zum Hauptinhalt
Ein Hausarzt misst in seiner Praxis einer Patientin den Blutdruck.

© dpa/Bernd Weißbrod

Kampf gegen Hausärztemangel: Neue KV-Praxis in Köpenick soll Lücke schließen

Im Oktober bekommt Köpenick eine neue Hausarztpraxis. Betrieben wird sie von einer GmbH der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin. Die Gesundheitssenatorin hat sich das angeschaut.

Stand:

Dem Osten der Stadt mangelt es an Hausärzt:innen. Kaum jemand möchte sich niederlassen, seit Jahren sind rund 130 Sitze unbesetzt. Am 1. Oktober wird die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin deshalb ihre inzwischen vierte Arztpraxis in Köpenick (Salvador-Allende-Straße 2) eröffnen.

Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) schaute sich am Donnerstag in der ersten Praxis der KV um, am Prerower Platz in Neu-Hohenschönhausen. Es ist ein Stadtteil, von dem es zuweilen heißt, er sei „abgehängt“. Jede und jeder Dritte stimmte bei der EU-Wahl für die AfD. Als die KV 2021 angekündigt hatte, hier eine Praxis zu aufzumachen, hatte sich schon während der Umbauarbeiten eine Schlange vor der Baustelle gebildet. Die Menschen haben teils große Schwierigkeiten, einen Arzt zu finden.

7000
Patienten behandeln die drei bestehenden KV-Praxen im Quartal.

Einen Aufnahmestopp für Neupatient:innen hat die Praxis noch nicht verhängt. Doch Flaute herrscht hier mitnichten: Das Angebot werde „extrem gut angenommen“, sagte Thomas Wagner, der die KV bei Neugründungen als externer Berater unterstützt. Laut ihm versorgen die bestehenden drei Praxen in Karlshorst, Neu-Hohenschönhausen und Marzahn rund 7000 Patient:innen pro Quartal.

Ärzte arbeiten heute öfter in Teilzeit

Die KV-Praxen sollen Berufsanfänger:innen die Tätigkeit als Hausarzt schmackhaft machen, sagte der KV-Vorsitzende Burkhard Ruppert. Hier arbeiten sie als Angestellte. Die Idee ist, dass sie später eigene Praxen eröffnen – als Inhaber:innen. Dies ist die traditionelle Form im ambulanten Sektor. Erst kürzlich hat ein Arzt die Praxis verlassen, um sich in Eberswalde niederzulassen. Gut für Brandenburg: Auch dort gibt es immer weniger Hausärzt:innen.

Den eigenen „Abwärtstrend“ im Osten der Stadt konnte die KV mit ihren Praxen und diversen Förderungen zumindest stoppen, sagte Ruppert. Unter anderem zahlt man eine Prämie von bis zu 60.000 Euro für eine Praxisneugründung. Umkehren konnte die KV den Trend allerdings nicht. Der Versorgungsgrad liegt weiter bei 85 Prozent. Als kritisch wird ein Grad von 75 Prozent erachtet.

Dass es in Berlin zu wenig Ärzt:innen gäbe, ist übrigens nicht Ursache des Problems: Noch nie waren so viele im Gesundheitssystem tätig. Es ist der Wunsch nach der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, der dazu führt, dass immer mehr Mediziner:innen in Teilzeit oder im Anstellungsverhältnis arbeiten. Die alte Generation, für die eine 80-Stunden-Woche normal war, wird in den kommenden Jahren nach und nach in Rente gehen. Bundesweit ist ein Drittel der Ärzt:innen älter als 55 Jahre.

Die KV Berlin verwaltet als Körperschaft öffentlichen Rechts die Gelder der gesetzlichen Kassen und vertritt 9000 Praxen in der Hauptstadt. Der Betrieb eigener Praxen ist möglich, weil die KV eine GmbH gegründet hat.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })