zum Hauptinhalt
Die Arbeitslosenquote steigt, die Zahl der Stellenangebote sinkt. Das trifft vor allem Menschen mit gut bezahlten Bürojobs.

© Getty Images/Klaus Vedfelt

Update

Hoch qualifiziert, aber arbeitslos: Berlin verliert so viele Jobs wie kein anderes Bundesland

Der Arbeitsmarkt in der Hauptstadt schrumpft, hoch qualifizierte Bürojobs sind besonders betroffen. Eine Trendwende ist für 2025 nicht in Sicht.

Stand:

Der deutsche Arbeitsmarkt steht vor einem schwierigen Jahr 2025. Berlin ist vom Abschwung deutlich stärker betroffen als andere Bundesländer. Das zeigt eine Studie der Online-Jobplattform Indeed, für die Stellenanzeigen ausgewertet wurden.

Im Dezember ging die Zahl der ausgeschriebenen Stellen in der Hauptstadt im Vergleich zum November um 0,6 Prozent zurück, im Vergleich zum Vorjahr sogar um 20,4 Prozent. Kein anderes Bundesland verzeichnete in diesem Zeitraum einen ähnlich starken Einbruch.

Berliner Wirtschaft besonders hart getroffen

In Brandenburg zeigt sich ein etwas stabileres Bild: Die Anzahl der Stellenanzeigen stieg im Monatsvergleich um 0,5 Prozent, lag aber im Jahresvergleich dennoch um 12,9 Prozent unter dem Vorjahresniveau.

Virginia Sondergeld, Ökonomin bei Indeed, sagt: „Der Berliner Stellenmarkt ist im Jahresvergleich besonders stark eingebrochen und liegt mittlerweile sogar unter dem Vor-Corona-Niveau. Das ist in keinem anderen deutschen Bundesland der Fall.“

Ein wesentlicher Grund hierfür sei vermutlich die Struktur der Berliner Wirtschaft, die stark auf Büroarbeitsplätze für hoch qualifizierte Fachkräfte ausgerichtet sei. Dies umfasse beispielsweise die Berufsfelder Softwareentwicklung, Sales und Marketing.

„Viele große internationale Unternehmen mit Beschäftigten in diesen Bereichen haben Niederlassungen in Berlin, aber auch kleinere Unternehmen und Start-ups“, sagt die Expertin.

Bundesweit drückt laut Studie die schwache Konjunktur die Nachfrage, besonders bei Spitzenjobs mit hohen Gehältern. Gleichzeitig bleiben systemrelevante Bereiche wie Pflege, Einzelhandel oder Transportwesen vom Fachkräftemangel geprägt.

Gedämpfte Konjunkturerwartungen, politische Unsicherheiten und globale Konflikte bremsen eine Erholung des Arbeitsmarktes.

Virginia Sondergeld, Ökonomin bei Indeed

„Diese Zweiteilung des Arbeitsmarktes könnte sich 2025 weiter verschärfen“, prognostiziert Sondergeld. „Gedämpfte Konjunkturerwartungen, politische Unsicherheiten und globale Konflikte bremsen eine Erholung des Arbeitsmarktes.“

Im Transportwesen suchen die Arbeitgeber weiterhin händeringend Fachkräfte.

© dpa/Frank Rumpenhorst

Für den Bereich der gut bezahlten Bürojobs erwartet sie, dass die Entwicklung die „Verhandlungsmacht der Arbeitgeber stärken dürfte“, etwa bei Verhandlungen um Gehalt, Arbeitszeiten oder Homeoffice-Regelungen. Eine Erholung des Berliner Stellenmarktes ist laut Sondergeld nicht in Sicht.

Stabilerer Arbeitsmarkt in Brandenburg

Die amtlich festgestellte Arbeitslosenquote in Berlin lag laut Bundesagentur für Arbeit im Dezember – wie im Vormonat – bei 9,7 Prozent, teilte die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit in Berlin und Brandenburg am Freitag mit. Insgesamt waren in der Hauptstadt 204.726 Menschen ohne Arbeit, 13.908 Personen mehr als im Vorjahresmonat.

Im Land Brandenburg stieg die Arbeitslosenquote um 0,1 Prozentpunkte auf 6,1 Prozent. Die Agentur zählte 85.513 Arbeitslose, 1495 mehr als im Dezember des Vorjahres. Die Arbeitsagentur griff für die Statistik auf Datenmaterial zurück, das bis zum 12. Dezember 2024 vorlag.

„Auf dem Arbeitsmarkt lag 2024 kein Segen“, sagt Alexander Schirp, Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Berlin-Brandenburg (UVB). „Im Laufe des Jahres ist die Beschäftigungsdynamik immer weiter zurückgegangen. Angesichts der schwachen Konjunktur stellen die Unternehmen nur sehr verhalten neues Personal ein. Es sieht nicht danach aus, dass sich 2025 daran etwas ändern wird.“

Die neue Bundesregierung müsse „schnell ins Handeln kommen und mehr Dynamik in die Konjunktur- und in die Arbeitsmarktpolitik bringen“, fordert der Spitzenverband.

Die Senatswirtschaftsverwaltung sieht die Lage optimistischer. „Auch die Berliner Wirtschaft steht unter Druck und kann sich nicht der Gesamtentwicklung in Deutschland und den Auswirkungen der globalen Krisen entziehen“, teilte Pressesprecher Matthias Kuder mit. Dennoch habe das Wirtschaftswachstum in der Hauptstadt im vergangenen Jahr deutlich über dem Bundesdurchschnitt gelegen.

Im Oktober 2024 seien insgesamt etwa 1,697 Millionen Berlinerinnen und Berliner sozialversicherungspflichtig tätig gewesen, 3400 mehr als im Vorjahresmonat. „Beschäftigungstreiber unter den Wirtschaftszweigen waren in Berlin zwischen Oktober 2023 und Oktober 2024 insbesondere die Bereiche Gesundheits- und Sozialwesen sowie Verkehr, während die Dynamik im Handel und Informations- und Kommunikationssektor geringer ausfiel. Hier zeigt sich die besondere Struktur der Berliner Wirtschaft: Eine geringere Entwicklung in einem Sektor bildet nicht zwingend das Gesamtergebnis ab.“ Zahlen zu den Folgemonaten des vergangenen Jahres konnte die Behörde noch nicht mitteilen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })