engagieren will.

Ob Unterstützung bei der inklusiven Kinder- und Jugendarbeit oder beim lokalen Regenwassermanagement in Zeiten des Klimawandels: Globals Goals macht sehr unterschiedliche Initiativen sichtbar, die zwei Dinge gemeinsam haben. Erstens trägt ihre Arbeit direkt oder indirekt dazu bei, eines oder mehrere der 17 Nachhaltigkeitsziele, die sich die Vereinten Nationen gesetzt haben, zu erreichen – daher heißt der Verein auch „Global Goals“. Zweitens: Die Initiativen kommen aus Berlin. Das genügt für eine starke Klammer.

Die Berliner Architekturbüros LAVA und GRAFT haben für eine Bewerbung Berlins um die Ausrichtung einer Expo Gebäude entworfen, die „Kiez Labore“ Schauplätze sein können.

© EXPO 2035 Berlin GmbH

Das früh gesetzte Motto der Organisatoren lautet „Ganz Berlin eine Weltausstellung“: Das bedeutet, Expo zum Anfassen in Laufnähe, nicht nur in einem Zirkuszelt am Stadtrand. Der geplante Bau von wenigstens einem „Kiez-Labor“ in jedem Bezirk, hat Ur-Demokratisches. Toll, wenn dort jeder die Möglichkeit bekäme, sein oder ihr Projekt für Berliner und Gäste aus der ganzen Welt in ein Schaufenster zu stellen. Und sei es nur für ein paar Stunden oder einen Tag.

Keine Simulation von Partizipation, bitte

Berlins Bürger, Wähler, Stadtbewohner haben ein feines Gespür dafür, ob man sie ernsthaft einbinden will, oder ob es nur um die Simulation von Partizipation geht. So wie offenbar beim teuren „Ideenwettbewerb“ fürs Tempelhofer Feld oder erst am Dienstag bei einer amtlichen Informationsveranstaltung zum geplanten Bau eines 167 Meter hohen Turmes an der Warschauer Straße in Friedrichshain. Dort mussten Anwohner einen echten Meinungsaustausch offenbar erzwingen.

Voraussetzung für Bürgerbeteiligung ist Transparenz. Der von Global Goals in Eckpunkten vorgelegte „Business-Plan“ von PwC erfüllt dies noch nicht: Die Wirtschaftsprüfer haben die erwarteten Einnahmen einer Expo demnach auf 2,1 Milliarden Euro geschätzt – und die Ausgaben auf 2,09 Milliarden. Ernsthaft? Es wäre die erste finanzielle Punktlandung der Stadtgeschichte.

Nur wenn die Organisatoren und die lokale Politik das Versprechen „Ganz Berlin eine Weltausstellung“ jeden Tag einlösen, kann bereits die Vorbereitung der Expo der Stadt sehr guttun. Es wäre zugleich Berlins Reifeprüfung für Olympische Spiele vier oder acht Jahre später. 

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